Die Söhne der Sieben
nicht, was ich dagegen unternehmen sollte.
Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich mich wieder soweit unter Kontrolle hatte, dass ich klar denken konnte. Dann schätzte ich die Wahrscheinlichkeit mit der er mich durch seine süßen Worte einwickeln und übertölpeln wollte ab. Letztlich war ich derjenige am längeren Hebel, solange er meinen Ring trug. Wenn ich ihn um seinen Hals ließ, wäre alles egal. Aber ich konnte mich dennoch nicht ganz auf ihn einlassen. Wurde auch ich gefühlsduselig, bekam er automatisch etwas gegen mich in die Hand. Es lag allerdings nicht in meiner Natur gefühlsduselig zu werden. Am besten machte ich das Beste aus seiner Anwesenheit, ohne mich zu sehr von ihm einwickeln zu lassen und schmiss ihn dann fort, wie er es mit mir gemacht hatte. Ich seufzte und kehrte in mein Zimmer zurück.
Leonard lag matt auf meiner Matratze. Die Glieder erzwungen von sich gestreckt. Doch kaum hörte er mich, da reckte er schon sein Haupt und blickte mir aufmerksam entgegen. Er machte ein fragendes Gesicht.
„Was war das eben?“, wollte er bedächtig wissen. „Bist du fort gerannt? Wie süß.“
„Halt die Klappe!“, befahl ich barsch und spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. „Es ist deine Schuld. Von so viel Süßholzraspeln kann einem ja schlecht werden.“
„Ich werde versuchen mich zu mäßigen“, versprach Leonard mit unterdrücktem Schmunzeln. Er streckte sich genüsslich: „Warum hast du mich eigentlich ausgerechnet auf deinem Bett gefesselt?“
„Es ist der einzig passende Ort für dich“, fand ich und setzte mich zu ihm. Meine Augen maßen ihn kalt. Er erschauderte, hielt ihnen aber fasziniert stand. Er lächele schwach: „Ach ja?“
„Ja, wozu solltest du sonst gut sein“, verkündete ich dreist.
Leonards Gesichtszüge entgleisten, doch dann lächelte er zufrieden: „Ist mir egal, was du mit mir machst. Ich glaube, es wird mir ohnehin gefallen. Ich weiß ja bereits, dass du dich in mich verliebt hast.“
„Bild dir nicht zu viel ein!“, leugnete ich es noch und setzte mich auf ihn. Er stöhnte leicht und bäumte sich mir entgegen. Dann lächelte er zufrieden: „Wie wäre es, wenn du mir noch ein bisschen mehr Kraft zugestehst. Ich könnte sie brauchen.“
„Hm“, machte ich zustimmend. Vielleicht würde ich ihn doch nicht fortwerfen, wenn wir hiermit fertig waren. Ich konnte ihn ruhig noch eine Weile länger behalten. Als mein Haustier oder was danach kam. Es schien ihm ja nichts auszumachen…
Kapitel 7
»Sohn des Neides«
Die Frau saß am Feuer und flickte die abgenutzte Kleidung ihrer Liebsten. Zu ihren Füßen spielten zwei Kinder mit Tieren aus Holz, während ein älterer Mann ihnen Geschichten erzählte. Ein idyllisches Bild. Es hatte mich schon geraume Zeit an diesen Ort gefesselt. Seit ich es entdeckt hatte, konnte ich mich nicht mehr davon lösen und betrachtete es durch den Nebel meines eigenen Atems.
Die Nacht war klar und eisig über mich hereingebrochen. Dennoch verharrte ich weiter regungslos vor dem Fenster der kleinen Kate im Wald. Mehr und mehr stieg in mir ein finsteres Verlangen auf. Es bemächtigte sich meiner, bis mich der heiße Wunsch ganz ausfüllte. Dann kehrte in dem Häuschen nach und nach Frieden ein. Die Kinder wurden in ihre kleinen Bettchen geschickt und auch die Älteren legten sich bald zu Ruhe. Meine Zeit war gekommen.
Langsam zog ich meinen rechten Fuß unter seiner frostigen Decke hervor. Es hatte zu schneien begonnen, ohne dass ich es bemerkt hatte. Die Kälte störte mich nicht. Sie gehörte ebenso zu meinem so genannten Leben wie die fortwährende Einsamkeit. Gemächlich schob ich meine steifen Glieder durch den weißen Puder und näherte mich so der schlichten hölzernen Tür. Es war nur ein kleines Haus, weitab von der nächsten Siedlung. In der Ferne hörte ich das dumpfe Rauschen meines geliebten Meeres. Vielleicht war es auch nur in meinem Kopf. Es war immer da. Es verfolgte mich. Es schenkte mir Geborgenheit.
Die Tür gab bereitwillig unter meiner ausgestreckten Hand nach. Lautlos passierte ich sie und betrat den behaglichen Ort meiner Sehnsucht. Seine Bewohner bemerkten mich nicht. Auch nicht als ich an ihre Betten schlich. Eins nach dem anderen. Sanft entschliefen sie unter dem milden Druck meiner Finger um ihre Kehlen. Ein wohliger Schauer überkam mich, als ihre Seelen verwirrt um mich herumschwirrten. Ich genoss diesen Moment. Er währte viel zu kurz, denn dann kam das
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