Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
bisschen hektischer als sonst, das Geplapper lauter, sind die kosmetischen Experimente gewagter und ausgefallener. Erleichtert entdecke ich Alys, die bis auf eine Dienerin allein in ihren eigenen Gemächern ist. Als sie mich in der Tür stehen sieht, leuchten ihre Augen auf, und sie winkt mich herein.
Jetzt ist der Augenblick gekommen, sie zu fragen. Wird sie mit mir zusammen die Flucht wagen? Ich gehe quer durchs Zimmer auf sie zu; die Frage brennt mir auf der Zunge. Das ist mein Augenblick. Wird sich mein Leben zu einer neuen, wundervollen Zukunft hin entwickeln?
Doch Alys kommt mir zuvor. »Ich glaube, ich bin schwanger!«
Mein Herz stockt und stürzt, durchbohrt von einem unerwarteten Schmerz, wie ein Vogel, der über den heiteren blauen Himmel fliegt und unversehens von einem Pfeil getroffen wird.
»Seid Ihr sicher?«
Ihr Lächeln mit gesenktem Blick ist verborgen und selbstbewusst. Ja, sie ist sicher.
»Seit wann?«
Sie spreizt drei Finger vor dem dunklen Blau ihres Gewands. Ich starre darauf, auf die bleiche Haut vor der leuchtenden Farbe. Drei Monate. Seit drei Monaten trägt sie den Samen von Ismails Kind in ihrem Schoß, und ich hatte keine Ahnung. Ein Sukkubus, der Vorbote der neuen Modellarmee des Sultans. Ich empfinde – was? Taubheit, gefolgt von Kälte, die sich in mir ausbreitet, als stürben meine lebenswichtigen Organe Stück für Stück ab.
Ihre Hand legt sich schützend auf den immer noch flachen Bauch, und als sie zu Boden schaut, sehe ich, wie sich ihr Mund verzieht, bis sie genauso aussieht wie eine der spröden italienischen Madonnen. Einen Augenblick empfinde ich beinahe so etwas wie Hass. Sie ist … glücklich. Und ich?
Mit unsäglicher Mühe reiße ich mich zusammen. »Herzlichen Glückwunsch. Der Herrscher wird hocherfreut sein«, sage ich so förmlich wie möglich. »Hoffentlich wird es ein Junge.«
SIEBZEHN
D er Sultan ist tatsächlich hocherfreut. Er überhäuft Alys mit ausgefallenen Geschenken: eine Uhr, die jede Stunde schlägt, für ihre Gemächer, ein Wasserkrug aus ägyptischem Bergkristall, ein syrischer Messingbrenner, ein Satz Teller aus Nicäa, seidene Gewänder, ein antiker, mit Intarsien aus Silber und Perlmutt verzierter Kamm. Er tätschelt ihren Bauch, küsst ihn sogar und verzichtet auf den Geschlechtsakt. Ein solches Verhalten von ihm habe ich noch bei keiner seiner anderen Frauen beobachtet, und das macht alles noch quälender.
Keines dieser intimen Details gebe ich an Zidana weiter, dennoch bedrängt sie mich unablässig. »Wie kann sie schwanger sein?«
Ich tue so, als verstünde ich nicht, was sich hinter der Frage verbirgt.
»Hätte sie die Mixturen getrunken, die ich ihr geschickt habe, wäre es unmöglich.« Sie sieht mich wütend an.
»Ich bin sicher, dass sie die … Mixturen, die Ihr ihr schickt, niemals verschmäht hat, gütige Herrscherin …«
Sie versucht es mit einem anderen Trick und legt mir die Hand auf den Arm. »Du verbringst eine Menge Zeit mit der kleinen Engländerin, Nus-Nus. Verrate mir etwas: Ist das Kind wirklich von Ismail?«
Ich spüre, wie mir ein Schwall von Hitze ins Gesicht schießt. »Ihr wisst ebenso gut wie ich, dass die Frauen des Sultans zu allen Zeiten unberührt bleiben und glückliche Umstände wie dieser ausschließlich auf die Sonne und den Mond von Marokko zurückgehen.«
Ihre Finger schließen sich fester um meinen Arm. »Bist du ganz sicher, Nus-Nus? Du wirkst in letzter Zeit sehr selbstzufrieden. Hast du vielleicht einen Zauberer gefunden, der deinen Zustand rückgängig gemacht hat?« Sie beugt sich näher zu mir. »Bist du sicher, dass du dich nicht auf ein Liebesspiel mit ihr eingelassen hast, als sie einsam war? Du kannst es mir ruhig sagen: Ich bin diskret. Ich weiß, dass so etwas hin und wieder vorkommt.« Sie zögert. »Weißt du noch, wie es der Ägypterin erging, die ihren Sklavenjungen mit ins Bett nahm, wenn Ismail sie nicht erwählte, und an einer hysterischen Schwellung des Bauches litt? Sie war überzeugt, schwanger zu sein, und am Ende steckte ich einen Spieß in ihren Bauch, und die Luft kam heraus, bis er wieder ganz flach war, kannst du dich erinnern? Nicht lange danach ist sie gestorben, wenn ich mich recht erinnere.« Sie lacht aus vollem Hals.
»Die englische Dame ist eine anständige Frau und stolz darauf, das Kind des Herrschers auszutragen«, sage ich und fühle mich übel.
In Zidanas Augen schimmert jetzt ein Licht, ein Funke der Überzeugung. Sie fängt an, auf und ab zu
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