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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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instand gesetzt werden, nachdem der Hauptturm und seine Nebenflügel fast fertig sind. Keiner von uns will sie in der Nähe unserer Türme und aller dort lauernden Gefahren sehen – nicht, bevor sich nicht das Schicksal eines jeden von uns erfüllt hat und das uns prophezeite Unheil über uns hereingebrochen ist.« Rydan blieb an der Tür stehen. »Also wird sie sich mit irgendetwas anderem beschäftigen müssen. Und bis dahin … nun, es besteht immer noch ein minimales Risiko, dass sie doch nicht dein, sondern mein Schicksal ist.
    Es ist deine Aufgabe, sie von meinem Turm fernzuhalten.« Er musterte Saber einen Moment lang, dann wandte er sich ab. Die Tür – wie alle in der Burg – öffnete sich ohne sein Zutun für ihn. »Sie darf mein Reich auf keinen Fall betreten.«
    Ohne ein weiteres Wort glitt Rydan lautlos aus dem Raum, schloss die Tür ebenso lautlos hinter sich und überließ Saber seinen wild in seinem Kopf durcheinanderwirbelnden Gedanken.
     
    »Ooh«, murmelte Kelly, als sie das Nähzimmer betrat und den Blick über die nun gründlich abgestaubten und gesäuberten Webstühle, Spinnräder, Truhen voller Tuchballen, Spitzen und Borten, Scheren, Garnspulen, Stickutensilien und die Töpfe mit verschiedenen Farben schweifen ließ. Aber es war nicht der Anblick ihres wie immer tadellos aufgeräumten Arbeitsplatzes, der sie stutzen ließ, sondern etwas anderes.
    Jemand – unzweifelhaft ein Mann, da sie die einzige Frau auf der Insel war – hatte zwei große, mit in den noch immer etwas verwilderten Gärten gepflückten Blumen gefüllte Vasen in den Raum gestellt. Rosen schmiegten sich an Glockenblumen, Rittersporn an Blüten mit acht Blütenblättern, die sie an die Tulpen ihrer Welt erinnerten, und kleine Blumen, die wie pinkfarbenes Schleierkraut aussahen. Die Farben deckten die ganze Palette eines Regenbogens ab, dazwischen waren dekorative Grünpflanzen angeordnet. Die beiden Vasen standen auf dem Zuschneidetisch in der Mitte des Raumes, in dessen einer Hälfte sie für gewöhnlich arbeitete, während Evanor an den Webstühlen in der anderen Hälfte die heiß begehrten Frotteetücher herstellte, die sie ihm beschrieben hatte.
    Kelly strich sacht über eine glatte gelbe Blüte und lächelte über die Mühe, die einer der Brüder offensichtlich auf sich genommen hatte. »Wunderschön.«
    »Das freut mich.«
    Die Stimme, die ihr antwortete, gehörte keinem der sechs Männer, in deren Gesellschaft sie die letzten Wochen verbracht hatte. Es war die Stimme, nach der sie sich insgeheim gesehnt hatte, die Stimme, die sie für gewöhnlich angeschnauzt und angebrüllt hatte, jetzt aber leise, fast sanft klang, an ihren Nerven zerrte und sie veranlasste, sich rasch umzudrehen. Und richtig saß da Saber in einem der in die Wand eingelassenen schießschartenähnlichen Fenster, ein stiefelbekleideter Fuß ruhte auf einem Schemel, ein Ellbogen auf seinem Knie. Mit der anderen Hand drückte er ein Kästchen gegen seine Brust.
    »Saber«, stieß sie hervor. Und plötzlich wünschte sie, sie hätte eine Kamera griffbereit oder besäße wenigstens ein gewisses Zeichentalent, denn so, wie er da im durch die Fenster strömenden Morgensonnenlicht saß, bot er ein Bild kraftstrotzender Männlichkeit.
    Eine schwarze Tuchhose umspannte seine muskulösen Schenkel und Waden, eine weiße ärmellose Tunika bedeckte seine breite Brust, fiel glatt bis zu dem schwarzen Ledergürtel hinunter, den er sich um die Hüften geschlungen hatte, und gab kräftige sonnengebräunte Arme frei. Honigfarbene Strähnen schimmerten in dem dunkelblonden Haar. Auf Kelly wirkte er wie die Verkörperung männlicher Schönheit – pur und ungekünstelt.
    Während sie ihn fasziniert beobachtete, erhob er sich langsam. Ihr Mund wurde trocken, als er auf sie zutrat und ihr der warme Duft seiner Haut in die Nase stieg. Offenbar hatte er kurz zuvor ein Bad genommen. Sie schluckte hart.
    Er hielt ihr das mit geschnitzten Sternen verzierte Kästchen hin. »Hier. Das ist für dich.«
    Mehr sagte er nicht, sondern wartete stumm darauf, dass sie ihm das Kästchen abnahm. Kelly öffnete es zögernd. Sie hatte keine Ahnung, was es enthalten könnte.
    Es war mit bunten Bändern aus Seide, Baumwolle, Leinen und gewebter Wolle in allen Farben des Regenbogens gefüllt. Einige waren sogar mit echten handgesponnenen Gold- und Silberfäden durchwirkt, nicht mit den billigen Lurexgarnen, die sie aus ihrer eigenen Welt kannte. Da sie sich viel mit historischer Kleidung

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