Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
an.
„Können Sie die Zusammenhänge erkennen?“ fragte er.
„Ich glaube schon“, meinte Eachan. „Aber vergessen Sie nicht, daß ich im letzten halben Jahr mit Ihnen unter einem Dach gelebt habe – und daß ich die meisten Schemata Ihres Handbuches bereits kenne.“
Er streckte die Hand nach der Karaffe aus, die hinter einer Reihe von Gläsern auf einem kleinen Tisch neben seinem Sessel stand und schenkte sich nachdenklich etwas Whisky ein.
„Ich würde nicht zu bald zuviel erwarten“, sagte er, während er an seinem Glas nippte, „alle Militärs sind nämlich ein bißchen konservativ. Das liegt in unserer Natur. Aber sie werden sich durchbeißen, Cletus. Es wird sich zeigen, daß Dorsai mehr ist als nur ein Name.“
Eachan sollte recht behalten. Als das Trainingsprogramm der Offiziere eine Woche später begann, kannten alle, die an jenem Abend mit Cletus im Wohnzimmer gewesen waren, ihr Handbuch auswendig – sofern sie nicht schon instinktiv mit dem Inhalt vertraut waren. Cletus teilte die Auszubildenden in Zehnergruppen unter seinen sechs Ausbildern auf, und das Training begann.
Cletus reservierte sich die Gruppe, die schlicht als „Lockerungsgruppe“ bezeichnet wurde. In dieser Gruppe sollte den Offizieren beigebracht werden, jene besonderen Energiequellen so anzuzapfen, wie er es ihnen im Stadium von Foralie demonstriert hatte, nachdem er seine normalen Energiereserven durch seinen Parforcelauf bis zur Neige ausgeschöpft hatte. Seine erste Klasse bestand aus den sechs Offizieren, die seinerzeit im Wohnzimmer gewesen waren. Auch Eachan gehörte dazu, obwohl er mehr als nur eine Ahnung von dieser Technik hatte. Während der letzten Monate hatte Cletus ihm und Melissa Privatunterricht in dieser Disziplin erteilt, wobei beide beachtliche Ergebnisse erzielten. Eachan hatte jedoch vorgeschlagen – und Cletus fand den Vorschlag gut –, in die Klasse aufgenommen zu werden, seiner Meinung nach ein gutes Beispiel für die anderen, daß außer Cletus auch andere außergewöhnliche Fälligkeiten erwerben und ungewöhnliche physiologische Ergebnisse erzielen konnten.
Cletus begann seinen Vortrag kurz vor dem Mittagessen, nachdem seine Schüler das physische Training des ganzen Tages absolviert hatten, ein Programm, das aus Übungen im Klettergerüst sowie aus Laufen und Schwimmen bestand. Sie waren durch die körperliche Anstrengung etwas erschöpft und hatten seit dem Frühstück auch nichts mehr zu sich genommen, befanden sich also in einem Zustand, wo die Aufnahmefähigkeit ihren Höhepunkt erreicht.
Cletus stellte sie hinter einer langen Stahlstange in Reih und Glied auf. Die Stange ruhte in Schulterhöhe auf zwei Pfosten.
„Schön“, sagte er. „Stellen Sie sich auf Ihr rechtes Bein, und heben Sie das linke Bein hoch. Sie können mit der Fingerspitze die Stange berühren, um das Gleichgewicht zu halten, aber Sie dürfen das linke Bein erst wieder zu Hilfe nehmen, wenn ich es Ihnen sage.“
Man folgte seiner Aufforderung. Zunächst war die Situation etwas lächerlich, und so manches verlegene oder spöttische Lächeln kam auf, bis dann das Standbein zu erlahmen begann. Als die Muskelspannung schmerzlich zu werden begann, befahl Cletus, das Bein zu wechseln und das Gewicht zu verlagern, bis die Beinmuskeln unter ihrem Körpergewicht zu zittern begannen. Dann wurde das Standbein wieder gewechselt, rechts, links, rechts, links, in immer kürzeren Abständen, dem Ermüdungsgrad der Beinmuskel entsprechend. Nach kurzer Zeit schon standen ein paar schwankende Gestalten vor ihm, die aussahen wie Rekonvaleszenten, die lange Zeit bettlägerig
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