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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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gestammelten Worten und trat den Rückzug an, ehe er mehr sagen konnte, als er beabsichtigt hatte. Ein paar Tage später gab er ihr die parfümierten Öle – wieder ohne große Erklärungen. Aber diesmal achtete er nicht so peinlich genau darauf, räumlichen Abstand zu ihr zu halten, und blieb auch etwas länger.
    Die anderen Brüder nahmen ihre während der Putzaktion vernachlässigten Tätigkeiten wieder auf und widmeten sich der Herstellung jener Dinge, mit deren Verkauf sie ihren Lebensunterhalt bestritten. Aber wenn das Wetter es zuließ, arbeiteten sie jeden Tag eine oder zwei Stunden im Garten, jäteten Unkraut, scheuerten die Steinfliesen, setzten die Springbrunnen in Gang und füllten die Teiche neu, während Kelly ein wachsames Auge auf sie hielt und dabei die letzten Kleidungsstücke flickte, ehe sie begann, für jeden der Brüder neue zu schneidern.
    Nachdem sie die wild wuchernden Ranken gestutzt, die Bäume beschnitten und die Blumenbeete umgegraben und neu bepflanzt hatten, begann die kleine Welt der neun Bewohner Nightfalls, deren Leben sich fast ausschließlich innerhalb der äußeren Mauern abspielte, allmählich ansprechend und ordentlich auszusehen. Kelly stellte fest, dass sie kaum noch an ihr altes Leben zurückdachte; ihr neues erschien ihr wesentlich realer und vor allem entschieden
interessanter, zumal sie nichts Anstrengenderes zu tun hatte, als ihrem Hobby nachzugehen und mit Stoffen, Bändern und Garnen zu arbeiten.
    Einmal zog ein Sturm auf und setzte allen Aktivitäten unter freiem Himmel ein Ende. Jetzt ließ sich erstmals auch Rydan tagsüber in den Räumen der Burg blicken, während jeder seiner Brüder sich beeilte, die schweren Fensterläden zu schließen und die Riegel vorzuschieben. Im Rahmen ihrer Reparaturarbeiten hatten sie alle Läden ausgebessert, die Angeln und Riegel geölt und zerbrochene Scheiben durch neue ersetzt, gegen die jetzt der Regen trommelte und der an Heftigkeit stetig zunehmende Wind rüttelte.
    Rydan beteiligte sich nicht an den Bemühungen seiner Brüder, die Burg sturmsicher zu machen. Er war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um diesen banalen Tätigkeiten nachzugehen. So lebhaft hatte Kelly den die Nacht liebenden Mann tagsüber noch nie erlebt – tatsächlich war es das erste Mal, dass sie ihn am helllichten Tag zu Gesicht bekam -, aber er sprach weder mit ihr, noch richtete er das Wort an seine Brüder. Diese hüteten sich ihrerseits, ihm zu nahe zu kommen, denn er schien von einem Energiefeld umgeben zu sein, das bewirkte, dass sich seine langen schwarzen Haare bei jedem Blitz und Donnerschlag draußen wie von Geisterhand bewegt aufblähten. Er tat nichts anderes, als die Gänge auf- und abzuschreiten, während der Sturm an Stärke zunahm.
    Kelly entging nicht, dass sich die Türen, an denen er vorbeikam, auf gespenstische Weise von selbst öffneten und schlossen, ohne dass er auch nur einen Finger auf die Klinke legte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihn noch nie eine der hebelähnlichen Türklinken in der Burg hatte berühren sehen. Fast schien ihr, als würden sich die Türen ein wenig vor ihm fürchten. Auf sie traf das auf jeden Fall zu; die Energie, die er ausstrahlte, ließ jede Faser ihres Körpers
prickeln, obwohl sie über keinerlei magische Fähigkeiten verfügte.
    Sein voller Name lautete Rydan der Sturm, wie sie inzwischen herausgebracht hatte, und sie hielt sich wohlweislich ebenso wie seine Brüder ein Stück von ihm fern, doch trotz dieses Sicherheitsabstandes stellten sich die Haare auf ihren Armen vor Unbehagen auf, wenn er an ihr vorbeiging. Er hielt sich nur in den Burgflügeln auf, während der Sturm am schlimmsten tobte … obgleich der Begriff Aufhalten nicht ganz zutreffend war.
    Nachdem alle Fensterläden fest geschlossen waren, der Wind heulend um die Burg pfiff und der Regen auf das Dach hämmerte, strich Rydan ruhelos durch die Räume. In seinen dunklen Augen leuchtete ein Licht, dessen Bedeutung Kelly nicht näher ergründen mochte. Doch wenn sich diese ominöse Prophezeiung bewahrheitete, dann gab es irgendwo da draußen eine Frau, der es bestimmt war, Rydans Geheimnis zu lüften. Kelly war nur froh, dass nicht sie diese Frau war, ging ihm aber vorsichtshalber dennoch aus dem Weg.
    Nachdem der hurrikanähnliche Sturm etwas abgeflaut, die Läden wieder geöffnet worden waren und Rydan sich in seine Kammer zurückgezogen hatte, regnete es noch stundenlang, die ganze Nacht hindurch und bis zum nächsten Mittag. An

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