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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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du Schwachkopf!« – »Warum schickt die Königin nicht schon längst ein gut ausgerüstetes Fünfhunderterregiment in Schwarzwachsrüstungen dort rauf, holt unsere Leute raus und macht reinen Tisch?« – »Weil sie im Osten mit Furbus und Chlayst und im Westen mit Wandry und Skerb alle Hände voll zu tun hat, du Schwachkopf!« – »Ach, sind da etwa auch Soldaten abgeschnitten? Gibt es da Magier, die nicht mehr zurückfinden, ja?« – »Wer weiß, wo es überall Magier gibt, die nicht mehr zurückfinden …« – »Ich höre immer Magier, Magier, Magier! Eine schöne Scheiße haben die Magier uns genützt! Eine schöne Scheiße!« – »Das heißt: eine Schöne scheißen, du Schwachkopf!« – »Halt doch endlich mal dein Maul!« – »Ich bin ja der Meinung«, meldete Leutnant Sells sich zu Wort, mit bereits auffällig schwerer Zunge, »dass der Affenmenschenfeldzug überhaupt kein Fehlschlag war.«
    »Überhaupt kein Fehlschlag?«, begehrte sofort einer aus der Ersten auf. »Wisst Ihr denn überhaupt, was Ihr da redet, Leutnant? Wir haben mehr als tausend Mann verloren, und wir finden da oben pausenlos Leichen und Spuren von armen, verwirrten Seelen!«
    Leutnant Sells hob bedeutungsvoll einen Finger. »Ja, aber wissen wir denn, was das Ziel des Feldzugs war? Vielleicht bestand das Ziel darin, da oben am Skorpionshügel ein Feuer zu entzünden, das niemals verlöscht! Und, warst du schon mal am Skorpionshügel , mein Junge? Seid ihr schon so weit raufgeritten bei euren tollen Rettungsmissionen? Nein, seid ihr nicht! Da brennt etwas, man kann es spüren, wenn die Sonne sinkt, und das hat hingehauen, das hat ganz und gar geklappt. Und noch etwas. Noch etwas, meine Herren!« Leutnant Hobock versuchte, Leutnant Sells wieder auf den Stuhl zurückzuziehen, doch Leutnant Sells riss sich los. »Die Magier sind alle tot. Das ist gut, oder etwa nicht?«
    »Was willst du damit sagen, Teny?«, fragte Fenna, ebenfalls lallend.
    »Na, nu, die Königin hat fünfzig Magier zusammengetrommelt, aus allen Himmelsrichtungen und Höhenlagen. Fünfzig von denen! Was für eine Ansammlung an Macht. Und die sind jetzt alle tot. Was, wenn das der Plan war? Eine groß angelegte Magiervernichtungsaktion.«
    »Aber warum denn bloß? Die Magier waren doch auf unserer Seite«, zweifelte einer der Soldaten der Ersten.
    »Warum denn bloß?«, äffte Sells ihn nach. »Weil Magier eine Gefahr sind! Eine Gefahr für uns alle! Wer weiß denn, wie es bei denen im Oberstübchen aussieht? Welchen Hass oder welche Verachtung sie mit sich herumtragen für uns Normalsterbliche? Ich sage: Traue keinem Magier! Ich hab mal einen gesehen, der konnte ein Blatt Papier zusammenknüllen, ohne sich überhaupt im selben Raum aufzuhalten wie das Blatt Papier. He, wie soll man so einem trauen können, he? Wie?«
    Die Diskussion ging noch lange weiter, wurde aber zunehmend zusammenhangsloser. Irgendwann stimmte man gemeinsam ein grölendes Lied an – Unter dem Flieder sehen wir uns wieder –, dann brach erneut Zank aus, man schubste sich sogar, dann erzählte einer einen Witz – Kommt ein Untergrundmensch zum Oberst –, und alles lachte wiehernd durcheinander.
    Leutnant Loa Gyffs hörte sich aufmerksam alles an und machte sich in Gedanken Notizen. Hauptmann Gollberg und der Oberst waren nirgendwo zu sehen; sie tranken, wenn überhaupt, in Jenkos Büro. Von den Soldaten der Dritten Kompanie rührten nur zwei keinen Alkohol an: Gerris Resea, der düster um sich schaute und dabei auch viermal den Blick mit Gyffs kreuzte, und Ildeon Ekhanner, der von Tag zu Tag mehr in seinem Glauben aufging, bei jeder sich bietenden Gelegenheit betete und für sich selbst Fastenregeln aufstellte, die ihm wahrscheinlich auch das Trinken untersagten.
    Gyffs musste Fenna stützen, damit dieser überhaupt in ihre gemeinsame Unterkunft zurückfand. Mitten auf dem Hof hatte Fenna die Idee, ein Tänzchen mit ihr wagen zu wollen, doch es gab nirgends Musik, also konnte sie ihm diesen Blödsinn ausreden. Sie brachte ihn ins Bett, zurrte die Vorhänge besonders fest zu, lauschte seinem Geschnarche, das in sich dermaßen unruhig war, dass jeder Atemzug anders klang als der vorhergehende, und lag noch die halbe Nacht wach, in Gedanken bei Uderun und dem gestrengen Reitlehrer, der nur zu ihr immer auffallend nett gewesen war.

2

    Drei Tage vor dem großen Ereignis begann die Festung Carlyr sich herauszuputzen.
    Die Mauern und Gebäude wurden geschrubbt, der Hof gefegt, die Fenster gewaschen,

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