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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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ein dickes Glas mit irgendeiner goldgelben Flüssigkeit in der Hand und schaut gedankenverloren vor sich hin. In dieser Umgebung fällt er aus dem Rahmen: um etliche Jahrzehnte älter als alle anderen in der Lobby, die Schädeldecke ein blasser Leuchtturm im sorgfältig dosierten Schummerlicht.
    Ich sitze allein auf einem der niedrigen Sofas, stiere auf meinen Laptop und frage mich, wo wir einen Laserschneider herbekommen sollen. Neels Freund Andrei hat uns auf zwei verschiedene Hacker-Treffpunkte hingewiesen, aber an nur einem gibt es einen Laserschneider, und der ist auf Wochen ausgebucht. Alle schrauben irgendwas zusammen.
    Mir fällt ein, dass vielleicht Mat Mittelbrand hier irgendwo jemanden kennen könnte. Es muss doch in dieser Stadt einen Laden für Spezialeffekte geben, der das Werkzeug führt, das wir brauchen. Ich tippe ein Notsignal in mein Handy:
    Brauche ASAP laserschneider in new york. Weißt du was?
    Siebenunddreißig Sekunden vergehen, bis Mat zurücktextet:
    Frag grumble.
    Natürlich. Ich habe Monate damit verbracht, in der Piraten bibliothek herumzusurfen, aber nie etwas gepostet. Grumbles Website hat ein lebhaftes Forum, wo Leute bestimmte E-Books haben wollen und sich hinterher über die schlechte Qualität beschweren. Es gibt auch ein technisches Subforum, wo man sich über den täglichen Kleinkram der Buchdigitalisierung austauscht und wo Grumble selbst auftaucht und Fragen kurz, knapp, präzise und grundsätzlich in Kleinbuchstaben beantwortet. An dieses Subforum werde ich mich Rat suchend wenden:
    Hallo, Leute. Ich bin ein stummes Mitglied der Grumblematrix und mache jetzt zum ersten Mal den Mund auf. Ich bin heute Abend in New York und brauche einen Epilog-Laserschneider (oder einen in der Art), wie er in der Bauanleitung für den GrumbleGear 3000 beschrieben wird. Ich muss ASAP einen heimlichen Scan durchführen, und zwar von einem der wichtigsten Werke in der Geschichte des Buchdrucks. Mit anderen Worten: wahrscheinlich größer als Potter. Kann jemand helfen?
    Ich hole Luft, checke den Text dreimal auf Tippfehler und schicke ihn ab. Ich hoffe, dass die Piratenpatrouille der Festina Lente Company nicht mitliest.
    Die Zimmer im Northbridge sind den weißen Containern auf dem Google-Campus ziemlich ähnlich: lang und kastenförmig, mit Wasser-, Strom- und Internetanschlüssen. Es gibt auch schmale Betten, aber diese stellen eindeutig ein widerwilliges Zugeständnis an die Schwächen der Wetware dar.
    Kat hockt im Schneidersitz auf dem Fußboden über ihren Laptop gebeugt, in Unterhosen und ihrem roten T-Shirt. Ich sitze mit meinem Kindle über ihr auf der Bettkante, stecke in ihrem USB -Port – nein, nichts Anzügliches – und lese zum vierten Mal die Drachenlied-Chroniken . Nach der Enttäuschung über das PM ist sie jetzt endlich wieder besserer Stimmung; sie dreht sich zu mir um und sagt: »Das ist echt aufregend. Ich fass es nicht, dass ich noch nie etwas von Aldus Manutius gehört habe.« Auf ihrem Bildschirm ist sein Wikipedia-Eintrag geöffnet. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck bei ihr – genauso sieht sie aus, wenn sie über Singularität spricht. »Ich dachte immer, der Schlüssel zur Unsterblichkeit ist, dass kleine Roboter irgendwas in unser Gehirn montieren«, sagt sie. »Nicht Bücher.«
    Ich will ehrlich sein: »Ich bin mir nicht sicher, ob Bücher der Schlüssel zu irgendetwas sein können. Ich meine, jetzt mal ehrlich. Das ist eine Sekte. Echt.« Sie runzelt die Stirn. »Aber ein verlorenes Buch, das von Aldus Manutius persönlich geschrieben wurde, ist in jedem Fall immer noch ziemlich wichtig. Danach können wir Mr. Penumbra nach Kalifornien zurückholen. Wir führen den Laden allein weiter. Ich habe auch schon eine Geschäftsidee.«
    Kat nimmt nichts davon auf. Sie sagt: »Es gibt da in Mountain View ein Team – wir sollten denen von der Sache hier erzählen. Es nennt sich Google Forever. Sie arbeiten an lebens verlängernden Maßnahmen. Krebstherapien, Organerneuerung, DNA -Reparatur.«
    Langsam wird es albern. »Und hin und wieder ein bisschen Kryotechnik?«
    Sie schaut trotzig zu mir hoch. »Sie wollen damit an die Börse.« Ich fahre ihr mit den Fingern durchs Haar, das noch nass vom Duschen ist. Sie riecht nach Zitrus.
    »Ich versteh das einfach nicht«, sagt sie und verdreht den Hals, um zu mir hochzuschauen. »Wie hältst du das aus, dass unser Leben so kurz ist? Es ist so kurz, Clay.«
    Offen gestanden hat mein Leben viele merkwürdige und mitunter

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