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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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Lieblingsastrologe. Der so weit wie möglich von dem Astrologen entfernt sitzende Philosoph schnaufte, schüttelte den Kopf und murmelte der nächsten Hofdame etwas zu. Sie wahrte einen neutralen Gesichtsausdruck, wahrscheinlich aus Höflichkeit. Der Astrologe repräsentierte die neue Richtung der Astrologie, die behauptete, das Schicksal der Menschen unterliege dem Einfluss der Sterne außerhalb von Sursamen. Die alte Astrologie hatte derartige Wirkungen den Fix- und Rollsternen zugesprochen, denen der Achten und der anderen Ebenen, insbesondere der Neunten, deren Sterne sich immerhin unter ihren Füßen befanden und somit näher waren als jene Hunderte von Kilometern weiter oben. Oramen hatte auch für den alten Kram kaum etwas übrig, aber er erschien ihm plausibler als dieser neue Unsinn. Die Extrasursamische Astrologie (so ihre offizielle Bezeichnung)
war neuer und übte allein deshalb auf bestimmte Gemüter eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.
    Renneque nickte klug bei den Worten des kleinen Astrologen. Oramen fragte sich, ob er wirklich versuchen sollte, mit Renneque ins Bett zu gehen. Damit wäre er erneut seinem Bruder gefolgt. Der Hof würde es zweifellos herausfinden; Renneque und die anderen Frauen waren alles andere als diskret. Was würden die Leute von ihm denken, wenn er in die Fußstapfen seines lebenslustigen Bruders trat? Würden sie glauben, dass er damit beweisen wollte, die gleichen Gelüste wie Ferbin zu haben, oder dass er versuchte, ihm nachzueifern, im Ungewissen über die eigenen Bedürfnisse? Oder würden sie vielleicht sogar von der Annahme ausgehen, dass er versuchte, ihm zu huldigen? Oramen dachte noch immer voller Sorge darüber nach und hörte dem Gespräch nicht richtig zu – es schien jetzt um Heil- und Suchtmittel zu gehen, um ihre Vor- und Nachteile -, als Harne ihn plötzlich einlud, sie zum Balkon zu begleiten.
    »Verehrteste …«, sagte er, als sich die hohen Fensterläden hinter ihnen geschlossen hatten. Der Abend erstreckte sich über den Nahpolhimmel und gab der Welt violette, rote und ockerfarbene Töne. Der untere Palast und die Stadt dahinter waren größtenteils dunkel; nur einige öffentliche Lampen brannten. Hier draußen sah Harnes Gewand dunkler aus, fast schwarz.
    »Ich habe gehört, dass du deine Mutter zurückkehren lassen möchtest«, sagte Harne.
    Nun, sie war direkt. »Das stimmt«, bestätigte Oramen. Seit dem Tod des Königs hatte er ihr mehrmals geschrieben und betont, dass er hoffte, sie so bald wie möglich nach Pourl und
an den Hof zurückzubringen. Außerdem hatte er formelle Telegrafen-Mitteilungen geschickt, die jedoch an irgendeiner Stelle in schriftliche Form gefasst werden mussten: Die Telegrafenleitungen reichten nicht bis zu dem obskuren Ort ihrer Verbannung. (Sie sagte oft, wie schön es dort wäre, aber damit nahm sie vermutlich Rücksicht auf seine Gefühle.) Harne hatte vermutlich durch das Telegrafennetz davon erfahren; die dort arbeitenden Leute waren Klatschmäuler. »Sie ist meine Mutter«, sagte er. »Sie sollte an meiner Seite sein, insbesondere dann, wenn ich König werde.«
    »Und ich würde selbst dann nicht versuchen, ihre Rückkehr zu verhindern, wenn ich die Macht dazu hätte, bitte glaub mir«, erwiderte Harne.
    Sie ist nur wegen dir in die Verbannung geschickt worden, dachte Oramen, behielt diese Worte aber für sich. »Das ist … gut so«, sagte er.
    Harne wirkte abgelenkt. Selbst im unsteten Licht des Abends wirkte ihr Gesicht verwirrt und unsicher. »Ich möchte dir versichern, dass es mir nicht um meinen Platz nach ihrer Rückkehr geht. Ich wünsche ihr nichts Böses, würde aber gern wissen, ob die Verbesserung ihres Status eine Verschlechterung des meinen bedeutet.«
    »Nicht, soweit ich das entscheiden kann, Verehrteste«, sagte Oramen, der die Situation irgendwie köstlich fand. Er fühlte sich jetzt als Mann, konnte sich aber noch gut daran erinnern, wie es war, ein Junge zu sein oder wie einer behandelt zu werden. Diese Frau, die zuvor einer Königin gleichgestellt gewesen war, die strengste aller Stiefmütter, ein einflussreiches, launisches Opfer in Menschengestalt … Diese Frau hing nun an seinen Lippen, achtete auf jedes Wort und jeden
Satz, wandte sich angesichts seiner neuen, plötzlichen Macht mit einer fast flehentlichen Bitte an ihn.
    »Meine Position ist sicher?«, fragte Harne.
    Oramen hatte darüber nachgedacht. Er verübelte ihr noch immer, was sie getan hatte, ob sie nun die Verbannung direkt

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