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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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allerdings sah die Dinge anders. Er war angefüllt mit Zufriedenheit. Titus, obgleich er sofort, mit einer in der letzten Zeit ungewohnten Tatkraft, eingegriffen hatte, überallhin Lösch- und Aufräumekommandos entsendend, Plünderungsversuche im Keim erstickend, den Obdachlosen Unterkunft schaffend, fand trotzdem Zeit, ihn, Josef, vor sein Angesicht zu berufen. Leichtgeschaukelt in der Sänfte, in angenehmen Gedanken, atmete Josef den guten Wind. Alles fügte sich ihm. Dorion hat sich seit der Aufstellung der Büste gewandelt, sie ist eins mit ihm wie in ihrer ersten, besten Zeit in Alexandrien. Er freut sich, daß er ihre Wünsche oder vielmehr – warum das verschönernde Wort? – ihre Launen befriedigen kann. Leicht fällt es ihm nicht. Er hat die Voranschläge für die Villa überprüft. Trotz des unerwartet hohen Geschenks, das der Kaiser ihm gemacht hat, wird er Geld aufnehmen müssen, wenn er für die Synagoge, die seinen Namen tragen soll, eine halbwegs anständige Stiftung machen und gleichzeitig Dorions Villa bauen will. Claudius Regin, sein Verleger, wird ihm die notwendigen Summen nicht verweigern, aber es wird ihm eine willkommene Gelegenheit sein, unangenehme Anmerkungen zu machen. Allein gerade daß Dorions Launen ihn Opfer kosten, ist das Reizvolle. Heute nacht hat er ihr die Villa versprochen. Er lächelt, wenn er daran denkt, wie listig sie ihm die Zusage abgeschmeichelt hat. Es wird jetzt nach dem Brande, hat sie ihm sachlich auseinandergesetzt, eine neue, große Bautätigkeit einsetzen. Viele, die bisher im Zentrum wohnten, werden in der Umgebung bauen, die Terrains bei Albanum und die Baukosten werden anziehen. Aber sie, klug, wie sie ist, hat sich schon mit dem Architekten Grovius ins Benehmen gesetzt. Er bleibt ihr im Wort, er reserviert ihr das Terrain, er hält seinen Voranschlag ein.
      Josef kennt die Welt, er weiß, daß der Architekt den Voranschlag natürlich trotzdem überschreiten wird, er weiß, daß er sein Versprechen teuer wird bezahlen müssen. Aber er denkt an sie, wie sie neben ihm lag, den Kopf auf seiner Brust, und mit ihrer dünnen Kinderstimme auf ihn einsprach, und er bereut auch jetzt, im hellen Tageslicht, seine Zusage nicht. Er darf es sich leisten, großzügig zu sein. Ein genügsamer Mann ist er nicht, nein, das kann man nicht sagen. Er war niemals genügsam, er war immer gierig nach mehr Leben, nach mehr Erfolg, Leistung, Genuß, Liebe, Weisheit, Gott. Jetzt aber ist er im Zug, jetzt schaufelt er ein.
      Titus kam ihm mit raschen Schritten entgegen, herzlich. Seitdem der Kaiser den Grund kennt, der Berenikes Ankunft hinauszögert, seitdem er weiß, daß dieser Grund nicht in ihm liegt, ist er beschwingt, aufgetan, seine Schlaffheit ist weg. Die Feuersbrunst kann seiner Sicherheit nichts anhaben. Daß man Glück mit Opfern bezahlen muß, dieser Gedanke war ihm geläufig. Hat die kluge Berenike das nicht freiwillig getan, im vorhinein? Obendrein gibt ihm der Brand Gelegenheit, seine eigene Freigebigkeit im Gegensatz zu der Enge seines Vaters zu manifestieren. Eigentlich, versichert er dem Josef, sich ganz vor ihm gehenlassend, sei ihm der Brand sogar willkommen. Immer habe es in seiner Absicht gelegen, zu bauen. Der Untergang des alten Rom sei ihm nur eine Bestätigung, daß der Himmel sein Vorhaben billige. Beflissen, angeregt erzählt er Josef von dem neuen Rom, dessen Bild er in seiner Seele trage, wieviel großartiger er das Capitol aufbauen, wieviel herrliches Neues er an Stelle des schlechten Alten setzen werde.
      Mehr aber als der Neubau Roms, mehr als alles andere beschäftigt ihn nach wie vor Berenike. Vertraulich, nicht zum erstenmal, befragt er den Juden Josef, seinen Freund, ob es ihm wohl glücken werde, niederzureißen, was zwischen ihm und ihr steht. »Du selber, mein Josef«, redet er auf ihn ein, »hast die Ägypterin geheiratet. Ich weiß, daß viele dir das als Sünde anrechnen. Auch meine Römer sehen es nicht gern, wenn ich die Fremde heirate. Sag mir aufrichtig, was haltet ihr Juden von der Ehe mit einer Fremden? Ist es eine Sünde vor eurem Gott?« Dem Josef tat es wohl, daß der Kaiser sich so vor ihm aufschloß. Geduldig, wie schon mehrmals, setzte er ihm auseinander: »Josef, unser Heros, dessen Namen ich trage, hat eine Ägypterin zur Frau genommen, unser Gesetzgeber Moses eine Midianitin. König Salomo hat mit vielen fremden Weibern als mit seinen Frauen geschlafen. Und wir Juden preisen mit höchstem Preis Esther, die Gattin des

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