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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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gefordert, den König vor die Wahl gestellt oder ihm die Entscheidung mit hinterhältigen Andeutungen nahegelegt hatte. Doch es ging ihm vor allem um Aclyn, seine Mutter. Würde ihr Harnes Herabsetzung zum Vorteil gereichen? Er bezweifelte es.
    Harne war beliebt, jetzt noch mehr als vorher. Man begegnete ihr mit Anteilnahme, hielt sie sowohl für die tragische Witwe als auch die trauernde Mutter, und mit diesen beiden Rollen schien sie das ganze Königreich zu repräsentieren. Sich gegen sie zu wenden … Es würde ein schlechtes Licht auf ihn werfen, und auch auf seine Mutter. Harne gegenüber musste er den gebührenden Respekt zeigen, wenn Rückkehr und Rehabilitierung seiner Mutter glücken sollten. Tief in seinem Innern wünschte er es sich anders und hätte Harne gern verbannt, so wie seine Mutter verbannt worden war, aber es ging nicht, und damit musste er sich abfinden.
    »Deine Position ist völlig sicher. Ich erkenne dich als die Frau an, die Königin gewesen ist, wenn auch nicht offiziell. Ich möchte nur meine Mutter wiedersehen und ihr den Platz am Hof geben, der ihr zusteht, und das wird nicht zu deinen Lasten gehen. Mein Vater hat euch beide geliebt. Er zog dich ihr vor, und das Schicksal hat mich deinem Sohn vorgezogen. Dies verbindet euch.«
    »Es ist eine traurige Verbindung.«
    »Es ist, was wir haben, würde ich sagen. Ich wünsche mir
die Rückkehr meiner Mutter, aber sie soll nicht über dir stehen – das könnte sie auch gar nicht, angesichts deiner Beliebtheit beim Volk. Deine Position ist unanfechtbar, und ich möchte es nicht anders haben.« Doch, das möchte ich schon, dachte er. Aber welchen Sinn hätte es, dir das zu sagen?
    »Ich bin dankbar, Prinz«, sagte Harne und legte ihm kurz die Hand auf den Arm. Sie atmete tief durch, senkte dann den Blick. Meine Güte, dachte Oramen, wie sehr meine Macht auf Menschen und Dinge wirkt! Das Leben als König muss sehr angenehm sein!
    »Wir sollten wieder hineingehen«, sagte Harne, sah zu ihm auf und lächelte. »Die Leute könnten reden!«, fügte sie hinzu und lachte fast kokett. Für einen Augenblick, ohne sie für sich selbst zu begehren, erkannte Oramen, warum sein Vater so sehr von dieser Frau fasziniert gewesen war, dass er die Mutter zweier seiner Kinder verbannt hatte, um sie zu behalten – oder nur um ihrer Zufriedenheit willen.
    Harne zögerte mit der Hand am Knauf der Tür, die in den Raum zurück führte. »Prinz?« Sie sah ihm in die Augen. »Oramen … wenn ich darf?«
    »Natürlich.« Was jetzt?, fragte er sich.
    »Deine beruhigenden Worte veranlassen mich, ehrlich zu dir zu sein, selbst wenn ich dich dadurch beunruhige.«
    »Ich bitte um Verzeihung …«
    »Ich bin besorgt, Prinzregent.«
    »Leider verstehe ich dich nicht, Verehrteste. Man hat immer Sorgen, die eine oder die andere. Wenn du dich etwas genauer ausdrücken könntest …«
    »Dazu sehe ich mich außerstande, Oramen. Meine Sorge basiert auf Unbestimmtheiten, auf Dingen, die vollkommen
harmlos sein könnten, auf Zufällen, und vielleicht nicht mehr sind als das: Zufälle. Sie speist sich aus Gerüchten. Es gibt nichts Konkretes oder Unbestreitbares. Es genügt gerade für den Hinweis, dass der Prinzregent aufpassen sollte. Das ist alles.« Sie berührte erneut seinen Arm. »Bitte, Prinzregent, glaub nicht, dass ich dich in Unruhe versetzen möchte; es steckt keine Bosheit in diesen Worten. Wenn ich nur an mich selbst dächte, nähme ich das, was du mir gerade gesagt hast, als Grund dafür, erleichtert zu sein, und mehr nicht. Aber ich weiß natürlich: Was ich dir hier und jetzt sage, mag beunruhigend klingen, sogar bedrohlich, obwohl ich es nicht böse meine, bitte glaub mir das. Ich habe nur aus seltsamen und widersprüchlichen Quellen gehört, dass nicht alles so ist, wie es zu sein scheint, und deshalb meine Bitte an dich: Gib gut acht, Prinzregent.«
    Oramen wusste nicht, was er sagen sollte. Sein Blick suchte in Harnes Augen nach Hinweisen.
    »Bitte sag, dass ich dich nicht beleidigt habe, Oramen«, fuhr Harne fort. »Du bist mir gegenüber sehr großzügig gewesen, und ich müsste verzweifeln, wenn ich dich hiermit dazu gebracht hätte, einen Teil deiner Freundlichkeit zurückzuziehen. Doch in meiner Dankbarkeit fühle ich mich verpflichtet, dir zumindest einen kleinen Gegendienst zu erweisen, und er besteht in dem, was ich dir gesagt habe. Ich bitte dich, meine Worte nicht zum Anlass für Ärger zu nehmen und sie auch nicht einfach beiseitezuschieben.

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