Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
Ladens, klopft mit den Fingerknöcheln auf den Schreibtisch, lässt den Blick über die kleinen Regale und dann hinauf zu den Ladenhütern schweifen. Er seufzt leise. Irgendwas ist im Busch.
»An diesem Tag, mein Junge«, sagt er schließlich, »habe ich die Buchhandlung übernommen, heute vor einunddreißig Jahren.«
Vor einunddreißig Jahren. Penumbra sitzt schon länger an diesem Schreibtisch, als ich auf der Welt bin. Mir wird bewusst, wie fremd ich hier noch bin – was für ein flüchtiger Neuzugang.
»Aber es sind noch einmal elf Jahre vergangen«, fügt er hinzu, »bis ich den Namen auf dem Schaufenster ersetzt habe.«
»Wessen Name stand denn da vorher?«
»Al-Asmari. Er war mein Mentor und über viele Jahre mein Arbeitgeber. Mohammad Al-Asmari. Ich fand immer, dass sich sein Name auf den Scheiben besser macht. Das finde ich heute noch.«
»Penumbra sieht gut aus«, sage ich. »Geheimnisvoll.«
Darüber muss er schmunzeln. »Als ich den Namen änderte, glaubte ich, dass ich auch den Laden ändern würde. Aber groß verändert hat er sich gar nicht.«
»Warum nicht?«
»Ach, aus mehreren Gründen, positiven wie negativen. Es hat ein wenig mit unserer Finanzierung zu tun … und ich war faul. In der ersten Zeit habe ich mehr gelesen. Ich habe nach neuen Büchern Ausschau gehalten. Aber offenbar habe ich mich inzwischen auf meine Lieblingsbücher beschränkt.«
Da wir gerade davon rede n … »Vielleicht sollten Sie überle gen, etwas mehr gängige Sachen dazuzunehmen«, schlage ich vorsichtig vor. »Unabhängige Buchläden sind gefragt, und viele Leute wissen nicht einmal, dass es uns gibt, aber wenn sie uns entdecken, finden sie keine große Auswahl vor. Ich meine, ein paar von meinen Freunden waren da, um sich mal umzugucken, und … wir haben einfach nichts da, was sie kaufen würden.«
»Ich wusste nicht, dass Leute in deinem Alter noch Bücher kaufen«, sagt Penumbra. Er hebt eine Augenbraue. »Mein Eindruck war, dass sie alles auf ihren Handys lesen.«
»Nicht alle. Es gibt genügend Leute, die, wissen Sie – Leute, die immer noch den Geruch von Büchern mögen.«
»Den Geruch!«, wiederholt Penumbra. »Sobald die Leute anfangen, über den Geruch zu reden, weiß man, dass man passé ist.« Darüber muss er lachen – dann fällt ihm etwas ein und er schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Ich nehme einmal an, du besitzt keinen … Kindle?«
Auweia. Ich komme mir vor, als hätte mich der Schuldirek tor gefragt, ob ich Marihuana im Rucksack habe. Aber auf nette Art, als würde er gern was davon abhaben. Wie der Zufall es will, habe ich meinen Kindle dabei. Ich hole ihn aus meiner Kuriertasche hervor. Er ist ein bisschen lädiert, mit langen Kratzern auf der Rückseite und vereinzelten Kulistrichen am unteren Bildschirmrand.
Penumbra nimmt ihn in die Hand, hält ihn hoch und runzelt die Stirn. Nichts passiert. Ich fasse hin und drücke auf die Ecke, und er erwacht zum Leben. Penumbra atmet tief ein, und das blasse graue Rechteck spiegelt sich in seinen strahlend blauen Augen.
»Erstaunlich«, sagt er. »Wenn man bedenkt, dass mich bereits diese Sorte Zauberspiegel« – er schaut zum MacPlus hinüber – »beeindruckt hat.«
Ich gehe auf die Einstellungsoptionen des Kindle und vergrößere die Schrift ein bisschen.
»Eine sehr schöne Typografie«, sagt Penumbra und betrachtet sie näher, hält die Brille dicht vor den Kindle-Bildschirm. »Ich kenne diese Schriftart.«
»Ja«, sage ich. »Das ist die voreingestellte.« Ich mag sie auch.
»Sie ist ein Klassiker. Sie heißt Gerritszoon.« Er hält einen Moment inne. »Es ist dieselbe wie auf unserem Schaufenster. Geht diesem Gerät nicht irgendwann der Strom aus?« Er schüttelt den Kindle leicht.
»Die Batterie soll angeblich zwei Monate halten. Meine nicht.«
»Na, wenigstens etwas.« Penumbra seufzt und gibt ihn mir zurück. »Wenigstens benötigen unsere Bücher keine Batterien. Aber ich bin kein Narr. Das ist nur ein hauchdünner Vorsprung. Darum schätze ich, es ist eine gute Sache, dass wir« – hier zwinkert er mir zu – »einen so großzügigen Mäzen haben.«
Ich stopfe den Kindle wieder in meine Tasche. Ich will mich nicht geschlagen geben. »Ehrlich, Mr. Penumbra, wenn wir nur ein paar mehr von den populären Büchern anbieten könnten, wären die Leute von diesem Laden begeistert. Er würde …« Ich verstumme, beschließe aber dann, die Wahrheit zu sagen: »Er würde mehr Spaß machen.«
Er kratzt
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