Die Sphaeren
Bündnisse, ihre Gewinne und Verluste, selbst wenn sie indirekter und seltener waren als die Kriege, Siege und Niederlagen, die den Sarl Freude und Leid bescherten. Die von den Sarl erlebten Genugtuungen und Enttäuschungen bedeuteten ihnen ebenso viel wie deren Äquivalente den Fremden, auch wenn sie weitaus kosmopolitischer und zivilisierter sein mochten.
Man lebte auf der eigenen Ebene und fand sich damit ab. Man hielt sich an die Regeln der betreffenden Ebene, und darin lag der Maßstab des eigenen Werts. Alles war relativ, und mit ihrer Ablehnung der Regeln, die ihnen die Fremden hier aufzwingen wollten – benehmt euch, akzeptiert, haltet den Kopf gesenkt und passt euch an -, konnte ein so primitives Volk wie die Sarl einen eigenen Sieg gegen die allumfassenden Komplexitäten der Galaxis erringen.
Elime war sehr aufgeregt gewesen. Der zweite Besuch an der Oberfläche bestätigte, was ihm der erste gezeigt hatte, und gab all den Dingen einen Sinn, die ihm seit Vater erklärt hatte, seit er alt genug war, um sie zu verstehen. Ferbin war sehr überrascht gewesen, denn Elime hatte es gar nicht abwarten können, zu ihrer Ebene zurückzukehren, mit einer Art zivilisatorischem Mandat: Er wollte die Arbeit seines Vaters fortsetzen und Einheit schaffen in der Achten, vielleicht sogar darüber hinaus.
Damals war in Ferbin erstes Interesse an solchen Dingen erwacht, aber seine Aufmerksamkeit hatte vor allem dem Umstand gegolten, dass Truffe, seine schöne Kusine zweiten
Grades, die ihm sehr gefiel, sich während des Besuchs auf der Oberfläche Elimes Charme hingab, noch dazu auf eine geradezu erschreckend unanständige Weise. Dies war eine Art des Eroberns, für die sich Ferbin immer mehr interessierte, und Elime hatte ihn dabei besiegt.
Sie waren zur Achten zurückgekehrt, Elime mit einem messianischen Glühen in den Augen und Ferbin mit dem melancholischen Gefühl, dass jetzt, da ihm Truffe für immer verwehrt blieb – er konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich nach seinem Bruder mit ihm zufriedengab, und er war auch gar nicht sicher, ob er sie noch wollte -, sein junges Leben praktisch schon zu Ende war. Darüber hinaus spürte er auf eine seltsame, vage Art, dass die Fremden seine eigenen Erwartungen in dem gleichen Maß verringert hatten, wie die seines Bruders Elime größer geworden waren.
Ferbin merkte, dass er während seiner Überlegungen eingeschlafen war, als er plötzlich Holses Stimme hörte. Er sah sich um. Hatte er einen Turm übersehen? Ferbin bemerkte etwas, das wie ein weiterer Turm aussah, vor ihnen und auf der rechten Seite – er wirkte seltsam hell, was an dem großen Wall aus Dunkelheit lag, der am Himmel wuchs. Ferbin fühlte überall Feuchtigkeit, ein Hinweis darauf, dass sie durch eine Wolke geflogen waren. Er erinnerte sich an den Flug unter einer langen, grauen Ansammlung aus Dampf, mit dunstigen Ranken, die wie die Kriechpflanzen eines Waldes auf allen Seiten aus ihr wuchsen.
»… Schotterwolke!«, hörte er Holse rufen.
Er sah zu der vor ihnen aufragenden Klippe aus Finsternis und begriff, dass es sich tatsächlich um eine Silse-Wolke mit
klebrigem Regen handelte – der Flug hindurch wäre sehr gefährlich und vielleicht fatal gewesen. Selbst der Caude, auf dem er ritt, schien zu ahnen, dass etwas nicht stimmte, denn er gab stöhnende, jammernde Geräusche von sich. Ferbin sah nach rechts und links. Es gab keine Möglichkeit, die große dunkle Wolke zu umfliegen, und sie ragte viel zu weit auf, als dass ein Flug darüber hinweg infrage kam. Außerdem hatte die Wolke bereits damit begonnen, ihr schmutzige Regenfracht abzuladen: Dunkle Schleier strichen unter ihr übers Land.
Sie mussten landen und warten, bis die Wolke vorbeigezogen war. Ferbin gab Holse ein Zeichen, drehte nach rechts und in die Richtung, aus der sie kamen. Er ging rasch tiefer und näherte sich einem Wald an der Flanke eines hohen Hügels, der auf drei Seiten von der Schleife eines breiten Flusses umgeben war. Erste Regentropfen trafen Ferbins Gesicht, und er roch so etwas wie Dung.
Sie landeten auf der breiten, morastigen Hügelkuppe, in unmittelbarer Nähe eines Teichs aus dunklem, brackigem Wasser. Mit schweren Schritten stapften sie durch den zähen Schlamm und führten die murrenden Caude zur Baumlinie. Dort brachten sie die Tiere dazu, einige Schösslinge niederzutrampeln, damit sie weit genug in den Wald vordringen konnten, um unter den größeren Bäumen Schutz zu finden. Der Tag verfinsterte
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