Die Sphaeren
Rand mit Bier füllte. Seine Freunde grölten, lachten und riefen Schmähungen. Helles Sonnenlicht von Pentrls erster Bahn seit dem Tod des Königs fiel durch hohe Fenster ins verqualmte Innere der Taverne »Des Vergolders Klage«.
Oramen lächelte, als er das Geschehen beobachtete. Sie hatten den größten Teil des Tages an diesem Ort verbracht. Zum neuesten Spiel gehörten Bier, Stöcke, die Emporen zu beiden Seiten des Schankraums und zwei Kellnerinnen. Wer dran war, musste auf einer Seite unter der Empore Aufstellung
beziehen, während eine Kellnerin einen Krug mit Bier füllte. Dann musste der Bursche zur anderen Seite des Raums gehen, mit dem Krug auf dem Stock, der auf seinem Kinn ruhte – damit die Bedienstete auf der anderen Seite den Krug nehmen und ihn den durstigen Gästen bringen konnte.
Es war nicht einfacher, als es klang, und die meisten Männer hatten inzwischen Bier verschüttet, etliche von ihnen so viel, dass sie die völlig durchnässten Hemden ausgezogen hatten und bis zur Taille nackt waren. Sie benutzten Krüge aus abgedichtetem Leder und nicht aus Keramik oder Glas – damit es nicht so wehtat, wenn man sie auf den Kopf bekam. Das Spiel wurde umso schwieriger, je mehr Bier auf den Holzboden und die Spieler platschte. Etwa zwanzig Männer gehörten zu der Gruppe, unter ihnen Oramen und Tove Lomma. Rauch und Gelächter lagen in der Luft, der Geruch von verschüttetem Bier und frecher Spott.
Tohonlo, Ältester der Anwesenden und nach Oramen derjenige, der den höchsten Rang bekleidete, entfernte sich langsam von der Empore und schlich durch den Raum, während der Krug auf dem Stock wackelte und sich drehte. Etwas Bier schwappte über den Rand und auf seine Stirn. Die anderen Männer brüllten und stampften mit den Füßen, aber Tohonlo blinzelte, wischte sich das Bier aus den Augen, brachte den Krug wieder ins Gleichgewicht und setzte den Weg fort. Das Füßestampfen wurde lauter und für einen Moment auch gleichmäßiger.
Tohonlo näherte sich der Empore auf der anderen Seite, wo eine gut gebaute Kellnerin mit ausgestreckter Hand darauf wartete, den Krug entgegenzunehmen. Die weiter unten
stehenden Männer machten keinen Hehl daraus, wie sehr sie sie bewunderten.
»Na los, Toho, kipp’s ihr auf die Titten!«
Der Krug wackelte der ausgestreckten Hand entgegen, und schließlich bekam sie ihn zu fassen und hob ihn mit einem leisen Quieken, als das zusätzliche Gewicht sie fast über die Brüstung der Empore gezogen hätte. Die Männer jubelten. Tohonlo zog das Kinn zurück und ließ den Stock fallen. Er nahm ihn an einem Ende, hielt ihn wie ein Schwert und stieß damit nach den Männern, die während seines schwierigen Wegs durch den Schankraum am lautesten gewesen waren. Die Betreffenden wichen zurück und heuchelten Furcht.
»Oramen!«, sagte Tove, klopfte ihm auf den Rücken und stellte zwei volle Krüge so schwungvoll auf den Tisch, dass Bier überschwappte. »Du solltest es auch einmal versuchen!«
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich keinen neuen möchte«, erwiderte Oramen, hob seinen bisherigen Krug und schwenkte ihn vor Toves glühendem Gesicht.
Tove beugte sich näher. »Was?« Es war sehr laut.
»Schon gut.« Oramen zuckte mit den Schultern. Er schob den alten, noch nicht leeren Krug beiseite und nahm einen Schluck aus dem neuen.
»Du solltest es versuchen!«, rief Tove, als sich ein weiterer Mann den Balancierstock aufs Kinn setzte und darauf wartete, dass die Kellnerin den gefüllten Lederkrug brachte. Unterdessen bekam Tohonlo von der zweiten Bediensteten den Krug, den er zur anderen Empore getragen hatte. Anschließend kehrte die üppige Frau nach oben zurück und wich geschickt
den meisten Klapsen aus, die ihrem Allerwertesten galten.
»Du solltest es versuchen!«, wiederholte Tove. »Na los! Versuch’s selbst einmal. Na los!«
»Ich würde nass.«
»Was?«
»Nass!«, rief Oramen, um sich im Lärm verständlich zu machen. Die Burschen klatschten in die Hände und stampften erneut mit den Füßen.
»Natürlich ist es nass! Darum geht’s ja gerade!«
»Ich hätte ein älteres Hemd anziehen sollen.«
»Du hast nicht genug Spaß!«, sagte Tove und beugte sich so nahe heran, dass Oramen seinen Atem roch.
»Habe ich das nicht?«
»Du gehst nicht so oft aus, wie du solltest, Prinz!«
»Im Ernst?«
»Ich kriege dich kaum zu Gesicht! Wann sind wir zum letzten Mal in einem Hurenhaus gewesen, verdammt?«
»Es ist eine Weile her, das muss ich zugeben.«
»Du hast
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