Die Sphaeren
einmal mehr – der Dampf brannte in seiner Kehle -, als er die Manschette des anderen Ärmels öffnete und am dortigen Handgelenk des Arztes ähnliche Druckstellen fand. Die Armlehnen des Stuhls waren recht breit und flach.
Er schloss die Manschette und machte sich auf den Weg zur Wache.
Die Oct verwendeten Hunderte ihrer Transferschiffe und ein halbes Dutzend Transferröhren, in weiten Bögen aneinandergereiht, wie die Zählsteine an der Schnur eines Händlers, der damit die Tagseinnahmen addierte. In der Achten füllten sie sich mit Menschen, Tieren, Maschinen, Artillerie, Wagen und Versorgungsmaterial, sanken rasch zur Neunten, gaben dort ihren Inhalt frei und kehrten schnell durch den Illsipinischen Turm nach oben zurück, um eine weitere Ladung zu holen. Trotz der Eile und des eingesetzten Transportpotenzials
nahm der Vorgang einen ganzen Langtag in Anspruch, denn bei einem so komplexen Unternehmen kam es immer wieder zu Verzögerungen. Tiere gerieten in den Transferschiffen in Panik, wollten sie nicht betreten oder nicht verlassen (insbesondere die vielen als Lasttiere verwendeten Heffter erwiesen sich als sehr empfindlich); Roasoaril-Tanker schlugen leck, was Feuergefahr bedeutete; Dampfwagen blieben liegen (einer explodierte in einem Transferschiff, was für das Schiff zwar ohne Folgen blieb, aber viele Passagiere tötete; die Oct nahmen die Einheit aus dem Transportkreislauf, um sie zu säubern). Hunderte von weiteren Un- und Zwischenfällen gesellten sich diesen Ereignissen hinzu und bewirkten, dass alles viel länger dauerte als geplant.
Regent tyl Loesp und Feldmarschall Werreber flogen mit ihren Lyge in der Nähe des matt erhellten Illsipinischen Turms und beobachteten, wie sich die riesige Streitmacht an der nur etwas helleren Sonnenseite des Turms sammelte. Zusammen mit ihrer Staffel-Eskorte landeten sie auf einem Hügel, der Ausblick auf die Ebene bot. Über ihnen flogen Späher mit Lyge und Caude am dunklen Himmel und hielten nach einem Feind Ausschau, der nichts von ihrer Präsenz an diesem Ort zu wissen schien.
Der Fixstern Oausillac hing bei Fernpol niedrig über der weiten Ebene und tauchte alles in ein düsteres rotes Licht. Tyl Loesp streifte die Flughandschuhe ab, ging zu Werreber und schüttelte ihm die Hand. »Es geht alles gut, nicht wahr, Feldmarschall?«
»Ja, das muss ich Ihnen lassen«, erwiderte der andere Mann und ließ seinen Lyge von einem Knappen fortführen. Der Atem des Tiers kondensierte in der kalten Luft.
Selbst die Luft roch hier anders, dachte tyl Loesp. Vermutlich roch die Luft in jeder Ebene anders, aber das erschien ihm wie eine taktische Differenzierung; hier handelte es sich um einen strategischen Unterschied, der mehr andeutete.
»Wir sind unentdeckt.« Tyl Loesp sah erneut zum Heer. »Das genügt vorerst.«
»Wir sind nicht auf dem direkten Weg hierher gekommen«, sagte Werreber. »Wir sind weit von unserem Ziel entfernt. Und sogar noch weiter von zu Hause.«
»Die Entfernung von zu Hause spielt keine Rolle, solange die Oct Verbündete bleiben«, erwiderte tyl Loesp. »Derzeit sind wir eine Stunde von der Heimat entfernt, weiter nicht.«
»Solange die Oct Verbündete bleiben«, wiederholte Werreber.
Der Regent musterte ihn und wandte den Blick dann langsam ab. »Sie trauen ihnen nicht, oder?«
»Vertrauen ist irrelevant. Die Oct tun gewisse Dinge oder nicht, und jene Dinge stimmen mit dem überein, was sie gesagt haben, oder nicht. Welche Motive auch immer hinter ihren Aktivitäten stecken: Sie verbergen sich hinter so vielen Schichten unübersetzbarer Gedanken, dass sie genauso gut reiner Zufall sein könnten. Ihre fremde Natur schließt menschliche Attribute wie Vertrauen aus.«
Das waren ungewöhnlich viele Worte für Werreber, fand tyl Loesp, und er fragte sich, ob Nervosität der Grund sein mochte. Er nickte. »Einem Oct kann man ebenso wenig trauen wie ihn lieben.«
»Immerhin haben sie sich an ihr Wort gehalten«, sagte Werreber. »Sie versprachen, die Deldeyn zu täuschen, und das haben sie getan.«
»Die Deldeyn sehen die Sache vielleicht anders.«
»Getäuschte sehen die Sache immer anders«, stellte Werreber fest.
Tyl Loesp musste daran denken, dass sie sich jetzt in einer Situation befanden, die sich mit der der Deldeyn vergleichen ließ, als diese vor einem knappen Monat aus dem Xiliskischen Turm gekommen waren, zweifellos davon überzeugt, dass ihnen die Oct besonderen Zugang zu einem sonst nicht zugänglichen Turm erlaubt hatten,
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