Die Spinne (German Edition)
präparieren und alle anderen Plätze mit falschen Gästen zu besetzen. »So oder so, ich weiß es nicht.«
»Auch das müssten Sie also herausfinden. Ich hatte nie die Absicht, Alan Drummond ein Haar zu krümmen.«
»Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
»Es ist die Wahrheit, Mr. Weaver. Er hat gegen unsere Übereinkunft verstoßen. Wenn mir daran gelegen wäre, ihn dafür zu maßregeln, hätte ich nicht ihn getötet, sondern seine Frau.«
»Penelope?«
»Mit seinem Handeln hat er ihr Leben aufs Spiel gesetzt.«
»Was hat er denn getan?«
»Er hat meine Anweisungen nicht befolgt.«
»Ich verstehe nicht.«
»Bald werden Sie es verstehen. Im Moment möchte ich mit Ihnen lieber darüber sprechen, wie Sie die Fakten aufdecken können.«
»Nein«, entgegnete Milo. »Zuerst müssen Sie mir verraten, warum Sie der Meinung sind, dass ich Ihnen helfen werde.«
»Vielleicht weil Sie einmal einem Sterbenden, der zufällig auch Ihr Feind war, geholfen haben, die Identität seines Mörders aufzudecken. Mr. Sam Roth, auch bekannt als Tiger.«
»Wenn Sie sich umbringen lassen, bin ich gern bereit, nach dem Mörder zu suchen.«
»Ein ziemlich geschmackloser Scherz, Mr. Weaver.«
»Erzählen Sie mir von Ihrer Beziehung zu Alan.«
»Es ist ganz einfach. Ich habe entdeckt, dass er den Plan verfolgt hat, zumindest meinen Ruf zu beschmutzen. Ich konnte ihn davon überzeugen, seinen Fehler einzusehen. Darauf hin hat er zusammen mit mir daran gearbeitet, den Plan zu durchkreuzen.«
»Warum hat er ihn nicht einfach aufgegeben?«
»Weil er nicht der einzige Beteiligte war. Leticia Jones zum Beispiel war mit dabei. Senator Nathan Irwin.«
»Irwin hat die Finger im Spiel?« Die Geschichte wurde immer schlimmer. Vor einem Jahr hatte Irwin einen Mordversuch an Milo angezettelt.
»Wie bereits erwähnt, Amerikaner sind besessen von Rache, und für Politiker gilt das ganz besonders. Es gibt noch zwei weitere Verschwörer aus den Reihen Ihres früheren Arbeitgebers. Stuart Jackson, ein pensionierter Beamter vom Directorate of Operations, und Dorothy Collingwood, die für den National Clandestine Service arbeitet. Kennen Sie die beiden zufällig?«
Wahrheitsgemäß erwiderte Milo, dass er noch nie von diesen Leuten gehört hatte.
Xin Zhu ließ ein lautes Seufzen hören. »Sie begreifen jetzt sicher. Alan Drummond konnte diesen drei mächtigen Leuten nicht einfach mitteilen, dass der Plan abgeblasen ist. Somit bekam er die Aufgabe, für das Scheitern des Plans zu sorgen.«
»Aber er hat Sie hintergangen?«
»So könnte man es ausdrücken.«
»Die Kamera war von Ihnen. Die in Alans Büro.«
»Selbstverständlich. Nach unseren Instruktionen hat er sie dort persönlich angebracht. Wie sich herausstellte, hat er allerdings nur selten im Büro gearbeitet.«
Inzwischen war das Gliederzittern ein wenig abgeklungen, und Milo hatte nicht mehr das Gefühl, von einer schweren Last zu Boden gedrückt zu werden. »Hören Sie, Zhu.«
»Sie sprechen mich mit dem Vornamen an. Sehr vertraulich.«
Milo zögerte. Xin Zhu hatte natürlich recht. Im Chinesischen folgte der Rufname auf den Hauptnamen. Aber Milo, Alan, Nathan Irwin … sie alle hatten sich einfach ohne besonderen Grund angewöhnt, ihn Zhu zu nennen. »Xin Zhu«, verbesserte er sich. »Ich hatte nicht vor, wegen Alan um die halbe Welt zu fliegen, und für Sie werde ich es auch nicht tun. Sie haben genügend Leute, die das übernehmen können.«
»Ich glaube nicht, dass Leticia Jones oder Nathan Irwin meinen Mitarbeitern vertrauen würden. Nein, Mr. Weaver. Ich kann leider nicht auf Sie verzichten.«
»Das werden Sie aber müssen.«
»Bitte«, erwiderte Xin Zhu, »schalten Sie Ihren Computer ein.«
Milos Notebook stand bereits aufgeklappt vor ihm. »Okay.«
»Gehen Sie in Ihren Browser und geben Sie folgende IP-Adresse ein.«
Milo tippte in die Adresszeile die durch Punkte unterbrochene Zahlenfolge, die ihm Zhu diktierte. Eine Sekunde lang zögerte der Computer bei weißem Monitor, um zwei Bilddateien zu laden. »Was ist das?«
»Dauert nur einen Moment.« Xin Zhu fügte noch etwas in einer anderen Sprache hinzu, bei der es sich wohl um Mandarin handelte.
Dann erschienen nacheinander Bilder, zwei Rechtecke im Format 4 zu 3, die sich horizontal aufbauten, und er erkannte, dass beides Livestreams waren. Endlich wurden sie fast gleichzeitig geladen und fingen an zu laufen.
Links folgte die Kamera den Bewegungen eines Körpers; sie war auf Brusthöhe an jemandem angebracht
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