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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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nicht leicht, Grovius die ganze Zeit hinzuhalten. Sie hat es erreicht. Auch jetzt, nach dem Brand, trotzdem die Preise geradezu stündlich anziehen, bleibt ihr der Architekt im Wort.
      Fabull hörte versperrten Gesichtes zu. Im Anfang, unmittelbar nach Dorions Heirat, hatte er für diesen Juden, den Lumpen, den Hund, an den sein Kind sich weggeworfen, nichts gehabt als Haß und Verachtung. Daß Josef gar noch Schriftsteller war, hatte diesen Haß gesteigert; er wollte von Literatur nichts wissen, er war erbittert, daß Rom die Literaten gelten ließ, nicht aber die Künstler. Allein er war ein großer Porträtist, gewohnt, in den Gesichtern der Menschen zu lesen, er hatte dem Gesicht des Josef viel von seinem Schicksal und seinem Wesen abgelesen, er konnte sich der Bedeutung des Mannes nicht verschließen, und es war im Lauf der Jahre etwas wie eine Aussöhnung zustande gekommen. Ja, allmählich wuchs in dem Maler Fabull eine Art haßvoller Bewunderung. Dieser Mann Josef beschrieb in seinem Buch Menschen, Landschaften, Vorgänge überaus bildhaft, mit dem Aug des Malers; dabei verabscheute er alle Bildnerei. Er wurde Fabull schließlich geradezu unheimlich. Der Mann besaß magische Kräfte. Nicht nur sein Kind hat er behext, auch den alten Kaiser und den jungen. Ihm hat man die gesellschaftliche Geltung, die er, Fabull, so schmerzlich vermißt, geradezu nachgeworfen. Verschärft noch wurde der Groll des Fabull durch den Bericht des Bildhauers Basil, daß Josef es abgelehnt habe, die Ehrensäule für die Bibliothek von ihm bemalen zu lassen. Seinem künstlerischen Ansehen konnte diese Weigerung nichts anhaben, er galt als der erste Maler der Zeit; aber sein ganzer, unvernünftiger Zorn gegen den Schwiegersohn war ihm bei dem Bericht wieder hochgestiegen.
      Wie ihm die Tochter von Josefs neuem Glück erzählte, und daß sein Reichtum ihm jetzt erlaube, ihr die lang erträumte Villa zu schenken, packte den Maler zwiefacher Grimm. Er selber war wohlhabend, auch keineswegs geizig, er hätte gern seiner Tochter, die er liebte, ihr Landhaus geschenkt; wenn er es sich versagte, dann nur, um ihr zu zeigen, daß dem Josef trotz seines großen, scheinbaren Glanzes ein Wesentliches fehlte. Es war ihm eine Genugtuung, daß sie ihre Liebe zu diesem Josef wenigstens mit Entbehrungen bezahlen mußte.
      Mit gewohnter Stummheit hörte er zu, während sie lange und glücklich sprach. Er dachte daran, daß seine Dorion dem Menschen eines wenigstens abgeschlagen hatte: ihren Sohn Paulus hatte sie nicht zum Juden machen lassen. Das war sein Trost. Sein Enkel wurde, was er selber war, rechtlos, aber von Gehabe und Anschauungen römisch-streng und erfüllt von griechischer Bildung. Doch dieser Gedanke milderte seinen Grimm nur wenig. Als Dorion schließlich seinen gravitätischen Kopf in ihre Hände nahm, mit den Worten: »Ich freue mich ja so, Väterchen, daß du jetzt ›Die versäumten Gelegenheiten‹ für mich malst«, da machte sich der alternde Mann behutsam, doch entschieden von ihren lieben Händen los, und wortkarg, mit seiner sehr männlichen Stimme, erwiderte er: »Es tut mir leid, Dorion, ich werde dem Juden das Bild nicht machen.«
      Dorion, gekränkt, empört, staunte: »Was heißt das? Du hast es mir doch versprochen. Es war nicht leicht, Josef dahin zu bringen.« – »Das kann ich mir denken«, sagte haßvoll der Alte. »Das ist der Grund, warum ich es nicht tue. Der Kaiser ist nicht so heikel wie dein Jude«, fuhr er fort. »Der Kaiser hat mich beauftragt, die Große Halle der Neuen Bäder auszumalen. ›Die versäumten Gelegenheiten‹ werden dort vielleicht kompetentere und auf alle Fälle freundlichere Beschauer finden als im Landhaus des Flavius Josephus.« – »Du machst mich lächerlich vor ihm«, erzürnte sich Dorion, »nachdem ich mich so lange vor ihm abgezappelt habe. Du hast noch nie dein Wort gebrochen«, bat sie. »Die Situation hat sich geändert«, gab Fabuli zurück. »Flavius Josephus hat es ausdrücklich abgelehnt, von mir arbeiten zu lassen. Er hat mich abgelehnt, als der Bildhauer Basil mich vorschlug.«
      Dorion schwieg, betreten, denn davon hatte sie nichts gewußt. Ihr Vater aber sprach weiter. »Du lächerlich vor ihm«, sagte er, höhnisch. »Er hat sich lächerlich gemacht vor aller Welt, unzählige Male. Hat sich auspeitschen lassen, ist mit der Kette des Leibeigenen herumgelaufen. Und wenn sie auch sein Bild in die Bibliothek gestellt haben, er bleibt lächerlich, er bleibt

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