Die Söhne.
der Fall liegt. Es geht wohl nicht nur um Akawja, es geht um alle Juden der Stadt Thamna, einer der noch jüdischen Städte dieses Landes, die aber vielleicht nicht mehr lange jüdisch sein wird. Tun Sie, was Sie für gut halten, Doktor Josef. Ich war es, der geraten hat, zu Ihnen zu gehen, und ich glaube auch jetzt, daß das kein schlechter Vorschlag war.«
Endlich, nach mehr als einem Monat, entschloß sich Josef, seine Güter aufzusuchen. Es waren drei große Besitzungen in der Gegend zwischen den Städten Gazara und Emmaus. Sie umfaßten Bergland mit der Esche, Hügelland mit der Sykomore, Tiefebene mit der Palme.
Der Verwalter Theodor Bar Theodor, ein ruhiger, listiger, älterer Mann, empfing Josef erfreut. Er ließ ein besonders fettes Schaf schlachten und setzte seinem Herrn das beste Stück vor, das Schwanzstück. Sein stilles, schlaues Gehabe erinnerte Josef ein wenig an Johann von Gischala.
Er ritt, den Verwalter an der Seite, seine Besitzungen auf und ab, durch Öl- und Weinterrassen, zwischen Dattelpalmen, durch Weizenfelder, zwischen Granaten, Nüssen, Mandeln, Feigen. Oben lag uralt und trotzig die Stadt Gazara mit ihren von den Römern erneuerten Forts. Die Güter schienen musterhaft bewirtschaftet, zweihundertsiebzig Leibeigene waren beschäftigt, viele Schwarze unter ihnen, sie sahen gepflegt aus, ihre Arbeit war klug organisiert. Schade, daß soviel Mühe und Geschicklichkeit aus den fruchtbaren Besitzungen keine größere Rente herauswirtschaften konnte.
Theodor Bar Theodor setzte seinem Herrn auseinander,
woran es lag. Die Güter waren nach der Stadt Gazara zuständig, die kein Kolonialrecht hatte, so daß Steuern und Abgaben sehr hoch waren. Die Stadt Emmaus, die, fast ausschließlich von römischen Veteranen des Feldzugs bewohnt, die Privilegien einer Kolonialstadt genoß, weigerte sich, Josefs Güter einzugemeinden. Die Gründe waren unsachlich. Hauptmann Pedan zum Beispiel, Josefs Gutsnachbar, hatte, als er seinen Abschied nahm, sich Besitz anweisen lassen, der überall in Josefs Gebiet einzackte und zum großen Teil der Stadt Gazara näher lag als der Stadt Emmaus. Trotzdem war das ganze Besitztum des Hauptmanns nach Emmaus zuständig, so daß es, obwohl es kleiner und schlechter bewirtschaftet war als Josefs Güter, infolge der niedrigeren Besteuerung eine größere Rente abwarf. Hauptmann Pedan konnte seine Erzeugnisse steuerfrei in Emmaus absetzen, Theodor Bar Theodor war auf die Städte Gazara oder Lud angewiesen, wo er riesige Abgaben zu zahlen hatte. Zudem weigerte sich die Majorität der jüdischen Bevölkerung, Erzeugnisse zu kaufen, die von den Gütern des Josef stammten, weil er von Jerusalem geächtet worden war, und die Griechen und Römer von Lud und Gazara nützten diese Zwangslage aus. Geteilten Gefühls sah Josef seinen fruchtbaren Boden, dessen Fett, Öl und Wein den fremden Eroberer des Landes nährte.
Der Verwalter, während Josef langsam auf seinem vorsichtig schreitenden Esel neben ihm herritt, erzählte weiter von den vielen Schwierigkeiten, die die Nachbarschaft des Hauptmanns Pedan bereitete. Da war zum Beispiel die Sache mit der Wasserleitung. Es wäre für beide Teile vorteilhaft, wenn man den ausgezeichneten Aquädukt von Emmaus nach Gazara weiterführte. Die Gemeinde Emmaus würde eine Menge Geld sparen, und man selber noch mehr. Aber die Stadtverwaltung von Emmaus sträubte sich. Schuld daran sei der Hauptmann Pedan. Der, als Träger des Graskranzes und Liebling der Armee, sei allmächtig in Emmaus. Seine Gründe gegen die Durchführung des Projektes seien offenbar rein persönlich; denn er, als Großabnehmer der Wasserleitung, würde selber den reichsten Gewinn daraus ziehen.
Josef meinte, er werde einmal zu Hauptmann Pedan hinüberreiten. Es war im Grunde nicht wegen des Geschäftes, von dem ihm der Verwalter sprach, vielmehr lockte es ihn, den Mann zu sehen, dessen Hand den Feuerbrand in den Tempel geschleudert hatte und dessen Name von ihm in seinem Buch nicht genannt worden war; denn sein Name sollte vergessen sein.
Erst am dritten Tag seines Aufenthalts besuchte Josef das Vorwerk »Brunnen der Jalta«, wo Mara lebte. Das Vorwerk sei verwildert, hatte der Verwalter Josef erzählt, aber Mara habe ihren Ehrgeiz darein gesetzt, es hochzubringen.
Josef traf Mara im Weinberg, in Arbeitskleidung, mit nackten, erdbeschmutzten Füßen und einem großen Hut gegen die Sonne. Er hatte sich nicht angemeldet und wußte nicht, ob sie von
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