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Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Spinne - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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durchgefroren.«
    Maarten schob sie sanft in Richtung Kachelofen und gab ihr einen Kuss. »Du bleibst hier stehen, bis auch der letzte kleine Zeh wieder warm ist, ich kümmere mich um den Rest. Und dann musst du erzählen. Dein Hausmann dürstet nach Klatsch und Tratsch und neuestem Horror.«
    Karin lehnte sich dankbar an die warmen Kacheln, kurz darauf erschien Maarten mit einem Tablett, in den großen Rotweingläsern spiegelten sich die Flammen aus dem Sichtfenster der Heizkammer. Während sie auf der Ofenbank speisten, erzählte Karin in kurzen Sätzen, was sie seit der Nacht erlebt hatte. Maarten verzog entsetzt das Gesicht.
    »Sich den Geruch nur vorzustellen, ist schon furchtbar, und dann die Ungewissheit über den Verbleib der vermissten Personen aushalten müssen. Mein Gott, euch bleibt auch nichts erspart. Hast du, ich meine, musstest du …« Er fand keine Worte, um seine Frage zu vervollständigen.
    »Ja, ich habe sie gesehen.« Karin nahm einen großen Schluck Rotwein, Maarten ließ ihr Zeit.
    »Magst du drüber reden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, danke für dein Angebot, aber ich muss dieses Bild nicht noch in meinem Zuhause ausbreiten, ich werde es im K1 abarbeiten, das ist der Weg. Ich muss so schnell wie möglich herausfinden, was da passiert ist, das bin ich den Kindern schuldig.«
    »Mich wundert, dass Johanna sich heute nicht gemeldet hat, die muss doch alle Neuigkeiten immer gleich weitergeben.«
    »Glaub mir, diese Nacht wird sie ebenfalls sehr beschäftigt haben. Ich wusste mir keinen anderen Rat. Ich wollte die Kleinen nicht in einem Auto sitzen und dort auf den Bereitschaftsdienst des Jugendamtes warten sehen, der sie dann in eine Notunterkunft gebracht hätte. Zum Glück waren die Großeltern schnell ausfindig gemacht und haben sie ohne Probleme mitgenommen. Bis dahin war ich durchgehend an ihrer Seite gewesen, ein fremdes Gesicht. Der Große sprach bis zum Nachmittag nicht, ich bin gespannt, wie lange es dauern wird, bis er sich mitteilt.«
    »Du meinst, er hat Erinnerungen?«
    »Bestimmt, der ist schließlich schon fünf, da merkt man sich Abläufe und auch Gesichter.«
    »Dann ist er ja ein wichtiger Zeuge.«
    Sie schwiegen eine Weile, bis Karin sich ruckartig aufsetzte. »Du hast recht. Er ist ein Zeuge. Das hat heute niemand so klar ausgesprochen wie du gerade. Ich muss telefonieren. Wir müssen ihn schützen. Wenn er wirklich von der Person gerettet wurde, die das Feuer gelegt hat, dann könnte er sie erkennen. Das weiß auch der Brandstifter.«
    »Oder die Brandstifterin.«
    »Genau …« Sie hatte das Telefon bereits in der Hand. »… und deshalb bekommt der Kleine jetzt eine Wache vor das Haus der Großeltern gestellt. Ich könnte nicht dafür garantieren, dass aus dem Paulus noch ein Saulus wird. Wer Erwachsene dem Feuer ausliefert, der kommt vielleicht mit zeitlicher Verzögerung auf den Gedanken, den kleinen Zeugen auszulöschen.«
    Energisch und mit deutlichen Worten setzte sie sich beim Diensthabenden der Leitstelle durch und übernahm die Verantwortung für die Überwachung, bis eine eingereichte Genehmigung den Einsatz im Nachhinein legitimierte. Sie atmete schnaubend aus, nachdem das Gespräch beendet war.
    »Mann, diese Betonköppe, Genehmigung hin, Einsatzbefehl her, bloß nichts auf die eigene Kappe nehmen. Wie mich das manchmal anödet.«
    Maarten zog sie sanft zurück auf die Ofenbank. »Nun sei nicht zu streng. Da reagiert gerade dein besorgtes Mama-Herz. Das ist gut so, aber nicht für jeden gleich verständlich.«
    »Aber Zeugenschutz …«
    »Sei ehrlich, auch Zeugenschutz wird im Normalfall von oberster Stelle angeordnet, oder irre ich mich?«
    Sie gab auf. »Du kennst dich schon ziemlich gut aus. Vielleicht solltest du das Metier wechseln.«
    Er lachte und füllte die Gläser neu auf. »Vielen Dank, aber mir reichen Scherben, Knochen und Münzen aus einer fernen Zeit, das finde ich schon sehr aufregend. Es ist genug, wenn eine Person in einer Ehe mit dem Horror der Neuzeit im Gepäck heimkommt. Mein Papa-Herz wäre angesichts der Kinder im Garten stehen geblieben, glaub mir, da bist du die Bessere. Was sage ich, Frau Hauptkommissarin, die Beste.«
    Schweigend lauschten sie dem Knacken des Feuers, lehnten mit weinroten Wangen die Köpfe aneinander. Maarten deutete auf die Zimmerdecke. »Morgen kaufe ich Rauchmelder und rüste das Haus auf.«
    Karin küsste ihn auf die Wange. »Komisch, ich habe auch gerade überlegt, warum wir noch keine haben.

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