Die Spinne - Niederrhein-Krimi
Schließlich vertrauen wir uns ungefähr sechs Monate im Jahr dem Feuer an.«
»Mit Leib und Seele, es wärmt den Körper und entspannt den Geist. Ja, und ab morgen werden wir unsanft geweckt, wenn es nur den kleinsten Versuch unternehmen sollte, aus diesem Ofen auszubrechen, versprochen.«
Karin stand auf und zog den Kelim-Teppich vor den Ofen. Maarten sah ihr zu, verstand, was sie im Schilde führte, als sie die dicke, flauschige Wolldecke vom Sofa holte und auf dem Teppich ausbreitete. Er nahm die Weingläser, stellte sie auf den Boden und hockte sich vor das flackernde Licht aus der Brennkammer des Ofens.
»Verstehe. Bärenfellersatz.«
Karin glitt neben ihn und lächelte.
Nikolas Burmeester und Yasmin Ögülsan schlenderten eng umschlungen die Straße entlang. Bislich-Büschken war bereits zu Bett gegangen. Niemand war zu sehen in der Straße mit dem hübschen Namen Himmelsstiege, um einundzwanzig Uhr waren in der dunklen Jahreszeit die Bürgersteige hochgeklappt. Wer noch unterwegs war, hatte einen Hund mit einer schwachen Blase oder war frisch verliebt.
Sie hatten einen Spaziergang zum Fähranleger der »Keer tröch« gemacht, die während der Sommermonate Xanten und Bislich für Radfahrer und Fußgänger verband. Yasmin bewohnte in Wesel eine schöne Wohnung in Fusternberg an der Engelkirche, liebte aber die Abende am Rhein.
Burmeester hatte lange Zeit befürchtet, sie würde sein Appartement unter dem Dach einer agilen und recht neugierigen älteren Dame befremdlich finden. In der Tat entsprach seine Behausung nicht ihrem Geschmack, dafür mochte sie seine Vermieterin Johanna Krafft und ihren humorigen Freund und genoss es, mit allen am Tisch zu sitzen. Dies geschah regelmäßig, wenn die beiden zu langsam waren, Johanna Krafft sie auf der Treppe erwischte und resolut auf einen Tee einlud. »Du magst es, wenn sie dich bemuttert«, hatte Yasmin eines Abends zu Burmeester gesagt, und er ertappte sich bei einem zustimmenden Nicken. Nestwärme gab es bei ihr. So viel, dass es ihn einlullte und er sich nach diversen Versuchen, sich eine neue Wohnung zu suchen, dem wohligen Gefühl ergeben hatte.
Heute waren die beiden zum Grünkohlessen bei Wortelkamp in Schermbeck gewesen, einem beschaulichen Landhaus in der Nähe von Damm. Nach der traditionellen Mahlzeit brauchten sie nun den Spaziergang, damit das schwere Essen ein wenig sacken konnte, bevor sie es sich bei ihm zu Hause bequem machen würden.
»Habe ich dir von dem kleinsten Museum der Region erzählt?«
»Nein, ich bin gespannt, was jetzt kommt. Das Heimatmuseum von Bislich?«
»Nee, in der Nähe des Restaurants, in dem wir waren, steht ein alter Stromturm. Da die Kabel jetzt im Boden liegen, hat er keine Funktion mehr und wird als Museum genutzt. Klein und vollgestellt, echt interessant. Wir müssen mal am Wochenende nach Damm fahren, dann ist es geöffnet.«
»Gute Idee, aber erst schauen wir uns noch die Hundertwasser-Bilder in Bremen an, ja?«
Sie war wirklich unternehmungslustig, musste aber nicht ständig unterwegs sein. Das gefiel Burmeester. Kurz vor seiner Wohnung blieben sie unter der Laterne stehen, und er nahm ihr Gesicht in seine behandschuhten Hände.
»Ih, nasse Wolle auf der Haut, das lasse ich nur zu, weil deine Finger sich darin verbergen. Küss mich schnell und dann lass los.«
Gesagt, getan, sie wand sich aus seiner Umarmung und klaubte Schnee von einem Mäuerchen, bewarf Burmeester halbherzig damit. In seinem kindlichen Übermut nahm er das nächststehende geparkte Auto ins Visier. Mit schnellen Fingern raffte er den Schnee von der Motorhaube und bewarf Yasmin, die sich kichernd duckte. Beim zweiten Griff auf die Haube des verschneiten Fahrzeugs hielt er inne. Unter der Laterne gut beleuchtet, taten sich Kratzer im Lack auf. »Uiuiui, hoffentlich war ich das nicht.«
Gemeinsam standen sie an dem Auto des Nachbarn und schauten sich die Bescherung an. Yasmin schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht, du warst zwar flott, aber hast die Flocken nur an der Oberfläche zusammengerafft.«
Burmeester bezweifelte diese These, wollte das Fahrzeug aber nicht anrühren, um es sich näher anzuschauen, ein Blick aus der Ferne reichte. »Das wird teuer. Ich schelle besser bei dem Nachbarn und sage Bescheid, dass ich die Kosten übernehme.«
Schon bog er in den Vorgarten ein und drückte auf den Klingelknopf. Die Nachbarin öffnete, nachdem sie durch das Türfenster geschaut hatte.
»Ich bin Nikolas Burmeester, ich wohne nebenan
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