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Die Sklavin mit den Mandelaugen

Die Sklavin mit den Mandelaugen

Titel: Die Sklavin mit den Mandelaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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merklich flatterte. Die langen Wimpern hoben sich
vorsichtig einen Millimeter. Ein nettes Spiel, fand ich und strengte mich an,
einen glaubhaften Ausdruck möglichst zügellosen Begehrens auf mein Gesicht zu
zaubern, während sie langsam die Lider aufschlug. Schließlich öffnete sie auch
das andere Auge und streifte mich mit einem raschen Blick, um festzustellen,
wie ich auf ihren Monolog reagierte. Erstaunlicherweise gelang es mir mit
unerhörter Leichtigkeit, den oben beschriebenen Ausdruck des Begehrens
anzunehmen.
    »Wenn das sie nicht aufweckt,
dann wird nichts sie aufwecken«, murmelte ich in fiebriger Erregung. »Dann kann
ich ihr in aller Ruhe die Kleider ausziehen .« Ich
kicherte bösartig. »Und dann muß ein Blitzlichtgerät her, und ich mach’ ein
paar tolle Schnappschüsse, verdien’ ein Vermögen, wenn ich sie an die Stände
auf dem Broadway verkaufe. Dann könnte ich...«
    Sie riß beide Augen weit auf.
    »Genug, Danny Boyd«, befahl sie
kurz.
    »Na ja«, sagte ich, »Sie haben
sich ja auch ganz schön über mich lustig gemacht .«
    »Eins zu null für Sie.« Sie
setzte sich auf und gähnte. Mit einer trägen Bewegung streckte sie die Arme
über den Kopf. »So gut habe ich seit Wochen nicht mehr geschlafen .«
    »Sie sind ganz schön frech«,
stellte ich fest. »Dieses Gerede über mein Profil — allerhand, finden Sie nicht ?«
    »Nein, es war die Wahrheit und
nichts als die Wahrheit. Nur muß ich gestehen, daß ich der Zeit etwas
vorausgeeilt bin, ungefähr fünf Jahre, würde ich sagen .«
    Mein Lachen klang hohl und
unecht. Sogar ich hörte das.
    »Können Sie sich nicht
vorstellen, wie ich den Broadway auf und ab trabe und meine hübschen
Blitzlichtaufnahmen verschachere ?« Ich lachte
ironisch. »Und dann kommt ein fetter, schmieriger Mann mit einem unverschämten
Grinsen auf dem Gesicht und sagt: >Was, zehn Cents für das Dutzend? Sie sind
wohl nicht bei Trost, Mister !< «
    »Ha«, machte Kitty Torrence verächtlich.
»Es besteht da ein ganz kleiner Unterschied, Mr. Boyd. Ich habe Ihr Profil
tatsächlich gesehen .«
    »Ja«, gab ich düster zu. »Den
Punkt hatte ich ganz außer acht gelassen. Na ja« — meine Miene hellte sich
merklich auf —, »fair ist fair, nicht wahr? Sie haben jetzt mein Profil aus
allen Perspektiven genossen, wie wäre es, wenn Sie...«
    Sie schüttelte ihren hübschen
blonden Kopf mit gespieltem Entsetzen.
    »Eines muß man diesem jungen
Mann lassen«, verkündete sie einem unsichtbaren Publikum, »er wirft die Flinte
nicht so leicht ins Korn. Das Stadion ist längst geschlossen, das Rennen ist
vorüber, und wer ist die einsame Gestalt, die noch immer mit hängender Zunge
über die Aschenbahn sprintet? Kein anderer als...«
    »He !« brummte ich unwillig. »Sie haben mich ganz vom eigentlichen Thema abgebracht.
Wie sind Sie hier hereingekommen ?«
    »Ich erklärte dem Portier, ich
sei Ihre kleine Schwester, soeben mit dem Zug aus Brushy ,
North Carolina, angekommen, und wüßte leider nicht, wohin ich mich sonst wenden
sollte .«
    »Und auf Grund dieses uralten
Tricks hat er Sie hereingelassen ?« fragte ich
zweifelnd.
    »Nein«, bekannte sie. »Er war
äußerst unhöflich und behauptete, Mädchen meines Schlages seien daran schuld,
wenn ein Haus in schlechten Ruf gerate .«
    »Und dann?«
    »Ich entschuldigte mich in
aller Form und erklärte, ich hätte nur mal meinen leicht verschrobenen Sinn für
Humor an ihm ausprobieren wollen. In Wirklichkeit gehörte ich der Liga für die
großen jungen Männer unserer Stadt an und sei in ihrem Auftrag hierhergekommen,
um Ihnen zu verkünden, daß Sie in der Lotterie, die allmonatlich im Rahmen
dieses Vereins stattfindet, das Große Los gewonnen haben. Dann ließ ich meinen
Charme ein bißchen spielen, damit sich der gute Mann gebauchpinselt fühlte, und
appellierte an seine Richterlichkeit. Ich fragte ihn geradeheraus, wie ein
erster Lotteriepreis seiner Ansicht nach das Problem der Lieferung lösen
sollte. Schließlich könnte ich doch nicht in das erstbeste Warenhaus gehen und
darum bitten, mich in eine Geschenkpackung zu stecken. Daraufhin war er Feuer
und Flamme und erbot sich, die Lieferung selbst zu übernehmen. Und das hat er
dann auch getan .«
    Erst ein paar Sekunden später
fiel mir auf, daß mein Mund weit offenstand, und ich klappte ihn energisch zu.
    »Ich würde ja gern glauben, daß
ich unwiderstehlich bin, aber Sie haben einen verdächtigen Hang zum Zynismus«,
erklärte ich vorsichtig. »Sie hatten doch

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