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Die Sklavin mit den Mandelaugen

Die Sklavin mit den Mandelaugen

Titel: Die Sklavin mit den Mandelaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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meiner
selbst.
    »Wenn ich zurückkomme, Tino«,
erklärte ich sanft, »dann werde ich erst die Erfolgschancen berechnen .«
     
     
     

7
     
    Gegen neun Uhr fuhr ich über
die Triboro Bridge und dankte meinem Schöpfer, daß
ich wohlbehalten wieder in Gotham angelangt war.
Jeder New Yorker weiß, daß Manhattan eine Insel ist, ringsum von primitiven
Urwaldstämmen eingeschlossen, die sich hinter so harmlos klingenden Namen wie
New Jersey, Connecticut und Westchester County verbergen und vom nicht
Eingeweihten irrtümlich für zivilisierte Gemeinden gehalten werden. Doch dem
scharfblickenden Auge des Bewohners von Manhattan zeigt sich die düstere
Wahrheit, sobald er sich in eines dieser Gebiete hineinwagt.
    Die Anzeichen sind
unmißverständlich: Die Eingeborenen lassen Gras und Bäume in ungebundener
Wildnis emporschießen, und ihre Krieger pressen dem unschuldigen Autofahrer
Straßenzölle ab, um die Macht und das Ansehen ihres Häuptlings zu steigern.
Ihre Frauen leben ein unglaubliches Dasein. An Stelle sich, wie es in der
zivilisierten Gemeinschaft üblich ist, einen Platz an der Seite des Mannes zu
erkämpfen und das Ihrige zur Entwicklung der Gesellschaft beizutragen, sind sie
zu bejammernswerten Sklavinnen herabgesunken, dazu verurteilt, das elende
Stückchen Land zu bebauen, das ihre häßlichen niedrigen Behausungen umgibt.
Schlimmer noch, viele von ihnen sterben einen entsetzlichen Tod, umgeben von
arbeitsscheuen Maschinen, die eines schönen Tages endgültig den Dienst
versagen, weil der Mann vom Kundendienst den verzweifelten Schreien der Frau
gegenüber taub bleibt und niemals erscheint.
    Und obwohl ich all dies wußte,
hatte ich mich tief ins Innere von Long Island gewagt. In gewisser Weise hatte
ich also das Erlebnis mit Beatrice, ganz zu schweigen von den fünf Kreaturen
der Hölle, die mich zu verschlingen gedroht hatten, verdient. Was sonst hätte
ich im Herzen des Dschungels von einer Bande primitiver Primitiver erwarten können? Einen Augenblick war ich so erlöst, mich wieder in den
vertrauten Steinschluchten Manhattans zu befinden, daß ich versucht war, in der
Dunkelheit einen Spaziergang durch den Central Park zu machen. Letzten Endes
mußte es doch einmal jemandem gelungen sein, ohne überfallen zu werden.
    Vor einem kleinen Restaurant in
der Second Avenue hielt ich an, um meinen quälenden Hunger zu stillen. Ich
verzehrte in aller Gemütsruhe ein dickes Steak, englisch gebraten, und als
Nachtisch hausgemachten Apfelkuchen vom Fließband. Nachdem damit mein
knurrender Magen fürs erste beruhigt war, bestellte ich mir eine Tasse Kaffee
und steckte mir eine Zigarette an. Noch einmal ließ ich im Geiste die
Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden an mir vorbeiziehen. Ich muß
gestehen, daß ich keinen Grund sah, über die Unternehmungen eines gewissen
hervorragenden Privatdetektivs mit edlem Profil in Freudengeheul auszubrechen.
Mir kam es eher so vor, als säße ich im Kino und sähe einen alten Film, bei dem
infolge eines technischen Fehlers immer wieder die gleiche idiotische Szene
gezeigt wurde: Boyd, wie er ziellos, einen Revolverlauf im Rücken, durch die
Gegend wanderte.
    Weder eine zweite Tasse Kaffee
noch die zweite Zigarette bewirkten auch nur die geringste Verbesserung meiner
Stimmung. Ich fühlte mich höchstens noch niedergeschlagener. Das Bild
allerdings hatte sich ein wenig geändert. Jetzt kam es mir so vor, als würde
ich von einer Reihe verschiedener Leute immer wieder auf die Bühne gestoßen,
und jedesmal, wenn sie mich in meiner Glanznummer sahen, wie ich hilflos mit
dem Revolver im Rücken auf und ab marschierte, bogen sie sich vor Lachen.
    Zum Teufel, dachte ich
schließlich verbittert. Es wird allmählich Zeit, daß ich den Spieß umdrehe.
Wenn ich Glück hatte, würden mir dann vielleicht meine schadenfrohen Peiniger
ein paar Szenen vorführen, die zur Abwechslung einmal mir Genuß verschafften.
    Es war etwa Viertel nach zehn,
als ich den Klingelknopf an der luxuriösen Dachetage am Sutton Place drückte.
Mit mir und der Welt zerfallen, wartete ich, daß man mir öffnen würde. Als
keine Antwort kam, klingelte ich noch einmal. Wieder ohne Erfolg. Nach dreißig
Sekunden ergebnislosen Wartens verließ mich meine Geduld. Ich zwängte das
spitze Ende meines Kugelschreibers zwischen Klingelknopf und Fassung und ließ
es stecken. Jetzt konnte es läuten, bis die Batterie leer war.
    Plötzlich öffnete sich die Tür
einen Spalt, und zwei große braune Augen funkelten

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