Die Söhne.
Perserkönigs Ahasver.« – »Das klingt tröstlich«, erwiderte nachdenklich Titus. »Ich muß es dir sagen, mein Josef«, fügte er hinzu, nahe an ihm, den Arm um seine Schulter, lächelnd, knabenhaft verlegen, »ich bin vor ihr immer wie ein kleiner Junge. Sie ist fremd und hoch über mir, selbst wenn ich sie nehme. Ich will, daß sie eins mit mir wird, ich will mich mischen mit ihr. Aber sie bleibt mir versperrt, selbst wenn sie sich mir gibt. Ihr Juden habt dieses infernalisch gescheite Wort für den Akt: ein Mann erkennt eine Frau. Ich habe sie bis jetzt nicht erkannt. Aber wenn sie nun kommen wird, dann, des bin ich sicher, wird sie sich mir auftun. Ich habe nämlich den Grund gefunden, warum ich ihr bisher nicht näherkam. Ich war gehemmt durch einen Rest läppischer Konvention, mein Römerdünkel war wie ein Panzer zwischen mir und ihr. Aber ich bin weiser geworden in diesen letzten Wochen. Ich weiß jetzt, daß das Reich mehr ist als ein vergrößertes Italien. Vielleicht war diese Katastrophe eine Mahnung eures Gottes. Es brauchte diese Mahnung kaum mehr. Ich war lässig, ich gebe es zu, meine Hände waren träg, das zu tun, was mein Herz und mein Hirn mich hießen. Ich werde nicht länger träg sein. Dieser Flavius Silva wird seine Vorlage über die Beschneidung nicht im Senat einbringen. Die Weißbeschuhten in Alexandrien werden in ihre Schranken zurückgewiesen werden. Sag es deinen Juden. Sie sollen an mich glauben. Schon in den nächsten Tagen werde ich es mit Claudius Regin bis in alle Einzelheiten überdenken.«
Eigentlich hatte Josef nach der Audienz zurück in sein Haus wollen. Aber er hatte von Anfang an ein kindisches Gelüst verspürt, sich Mara und dem jungen Simeon im Galakleid zu zeigen. Jetzt, nach der Huld des Titus, konnte er dieses Gelüst nicht länger bezähmen. Er begab sich zu dem Glasfabrikanten Alexas.
Die Dinge fügen sich ihm, innen und außen. Fort ist jenes Gefühl drückender Unzulänglichkeit, das ihn damals im Augenblick seines höchsten äußeren Triumphs überfallen hat. Schön, sein Leben ist kompliziert, die Sache mit Dorion ist kompliziert, die Sache mit Mara nicht einfach. Aber er hat die Methode. Die Frau, die er liebt und die sein Herz und seine Sinne nicht entbehren können, weigert ihm den Sohn. So nimmt er eben den Sohn der andern, die er nicht liebt, die ihm aber nichts weigert.
Es ist mit dem jungen Simeon in Rom nicht so glatt gegangen, wie Mara es sich vorgestellt hat. In der orthodoxen Schule auf dem rechten Tiberufer, in die sie den Jungen zunächst schickte, bekam er, der Bastard, der Sohn des geächteten Josef, allerlei Unangenehmes zu hören. Mara nahm ihn weg, schickte ihn auf Rat des Glasfabrikanten Alexas, der sich in den geweckten Jungen vergafft hatte, in eine liberale Schule. Dort fühlt sich Simeon wohl, man stößt sich nicht daran, daß er der Sohn des Josef ist. Seine Mutter aber, die ängstlich an den alten Bräuchen festhält, ist unzufrieden. Ihr Simeon-Janiki lernt in der vornehmen Schule bedenkliche Dinge. Niemand verwehrt ihm, selbst am Sabbat nicht, mit den heidnischen Jungens auf der Straße seine wilden Spiele zu treiben. Vor allem ist da der kleine Constans, der Sohn des pensionierten Hauptmanns Lucrio. Die beiden Jungen haben Isispriester verulkt, es hat Krach gegeben, sogar die Polizei hat sich eingemischt. Auch in dem Restaurant »Zum großen Olivenstall« sind die beiden einmal gesehen worden. Ob Simeon dort verbotene Dinge gegessen hat, ist aus ihm nicht herauszubekommen, er schweigt eisern auf Maras Fragen: aber was soll aus ihm werden, wenn er dort etwa Schinken gekostet haben sollte, den das Schild des Restaurants als Spezialität anpreist?
Josef findet diese Streiche nicht so schlimm. Er hat den kleinen Constans gesehen, den Kameraden seines Sohnes, einen wilden, schmutzigen Burschen. Die beiden prügeln sich, aber sie hängen aneinander, ja, der kleine Constans verehrt Simeon, seitdem dieser einmal dem pensionierten Hauptmann, seinem Vater, eines seiner Geschützmodelle vorgeführt und der Hauptmann gebrummt hat: »Nicht übel. Für einen Judenjungen allerhand.« Aber ideal ist die Erziehung Simeons wirklich nicht, das muß man Mara zugeben, und es wäre Zeit, daß er in die rechten Hände kommt. Nun ja. Maras Wünsche sind leichter zu erfüllen als die Dorions, und sie gehen mehr in der Richtung seiner eigenen. Er hat sich also entschlossen. Er überläßt Dorion Paulus, aber er selber kümmert sich um
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