Die Sphaeren
Hemd, am beruhigenden Griff der Waffe. Jetzt zog er die Pistole hervor, entsicherte sie mit der anderen Hand, wie er es so oft in seinem Schlafzimmer geübt hatte, richtete sie auf das Gesicht des Messerstechers und drückte ab.
Ein kleines Loch entstand in der Stirn des Mannes, und etwas
Blut spritzte daraus hervor. Das Haar am Hinterkopf tanzte nach oben, und ein rosaroter Sprühnebel bildete sich, wie beim Husten eines Schwindsüchtigen. Er fiel zurück, als würde er an einer Halskette gezogen, wie ein angreifendes Tier, das das Ende seiner Leine erreichte. Er fiel und landete auf dem Rücken, starrte aus glasigen Augen zum Himmel hoch. Der andere Mann zuckte beim unglaublich lauten Knall der Pistole zusammen und zögerte, wich vielleicht sogar einen halben Schritt zurück. Es genügte. Oramen richtete die Waffe auf ihn, schoss erneut und traf ihn, weil er etwas weiter entfernt war, in die Brust. Der Bursche fiel ebenfalls zurück und blieb auf dem strohbedeckten, unebenen Steinboden des Tavernenhofes sitzen.
Nach den beiden Schüssen dröhnte es in Oramens Ohren.
Tove bewegte sich kaum mehr. Große Mengen Blut strömten aus der Bauchwunde und bildeten rechteckige Muster auf dem Boden, da es sich in den Fugen zwischen den Pflastersteinen sammelte. Der erste Mann lag auf dem Rücken, völlig reglos, den Blick gen Himmel gerichtet. Der zweite saß mit ausgestreckten Beinen da, den Dolch auf dem Boden an seiner Seite, beide Hände zu der kleinen Wunde in der Brust gehoben, den Blick auf das Pflaster gerichtet. Er schien einen Schluckauf zu haben. Oramen wusste nicht, was er tun sollte. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, trat vor und schoss dem zweiten Mann in den Kopf. Er fiel wie jemand, der sich zurückwarf, als wäre die Schwerkraft allein nicht genug. Das Dröhnen in Oramens Ohren war noch immer so laut, dass er den dritten Knall kaum hörte.
Niemand sonst befand sich in der Nähe. Oramen setzte sich ebenfalls, um nicht zu fallen – die Beine gaben unter
ihm nach. Nach all dem Lärm erschien ihm der Hof sonderbar still.
»Tove?«, fragte er.
Tove regte sich nicht mehr. Die rechteckigen Muster auf dem Boden wuchsen weiter und näherten sich Oramens Füßen. Er zog sie zurück und schauderte. Irgendwo donnerte es, und er vermutete, dass das Geräusch von der Schlägerei in der Taverne kam.
»Tove?«, fragte er erneut. Es war erstaunlich kalt auf dem im Sonnenschein liegenden Hof.
Schließlich eilten Leute herbei.
Die Deldeyn hatten in ihrem Land eine Serie von Kanälen und breiten, mit Wasser gefüllten Gräben ausgehoben, um die Bodentruppen der Sarl aufzuhalten. Da die Sarl aus einer unerwarteten Richtung kamen, lag nur ein solches Hindernis in ihrem Weg. Nach dem Verlassen der Nacht beim Illsipinischen Turm hatten sie bereits einen Vorstoß von Jägern und Grenadieren zurückgeschlagen, die mit Caude und Lyge gekommen waren. Gut formiert hatten sie angegriffen und schließlich fliehen müssen, zumindest jene, die noch dazu imstande waren. Sie kämpften tapfer, und insbesondere die Grenadiere richteten großen Schaden an – sie brachten einen Roasoaril-Tanker zur Explosion, was zahlreiche Soldaten das Leben kostete -, aber sie wussten sich noch immer nicht gegen Bodenwaffen zu wehren, die die langsam fliegenden Tiere und ihre Reiter aus der Luft holten, wie Jäger, die einen Vogelschwarm abschossen.
Die Sarl hielten ihre eigenen Flugtruppen zurück, bis sich die Flieger der Deldeyn zur Flucht wandten. Daraufhin nahmen
die Sarl die Verfolgung auf, schossen die Fliehenden ab und führten Luftduelle, wenn die Deldeyn dumm genug waren, sich ihnen zum Kampf zu stellen. Das Heer klopfte sich den Staub von den Stiefeln und marschierte weiter, ließ dabei tote Deldeyn-Flieger und die Kadaver ihrer Tiere zurück. Tyl Loesp zählte mindestens zehn tote Feinde für jeden gefallenen Sarl.
Sie kamen an einem Haufen zerbrochener Knochen, blutiger Knorpel und ledriger Schwingen vorbei, einem toten Caude, dessen Deldeyn-Reiter noch lebte. Tyl Loesp bemerkte Bewegungen, als sie den Haufen passierten, befahl anzuhalten und ließ den schwer verletzten Krieger von seinem toten Flugross ziehen. Zwar verzichteten die Sarl dabei auf absichtliche Grobheit, aber der Mann stieß trotzdem heisere Schmerzensschreie aus. Sie brachten ihn auf einer Bahre zum Doktor; ein Übersetzer bemühte sich, ihn nach der Moral der Deldeyn und der Größe der verbleibenden Streitkräfte zu befragen. Der Mann war ohnehin dem Ende
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