Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
nie Leichen, Fossilien oder Gräber.
    Die Stadt wuchs, immer weiter vom Wasser aus dem Gestein gewaschen, und schließlich reichte das Ruinenfeld auf beiden Seiten über die Breite der Fälle hinaus – der Katarakt war derzeit über sieben Kilometer breit, und der Durchmesser der Stadt musste noch größer sein.
    Ihre Gebäude ließen sich in Hunderte von verschiedenen Kategorien unterteilen, was manche zum Anlass für die Vermutung nahmen, dass mehrere – wahrscheinlich sogar viele – unterschiedliche Spezies in ihr gelebt hatten. Türen und Räume, ja ganze Häuser wiesen verschiedene Formen auf. In manchen Fällen hatten Fundamente sonderbare Strukturen und reichten tief ins Felsgestein der Schlucht, bis hin zum Basismaterial der Schalenwelt, achtzig Meter tiefer. Diese wenigen Gebäude standen selbst dann noch, als der gewaltige Wasserfall sie freigelegt und sich dann zurückgezogen hatte. Wie riesige, kantige Inseln standen sie da und ragten weit über die Arme des Flusses auf, durch die das Wasser des Katarakts in Richtung Unteres Meer strömte.
    Bei einigen Kriegen unter den menschlichen Bewohnern der Neunten ging es um die Kontrolle über den Wasserfall und die Schätze der alten Stadt. Die Oct hatten sich zum Eingreifen genötigt gesehen und einen Frieden vermittelt, der seit einigen Jahrzehnten andauerte. Die Sarl und einige andere Völker der Achten, denen die Oct Reisen in die betreffenden Region der Neunten gestatteten, hatten eine nur periphere Rolle in manchen der Kriege gespielt und eine größere beim Frieden. Sie waren dabei als ehrliche Mittler aufgetreten,
die relativ neutrale Verwaltungs- und Kontrollquoten verteilten.
    Bis dahin war der Ruhm des Katarakts so sehr gewachsen, dass selbst die Nariscene Interesse zeigten und das ganze Gebiet zum »Ort Außergewöhnlicher Rarität« erklärten. Damit drückten sie dem vereinbarten Frieden praktisch den Stempel ihrer Zustimmung auf und verpflichteten die Oct, ihn sichern zu helfen, zumindest im Rahmen des allgemeinen Schalenwelt-Mandats, nach dem die Bewohner jeder Ebene die Möglichkeit haben sollten, ungehindert ihr manchmal sonderbares und oft gewaltsames Leben zu führen.
    Die Deldeyn hatten andere Ideen. Sie hatten erfolgreich ferne Kriege geführt, die nicht direkt mit Hyeng-zhar in Zusammenhang gebracht wurden, und sie sahen eine Gelegenheit, die zu gut war, um sie nicht zu nutzen. Außerdem wussten sie sonst nichts anzufangen mit den großen Heeren, die sie im Verlauf ihrer Feldzüge aufgebaut hatten. Sie annektierten die neutrale Zone beim Wasserfall, verjagten Administratoren und Polizei der anderen Völker und gingen obendrein gegen alle vor, die zu laut protestierten, wozu auch die Sarl gehörten. Bei einem Angriff auf den letzten Außenposten der Sarl in der Neunten, am Fuße des Peremethianischen Turms – die Deldeyn hielten ihren Vorstoß für eine kleine Strafaktion, mit der sie zeigen wollten, wer jetzt das Sagen hatte -, kam Elime ums Leben, König Hausks ältester Sohn. So begann der Krieg zwischen den Deldeyn und den Sarl, der Krieg zwischen den Ebenen.
     
    Anaplian erwachte sanft aus ihrem Traum vom Katarakt und kehrte ungewöhnlich langsam zu vollem Bewusstsein zurück.
Wie seltsam, nach so langer Zeit von Hyeng-zhar zu träumen. Sie wusste nicht, wann sie zum letzten Mal davon geträumt hatte, und entschied sich, nicht ihre neurale Borte für entsprechende Nachforschungen zu verwenden, um das genaue Datum zu erfahren. (Vermutlich hätte sie auch erfahren, was sie am Abend zuvor gegessen hatte, wie die Möbel im betreffenden Schlafzimmer aufgestellt gewesen waren und wer ihr eventuell Gesellschaft geleistet hatte.)
    Sie sah über das große Bauschbett. Ein junger Mann namens Geltry Skiltz lag zusammengerollt und tief schlafend neben ihr, nackt inmitten der langsam kreisenden Stoffbahnen und Dinge, die wie große, trockene Schneeflocken aussahen. Anaplian beobachtete, wie einige der Flocken an seinem immer noch reizvollen, wenn auch schlaffen Gesicht vorbeischwebten – jede von ihnen mied einen Kontakt mit Mund und Nase. Sie dachte erneut an den Traum, und durch den Traum an die Realität ihres ersten Besuchs beim Katarakt.
    Nach Jahren des Bettelns war sie noch einmal dort gewesen, weniger als ein Jahr vor Elimes Tod und dem Beginn des neuen Krieges, der sich jetzt vielleicht dem Ende näherte. Sie war vermutlich noch ein Mädchen gewesen, obwohl sie sich für eine reife junge Frau gehalten hatte, davon überzeugt, dass der

Weitere Kostenlose Bücher