Die Spinne - Niederrhein-Krimi
Tathintergrund, Einbruchspuren oder Hinweise auf Vandalismus? Schauen Sie sich vor Ort noch einmal intensiver um.«
Sie hatte es geschafft, alle wieder auf den Fall zu fokussieren, wollte sich leise aus der Situation herausschleichen, als von Aha sie ansprach. »Und was ist nun mit Oslo?«
»Oslo? Erläutern Sie.«
»Die einzige Freundin der Toten arbeitet dort auf einer Bohrinsel.«
»Eine Frau auf einer Bohrinsel, ist sie Köchin?«
»Nein, Maschinenbau-Ingenieurin und noch knapp einen Monat im Dienst. Um sie zu befragen, müsste einer von uns hinfliegen.«
Van den Berg blickte in die dick bekleidete Runde, angespannte Gesichter warteten auf ihre Reaktion. Sie nahm ein leichtes Nicken bei der Hauptkommissarin wahr und wusste, was das K1 von ihr erwartete. »Wer könnte das übernehmen?«
Von Aha blähte seinen Brustkorb wie für ein langes Plädoyer auf, Karin Krafft kam ihm zuvor.
»Das macht der Kollege von Aha, der hat Beziehungen zur Osloer Polizei.«
Van den Berg musterte den Neuen, der ihrem Blick mit seinen bernsteinfarbenen Augen standhielt. »Ich gebe Ihnen freie Hand, nur bringen Sie den Fall vorwärts, wir wollen doch das Jahr mit einem guten Einstieg beginnen, und es wird nicht lange dauern, bis die Presse uns löchert.«
Bevor sie die Tür hinter sich schloss, nutzte Karin die Gunst der Stunde und ließ sich auch noch die Personenbewachung für die Fortmann-Kinder genehmigen. Es war der Behördenchefin anzumerken, dass sie an ihrer Grenze angelangt war, jedoch sagte sie auch hier die nachträgliche Genehmigung zu. Die Bewachung schränkte sie auf die Nachtstunden ein.
»Erfahrungsgemäß dürfte Ihnen eine Woche für die Aufklärung des Falls reichen.«
Jerry Patalon musste breit grinsen, als ihre Schritte auf dem Flur verhallten. »Die hatte Sorge, dass wir als Nächstes neue Dienstwagen einfordern, mit Standheizung und Getränkehaltern.«
Schon googelte von Aha die Flugverbindungen in den hohen Norden. »Morgen früh um sechs Uhr fünfzig ab Düsseldorf, ich buche dann mal.«
Karin Krafft stimmte zu. Sie entschied sich, Burmeester mit in das Brandhaus zu nehmen, während Patalon und Weber sich um die Ergebnisse der Spurensicherung und Karl Masoch, den Bombenentschärfer, kümmern sollten.
Auf dem Weg ins Mehrhooger Hinterland klingelte Burmeesters Handy, er ließ recht einsilbig eine Worttirade in sein Ohr gleiten und verabschiedete sich knapp.
»Das war Frau Fortmann senior. Die Klinik in Bochum plant, ihren Sohn am Nachmittag aus dem künstlichen Koma zu holen. Sein Vater wird dort sein, ich glaube, der übernachtet inzwischen im Ruhrgebiet. Sollen wir hin?«
»Natürlich, die erste Reaktion könnte sehr wichtig sein. Vielleicht hat er klare Erinnerungen. Vielleicht hat er aber auch eine partielle Amnesie, wäre durchaus denkbar nach so einem Grenzerlebnis.«
»Eine was?«
»Eine Gedächtnislücke, die sich auf die traumatischen Vorkommnisse beschränkt und die sich im Laufe der Zeit wieder füllen könnte.«
»Das gibt es echt? Meine Mutter hat immer so was Ähnliches behauptet, aber ich glaube, das hatte dann mit ihrer Kifferei zu tun.«
»Du denkst an deine Mutter? Wie kann’s?«
»Yasmin würde sie gerne kennenlernen. Weil es mich nicht gäbe ohne sie.«
»Das klingt plötzlich ganz versöhnlich, Donnerwetter, die ist schlau, deine Freundin.«
Burmeester lachte laut auf. »Weißt du, wie sie deine Mutter nennt?«
»Die Tageszeitung von Bislich-Büschken?«
»Nein, viel besser. Johanna sei wie eine Elfe in den besten Jahren, weil sie so nett und freundlich ist.«
Das Bild gefiel Karin, schob sich jedoch angesichts der Brandruine schnell wieder in den Hintergrund. Eine leichte Schneeschicht bedeckte die Brandspuren, wie ein zaghafter, fast schon kindlich anmutender Versuch der Natur, zu übertünchen, was hier geschehen war. Vor die direkten Zugänge waren Pressspanplatten genagelt worden, um die Ruine zu sichern.
»Komm, wir begehen das Haus noch einmal mit System«, schlug Karin vor. »Ich verlasse mich auf deine Intuition und werde dich beobachten. Stell dir vor, du brichst hier ein, du konzentrierst dich auf das Erdgeschoss. Du entdeckst einen Firmensitz in einem gut ausgestatteten Büro. Geh rein und erzähl mir, was du siehst und was du suchst.«
Sie folgte Burmeester in den Garten, gemeinsam hebelten sie die improvisierte Absperrung zur Seite. Er drang durch die Garage ins Hausinnere, blickte sich um und leuchtete mit einer imaginären Taschenlampe die
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