Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
Leben bleiben, aber der Blutverlust macht mir Sorgen.«
Während die anderen erleichtert aufseufzten, hob der Zweitälteste eine Hand. Etwas Rotgrünes und Schleimiges klebte an seinen Fingerspitzen. »Ich wüsste gerne, wie Seetang in die Wunde gelangen konnte …«
Die abscheuliche Farbkombination bewirkte, dass Kelly erneut erbleichte.
»Er hat offenbar direkt nach seiner Landung an Deck wieder Menschengestalt angenommen, wurde angeschossen und fiel über Bord, und dann gelang es ihm, sich in einen Seehund zu verwandeln und zum Strand zurückzuschwimmen«, erklärte Evanor. »Ich musste mich entscheiden, ob ich ihn retten oder Dominor folgen … es ist alles meine Schuld.«
Er schlug mit der Faust gegen die Wand des Gefährts. Der auf der Bank liegende Bruder zuckte zusammen und
schlug mit einem leisen Stöhnen kurz die Augen auf. »Dom …«
Kelly, die sich dafür verwünschte, ihrem Instinkt nicht getraut, Dominor das fragwürdige Handelsgeschäft mit den Fremden nicht ausgeredet und so verhindert zu haben, dass er sich an Bord des Schiffes locken ließ, sah die anderen schuldbewusst an. »Können wir sie nicht irgendwie einholen?«
»Womit denn?«, gab Koranen bitter zurück. »Wir haben kein Schiff. Noch nicht einmal ein Ruderboot! Wir sitzen auf diesem stinkenden Felsen fest!«
»Und Trevan ist der Einzige von uns, der sich in einen Vogel verwandeln kann«, fügte Wolfer hinzu. Kelly entging nicht, dass seine Wangen leicht gerötet waren, er den Blick abgewandt hielt und mit den Fingern ständig über das aus Haar geflochtene Band an seinem Handgelenk strich. Diese Hand war so fest zur Faust geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Saber schüttelte den Kopf und zwang sich, klar und logisch zu denken. »Lord Aragol sagte, unter den Männern seines Volkes gäbe es nur sehr wenige Magier. Ich vermute, sie haben Dominor entführt, um sich seiner magischen Kräfte zu bedienen. Deshalb werden sie ihn vorerst am Leben lassen. Darauf müssen wir bauen.«
»Es ist meine Schuld. Erst kommt durch mich das Unheil in Form der Ankunft dieser Mandariter über uns, und jetzt das!« Kellys Blick ruhte auf dem jetzt wieder bewusstlosen Trevan. »Dieses Handelsangebot kam mir von Anfang an merkwürdig vor. Ich hätte ihn aufhalten müssen. Ich hätte mich auf meinen Instinkt verlassen sollen, und der hat mir ganz klar gesagt, dass diesen Leuten nicht zu trauen ist.«
Saber legte zwei Finger unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich hin. »Du hast dir nichts vorzuwerfen, genauso wenig wie wir uns. In dieser Welt kann man seinem Schicksal
nicht entrinnen. Wir können nur unser Bestes tun, um uns ihm zu stellen, auch wenn das oft nicht ausreicht. Du bist keine Seherin; du kannst weder in die Zukunft blicken noch die Gedanken anderer Menschen lesen. Noch nicht einmal Morganen ist dazu imstande. Und du hast genau richtig gehandelt, Evanor. Hättest du Trevan nicht zurückgebracht, hätten wir zwei Brüder verloren … und einer der beiden wäre jetzt vermutlich schon tot. Die Mandariter werden Dominor um seiner magischen Fähigkeiten willen am Leben lassen«, wiederholte er. »Wenn er sein Temperament zügelt, sich nicht allzu überheblich gibt und abwartet, bis sich ihm eine günstige Gelegenheit zur Flucht ergibt, dann wird er ihnen entkommen und zu uns zurückkehren.«
»Verstand genug hat er«, bestätigte Wolfer, ehe er seufzend aus der Kutsche kletterte. »Koranen, hilf mir, Material für eine Trage zu suchen, mit der wir Trevan in die Burg schaffen können. Er ist sehr schwach.«
»Und bei diesem Blutverlust wird es lange dauern, bis er sich wieder erholt«, warf Morganen grimmig ein.
»Ich habe Blutgruppe 0, ich könnte ihm Blut spenden«, erbot sich Kelly. Als die anderen sie daraufhin verwirrt ansahen, erinnerte sie sich wieder an die zahlreichen Unterschiede zwischen ihrer Welt und dieser hier. Geduldig erklärte sie: »Das bedeutet, dass ich für jeden Menschen als Spender geeignet bin. Gibt man jemandem Blut einer falschen Blutgruppe, kann dies zu Immunreaktionen führen. Bei Gruppe 0 ist das nicht der Fall. Ich muss nur darauf achten, dass ich selbst ausschließlich Gruppe 0 erhalte, andernfalls könnte ich sterben.« Da sie immer noch verständnislose Blicke trafen, schüttelte sie den Kopf. »Es ist zu kompliziert, um ins Detail zu gehen, aber vertraut mir einfach. Ihr könnt ihm völlig gefahrlos etwas von meinem Blut übertragen – vielleicht einen kleinen Krug voll -, ohne dass es ihm
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