Die Sphaeren
zurückgewichen, als titanische Gewalten sein eigenes Fundament fortwuschen. Er hinterließ eine zweihundert Meter tiefe und – als Djan den Wasserfall zum ersten Mal gesehen hatte – vierhundert Kilometer lange Schlucht.
Ihr schnelles Wachstum ging auf die Schichtung des Lands zurück. Die oberen Gesteinsformationen am Rand des Falls bestanden aus Sandstein, der sich leicht löste. Die Schicht darunter war kein fester Fels, sondern eher zusammengepresster Schlamm von einigen Überflutungen vor Hunderten vor Jahrmillionen. In einem stärkeren Gravitationsfeld hätte sich der Schlamm in Gestein verwandelt; auf Sursamen blieb ein Teil davon so weich, dass eine menschliche Hand ihn zerbröckeln konnte.
Der ganze Katarakt wurde als Hyeng-zhar bezeichnet. Diesen Namen trug er, seit der Fluss vor etwas sechstausend Jahren damit begonnen hatte, sein Wasser ins Untere Sulpinmeer fallen zu lassen; und so hieß er noch immer, obwohl sich der Komplex aus Wasserfällen inzwischen vierhundert
Kilometer weit von der ursprünglichen Position entfernt hatte. Den einstigen Namen der Stadt kannte niemand. Ein Kataklysmus hatte ihre Bewohner vor vielen Jahrmillionen ausgelöscht, und anschließend war die ganze Ebene für weitere Jahrmillionen unbewohnt gewesen, bis die Deldeyn sie nicht ohne Bangen neu kolonisiert hatten.
Sie hatten nichts von der Stadt gewusst, erst recht nicht ihren Namen. Die Oct, Nariscene und Morthanveld, selbst die angeblich fast allwissenden Ahnenzivilisationen der Galaxis – sie alle schienen ebenfalls ahnungslos zu sein. Es war alles vor langer Zeit gewesen, und unter früheren Eigentümern; es fiel in den Verantwortungsbereich des vorherigen Managements und war ein bedauerliches Problem, das mit den letzten, verstorbenen Mietern in Zusammenhang stand. Die einzige Sache, über die alle Bescheid wussten: Der Namen der Stadt lautete gewiss nicht Hyeng-zhar.
Das Ergebnis bestand darin, dass man die Stadt »Namenlose Stadt« nannte. Was natürlich bedeutete, dass ihr Name einen Widerspruch in sich darstellte.
Der Wasserfall beziehungsweise die Wasserfälle galten allein wegen ihrer Größe seit Jahrtausenden als ein Wunder von Sursamen und waren selbst auf den Ebenen der großen Welt berühmt, deren Bewohner sie nie direkt sehen würden. Trotzdem: Die prominentesten, wichtigsten oder einfach nur reichsten Vertreter der Milane von der Zwölften, Naiant-Ranken von der Elften, Vesikulären von der Zehnten, Röhrler und Hydralen von der Vierten – gelegentlich nahmen sie die Beschwernisse der Reise auf sich und kamen nach Hyeng-zhar. Die Oct oder Aultridia transportierten sie durch die Türme nach oben oder unten, oder brachten sie zu anderen
Türmen, bis hin zur Neunten. Die meisten Individuen trugen Schutzanzüge, und sie alle starrten durch Scheiben, Schirme oder andere Schutzvorrichtungen auf die donnernde Erhabenheit des weltbekannten Katarakts.
Als die Fälle den Rand der verborgenen Stadt freilegten – fast hundert Jahre vor Djan Seriys Besuch -, breitete sich die Kunde vom Katarakt noch weiter aus und bekam etwas Geheimnisvolles. Die nach und nach entdeckte Metropole war keine kleine Siedlung von Primitiven, sondern riesig – wie sich herausstellte, als die Fluten der Wasserfälle immer mehr von ihr zum Vorschein brachten -, und ihre Bewohner mussten damals einen sehr hohen Entwicklungsstand erreicht haben. Es mochte sich um Ruinen handeln, doch sie enthielten Schätze. Der größte Teil davon war konventioneller Art: wertvolle Metalle und Steine, die auf einer Schalenwelt ohne Plattentektonik und Krustenrecycling kaum natürlich vorkamen. Aber es gab auch Gegenstände aus exotischem Material, das zum Beispiel genutzt werden konnte, um Klingen und Maschinenteile mit bis dahin nicht gekannter Schärfe oder Härte herzustellen, und seltsame Objekte, die man für Kunst hielt.
Die Substanz, aus der die Gebäude bestanden, wies Eigenschaften auf, die von den Entdeckern der Stadt auf der Neunten bis dahin für unmöglich gehalten worden waren. Holme, Balken und Verkleidungen konnten für den Bau von Brücken mit enormer Tragfähigkeit und erstaunlich geringem Gewicht verwendet werden. Das Hauptproblem für jene, die das extravagante Material benutzten, bestand darin, dass es oft nicht die passende Größe oder Form hatte, und ein Zurechtschneiden war in den meisten Fällen unmöglich.
Intakt oder halb verfallen: Die Gebäude enthielten häufig sonderbare Artefakte und manchmal nützliche Dinge, aber
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