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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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vorkam.
    Fasziniert nahm Dominor noch einen Schluck. Früher hatten sie in Corvis aus Beeren, Korn und einem bestimmten Kraut ein likörähnliches Getränk gebraut. Es war ihm gelungen, eine Kiste mit Flaschen davon in ihr Exil zu schmuggeln, und er hatte sich geschworen, nur eine Karaffe pro Jahr davon zu trinken. Dieser Wein war sogar noch besser als sein sorgfältig gehüteter Vorrat. Er leerte seinen Kelch, während die Brüder sich gegenseitig damit neckten, wie seekrank sie zu Beginn ihrer Reise gewesen waren. Die letzten Tropfen rannen über seine Zunge, der Minzgeschmack wurde stärker, bitterer … und jetzt auf unangenehme Weise vertraut …
    Falomelpulver . Es führte bei einem Magier zu Bewusstlosigkeit und setzte seine Macht für Stunden außer Kraft.
Mit einem erstickten Fluch schleuderte er den Kelch von sich und stürzte zur Tür. Oder versuchte es zumindest. Es gelang ihm noch, ein Bein zwischen Tür und Rahmen zu schieben, ehe ihn die Wirkung des mit dem Pulver versetzten Weins überwältigte. Mit weit von sich gestreckten Armen stürzte er zu Boden. Seine Lippen bewegten sich, sein Kehlkopf zuckte in dem vergeblichen Versuch, den Namen seines Zwillings zu rufen oder seine anderen Brüder zu alarmieren, dann versank er in einem Meer aus Dunkelheit und Kälte. Mit seinem letzten Gedanken verwünschte er seine Dummheit, an Bord des Schiffes ihrer Unheilsbringer etwas zu sich genommen zu haben.
     
    Der am Ufer zurückgebliebene Evanor runzelte die Stirn. Die Geräusche kommen vom Schiff … ja, sie hissen die Segel … Er behielt das Schiff im Auge; wartete darauf, dass ein Beiboot zu Wasser gelassen wurde, um seinen Zwilling zurückzubringen. Der Anker wird gelichtet! Evanor kletterte auf die Bank der Kutsche und beschattete seine Augen mit einer Hand – ja, das Schiff bewegte sich. Die Segel blähten sich im Nordwind. Die Mandariter legten ab.
    » Dominor! « Er bot all seine Willenskraft auf, um zu seinem Zwilling durchzudringen. » Dominor, kannst du mich hören? «
    Er erhielt keine Antwort. Zumindest wusste er, dass sein Zwilling noch am Leben war. Seit sie gemeinsam im Schoß ihrer Mutter herangewachsen waren, bestand zwischen ihnen ein unsichtbares Band, aber mehr konnte Evanor nicht spüren.
    » Dominor! « Als er erneut keine Antwort vernahm, wirbelte er zu den Bäumen herum. » Trevan! Sie entführen Dominor!«
    Einen Moment später brach ein goldener Adler aus den Baumkronen. Er stieß einen heiseren Schrei aus und nahm die Verfolgung des Schiffes auf, während Evanor ungeduldig
am Strand wartete und zusah, wie sich der Adler höher gen Himmel schraubte und dann auf das Schiff herabstieß. Sekunden später hallte ein Schuss durch die Luft, und eine Gestalt glitt über die Reling und verschwand im Wasser.
    Evanor wusste, was schneller fliegen konnte als der Schall und erkannte sofort, was das Geräusch zu bedeuten hatte. Mit wild hämmerndem Herzen sprang er aus der Kutsche und rannte zum Wasserrand hinunter. Ohne auf die Wellen zu achten stapfte er ins Wasser, nur von dem Gedanken beseelt, seine beiden Brüder zu retten.
    Ein paar qualvolle Minuten später schwamm ein dunkler Schatten auf ihn zu; ein Seehund mit rötlichem Fell. Blut floss über seine Schulter und seinen Rücken. Evanor packte ihn und hob das keuchende Geschöpf hoch, obwohl es die Zähne fletschte und vor Schmerz stöhnte. Er betrachtete die Wunde, während sich das blutige Fell vor seinen Augen in blutige Kleider verwandelte, sah in Trevans glasige Augen … und blickte dann zu dem Schiff hinüber, das sich jetzt unter vollen Segeln rasch von ihnen entfernte.
    Fluchend watete der Viertgeborene, seinen jüngeren Bruder mit sich schleifend, durch das hüfthohe Wasser auf den Strand zu. Er konnte nicht sagen, wie schlimm es um Trevan stand oder welchen Schaden eine solche Schusswaffe anrichten konnte – nur seine neue Schwägerin Kelly vermochte ihnen zu erklären, wie Trevans Wunde zu behandeln war.
    Aber jeder Schritt, der ihn von seinem entführten Zwilling forttrug, bohrte sich wie eine scharfe Klinge in sein Herz.
     
    » Kelly! Trevan ist von der Kugel eines dieser fremdartigen Schießgeräte getroffen worden! «
    Kelly rang nach Atem; das Banner, das sie gerade abnahm, entglitt ihren Fingern, flatterte zu Boden und veranlasste
Koranen, rasch unter einem Balkon Schutz zu suchen, um nicht von dem hölzernen Querstück getroffen zu werden.
    »Pass doch auf!«, rief er ärgerlich zu ihr hinauf.
    »Trevan ist

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