Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
schadet. Es wird ihm helfen, sich schneller zu erholen.«
»Es gibt einen Zauber, mit dessen Hilfe man Blut von einem Menschen zu einem anderen fließen lassen kann«, stimmte Morganen nachdenklich zu. »Aber das geht oft schief, vielleicht wegen dieser verschiedenen ›Blutgruppen‹.«
»Durch technologisches Wissen ist er verletzt worden, vielleicht kann er durch ebensolches Wissen jetzt geheilt werden.« Kelly blickte zu Saber auf, dem es als Familienoberhaupt oblag, die Entscheidung zu treffen, da Trevan nicht in der Verfassung dazu war. »Sollten wir es nicht wenigstens versuchen?«
Er nickte; noch immer sichtlich besorgt bezüglich des weiteren Schicksals seiner Brüder, aber zugleich erleichtert, dass sie vielleicht wenigstens einem von beiden helfen konnten. »Tu für ihn, was in deiner Macht steht.«
»Dann bringen wir ihn in meinen Turm«, entschied Morganen. »Kelly, komm mit mir, wir müssen einiges vorbereiten. Sowie er gebracht wird, lasse ich den Zauber in Kraft treten, und danach kann er direkt in seine eigene Kammer zurückgetragen werden. Evanor, hol uns einen Krug Saft. Laut dem, was ich in meinen Büchern über diesen Zauber gelesen habe, werden ihn beide nach der Übertragung brauchen.«
Evanor nickte wie betäubt und entfernte sich. Morganen und Kelly begaben sich zu Morganens Turm, während die restlichen Brüder sich beeilten, eine Trage für Trevan zu fertigen.
Kelly saß auf einem Stuhl und trank gierig von dem Saft, den Evanor ihr gebracht hatte. Sie fühlte sich schwindelig und benommen und hätte sich gern ein paar Minuten hingelegt, aber sie hatte schon öfter Blut gespendet – wenn auch nicht mittels nadelfreier Magie – und wusste daher, was sie hinterher erwartete … nur dass sie sich diesmal vorkam, als hätte man ihr die doppelte Menge als allgemein
üblich abgezapft. Die anderen Brüder hatten Trevan in seine Kammer gebracht; auf die stille, besorgte Art, die Männern zu eigen war, wenn einer der ihren eine schwere Verletzung erlitten hatte. Nur Morganen hielt sich noch in der Turmkammer auf und stellte die Krüge an ihren Platz zurück, die die Ingredienzien für den Blutübertragungszauber und für einen Narbenbildung verhindernden Umschlag enthielten, den er auf die sich auf magische Weise bereits schließende Wunde seines Bruders aufgelegt hatte.
Es war dieselbe Kammer, in der sie in dieser Welt angekommen war; dieselbe Kammer, in der sie sich am Abend zuvor aufgehalten hatte. Der Spiegel, den Morganen beide Male als Pforte zwischen den Welten benutzt hatte, stand noch immer in seinem Ständer. Allerdings gab er nicht das Innere des Raumes wider, sondern das Bild der Waffenhandlung, aus dem sie die Pistole entliehen hatten, die sie immer noch umgeschnallt trug. Kelly stellte den Saftbecher auf den Tisch neben ihr und nahm das Holster ab. Sie hatte noch nie eine Schusswaffe besessen und wollte auch nie wieder eine in den Händen halten, nachdem sie gesehen hatte, was für einen Krater die Kugel in Trevans Brust hinterlassen hatte.
Dämliche Dinger, Spielzeug für testosterongesteuerte Maulhelden … »Morganen?«
»Ja, Schwester?«
»Können wir die dahin zurückbringen, wo sie hergekommen ist?«, bat sie.
»Selbstverständlich.«
»Äh … ich muss nur vorher die Fingerabdrücke abwischen.« Kelly zog die Waffe aus dem Holster und entfernte die Patronenkammer sowie die letzte darin verbliebene Kugel. Nachdem sie alles mit dem Tuch, das Morganen ihr reichte, abgewischt hatte, schob sie die Kammer in die Waffe zurück und nickte. »Gut. Pistolen können Menschen nicht aus eigenem Antrieb verletzen, aber ich möchte
nicht, dass sie in die falschen Hände fällt und doch noch Schaden anrichtet. Schlimm genug, dass die Mandariter über eine eigene, wenn auch primitive Version davon verfügen.«
»Lass mir einen Moment Zeit.« Morganen stellte den letzten Krug in das Regal zurück, dann griff er nach einem Tiegel mit einem grünlichen Pulver, das er im Lauf der letzten Nacht hergestellt hatte.
Kelly, durch die Vorstellung des Abends zuvor gewarnt, hielt sich rasch die Ohren zu. Morganen streute das Pulver über die gläserne Oberfläche des Spiegels und rief dabei einige mystische Worte, die für sie immer noch keinen Sinn ergaben, aber wie Donnerhall durch den Raum dröhnten. Erst als er die vierte Handvoll Pulver auf den Spiegel rieseln ließ, wagte sie es, die Hände wegzunehmen.
»Leg sie dort auf die Ladentheke, während der Verkäufer mit einem Kunden
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