Die Sklavin mit den Mandelaugen
»Heute abend bot mir
jemand eine Bauchtänzerin an, wohlverpackt in schwarzen Satin, und ich lehnte
dankend ab. Es war das Gescheiteste, was ich jemals im Leben getan habe .«
»Danny Boyd!« In ihrer Stimme
schwang leise Belustigung. »Du hast wirklich eine blühende Phantasie. Ich hoffe
nur, sie hat auch ihre praktische Seite .«
»Das ist eine Herausforderung,
die ich annehmen muß«, erklärte ich glücklich.
»Danny?«
»Ja?«
»Ich habe mein Glas noch nicht
ausgetrunken .«
»Tut mir leid, Liebling. Ich
dachte, du wolltest es gar nicht austrinken .«
»Komisch! Plötzlich will ich
das auch nicht mehr .«
9
Über den Frühstückstisch hinweg
blickte ich sie an. Der wunderschön geschlungene Knoten war nicht mehr
vorhanden. In losen Wellen umrahmte das blonde Haar ihr zartes Gesicht.
»Ich muß aussehen, als ob Gott
mich im Zorn erschaffen hätte«, meinte Kitty beunruhigt.
»Du siehst unglaublich schön
und begehrenswert aus«, erwiderte ich wahrheitsgetreu. »Genauso wie ein
Mädchen, das sich in Dessous mit Leopardenmuster an den Tisch setzt, aussehen
sollte.«
»Du bist süß, Danny«, erklärte
sie zärtlich. »Und außerdem unersättlich.«
» Wieviel Uhr ist es ?«
Sie warf einen Blick auf die
winzige Uhr an ihrem Handgelenk und seufzte.
»Halb elf, und ich strolche
hier halbnackt herum und lasse mir das Frühstück schmecken. Mr. Corlis setzt
mich bestimmt an die Luft .«
»Wenn du ihm sagst, welche Mühe
es dich gekostet hat, mir seine Nachricht zu überbringen, dann bestimmt nicht«,
versicherte ich beruhigend. »Bedeutet dir die Stellung soviel, Kitty ?«
»Na ja«, sie zuckte die
Achseln, »immerhin ist es die einzige Stellung, die ich habe .«
Ihr Kaffee war besser, als
meiner jemals sein würde. Ich schenkte mir verstohlen noch eine dritte Tasse
ein und beobachtete, wie sich unbewußt ihre Unterlippe vorschob, während sie
tief in Gedanken versunken schien.
»Vergiß nicht unsere
Verabredung heute abend«, ermahnte ich sie. »Punkt acht.«
»Weißt du was, Danny ?« Sie blickte mich ernsthaft mit gerunzelten Brauen an.
»Ich habe dich erst gestern mittag kennengelernt, als du den armen Mr. Corlis offenbar in tausend Ängste
versetztest. Und am selben Abend rief er mich an und bat mich, dir die mysteriöse
Botschaft zu übermitteln, weil es angeblich um Tod und Leben ginge. Und gestern abend , als du ins Schlafzimmer kamst, hattest du einen
Revolver in der Hand. Mir ist ganz plötzlich eingefallen, daß ich ja keinen
Schimmer habe, wie du dir eigentlich deinen Lebensunterhalt verdienst, obwohl
ich bereits von Anfang an vermutet habe, daß du nicht für die
Gesundheitsbehörde arbeitest .«
»Ich bin Danny Boyd, Chef der
Boyd Enterprises«, erklärte ich lächelnd. »Und das wiederum ist ein
blumenreicher Ausdruck für einen einfachen Privatdetektiv .«
»Beschäftigst du dich gerade
mit einem Fall, in den Mr. Corlis verwickelt ist ?« erkundigte sie sich eifrig.
»Er hat damit zu tun«, meinte
ich, »aber ich glaube, daß das wenig nach seinem Geschmack ist .«
»Und wie steht es mit dem
Freund von dir, der Mr. Corlis manchmal seine Altwaren andreht? Ist er auch in
den Fall verwickelt ?«
»Wie ?« fragte ich.
»Du weißt doch — der Mann mit
dem orientalischen Namen —, Osman Bey .«
Ich starrte sie einige Sekunden
geistesabwesend an.
»Das hatte ich völlig
vergessen«, murmelte ich. »Ich bin froh, daß du mich daran erinnert hast .«
»Bei uns ist der Kunde König !« Sie sprang auf und rannte zum Schlafzimmer. »Wenn ich
nicht da bin, bevor er zum Mittagessen gehen will, dann wirft er mich todsicher
raus .«
Es war, als hätte sie auf einen
Knopf gedrückt, der ein Tonband auslöste, das in meinem Kopf verankert war. Ich
hörte mich selbst von den Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden
berichten und sah vor mir wieder einen wutschäumenden Osman Bey und ein
unterwürfiges Sklavenmädchen. »Wenn man wie ich, von Natur aus ein
mißtrauischer Mensch ist, glaubt man nicht an Zufälle«, hörte ich mich mit
blecherner Stimme sagen. Und später: »Die Abstimmung der Zeiten... Ich glaube
nicht, daß Julie Kern in diesem Augenblick rein zufällig eintrat...«
Eine fertig angezogene Kitty
segelte an mir vorbei zur Tür.
»Wiedersehen, Danny«, rief sie
atemlos. »Ich liebe dich wie verrückt. Bis heute abend um acht. Können wir uns hier treffen? Ich hatte keine Zeit mehr, meine Sachen
wieder im Schiffskoffer zu verstauen .«
»Mir sehr
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