Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
hatte sie vor wenigen Monaten unter traurigen Umständen verloren. In den ersten Kreisen verkehrten sie nicht, mehr in der Bohème. Ich bekenne mich schuldig, die Affäre unter dem Gesichtspunkt einer gewissen Unverbindlichkeit begonnen zu haben.«
    » Sie hingegen hätte es lieber verbindlich gehabt.«
    » So zeigte es sich dann nach wenigen Monaten.«
    » Weshalb Sie sich von ihr trennten.«
    » Nein, Fräulein Altea. Ich hätte ihr durchaus den Status einer Mätresse gewährt. Ich bin nicht unvermögend, und ein kleines verschwiegenes Häuschen hatte ich schon für sie im Auge. Es waren mehr ihre zunehmenden Ansprüche, die mich davon Abstand nehmen ließen. Nicht nur materieller Art. Sie verlangte eine Art von Huldigung, die mir … ähm … auf die Nerven ging.«
    » Ja, sie wirkt sehr besitzergreifend.«
    » Das auch, und vor allem wurde die politische Situation so angespannt, dass ich nur noch wenig Zeit für sie fand.«
    Der General war etwas lockerer geworden. Vermutlich tat es ihm ganz gut, dass er Altea und ihrer Mama all das erzählen konnte. Meine Altea hatte eine wunderbare Art zuzuhören. Mich verstand sie ja auch.
    » Bettes Vater hat sein Dasein mit Auftragsmalerei gefristet. Sie wissen schon – Postkarten, Plakate …«
    » Heiligenbildchen. Wir fanden eines, auf dem die holde Bette als Maria abgebildet war.«
    » Ja, derartige Produkte hat er in großer Zahl hergestellt. Mäßig gut bezahlt, vermute ich. Und Bette diente ihm schon als Kind als Modell. Zu ihren Gunsten muss ich gestehen, sie war ein wunderhübsches Mädchen, und als Engelchen und Elfe war sie ihm getreues Vorbild.«
    » Und ihre Mutter?«
    » Verstarb früh, erwähnte sie. Zu den Bekannten ihres Vaters gehörten auch andere Maler, und so wurde sie von einigen hofiert. Auch von mehr und mehr angesehenen Künstlern, die sich an ihrem exaltierten Benehmen wohl nicht gestört haben.«
    » Und Viola?«
    » Ach ja, Viola. Sie kam in jenem Frühjahr mit ihrer kränkelnden Patin nach Berlin, um irgendwelche medizinischen Koryphäen aufzusuchen, und sprach auch bei mir vor. Es ergab sich, dass sie Bette in meiner Gesellschaft antraf. Die zeigte sich damals noch ganz von ihrer gewinnenden Seite und nahm Viola mit zu kleinen gesellschaftlichen Veranstaltungen. Ich hatte nichts dagegen. Warum sollte ich auch. Viola äußerte sich mehrmals bewundernd über Bette. Mag sein, dass sie weiter in Kontakt geblieben sind.«
    » Und dass Bette, nach einer unfreundlichen Trennung von Ihnen, sich bestimmt bei ihrer Freundin ausgeweint hat.«
    » Darüber möchte ich lieber nicht spekulieren.«
    » Dann lassen wir das.«
    » Sie sind zwei sehr verständige Damen«, murmelte der General. » Wenn Sie jetzt noch so großzügig wären, meine Hilfe anzunehmen, wäre ich Ihnen bis ans Ende meiner Tage dankbar.«
    » Dieses Thema, General Rothmaler, wollten wir doch nicht wieder aufs Tapet bringen.«
    » Warum nicht?«
    » Weil Sie nicht die Schuld eines anderen abtragen können«, sagte Mama. » Mein Gatte hat uns ruiniert, das ist richtig. Aber wir kommen zurecht. Ich habe ein kleines Einkommen aus dem Erbe meiner Mutter, das uns vor dem Verhungern retten wird. Und Altea ist eine kluge junge Frau, die hoffentlich bald einen Gatten finden wird, der sie versorgt.«
    » Mama, auch das Thema wollten wir nicht schon wieder erörtern.«
    » Sie glaubt, ihr Hüftleiden macht sie für einen anständigen und vernünftigen Mann unattraktiv.«
    » Ich will nicht heiraten, Mama.«
    » Wollen Sie wieder in Ihren Beruf zurück, Fräulein Altea? Ich könnte mir vorstellen, dass es für erfahrene Pflegerinnen immer eine Stelle gibt. Ich könnte mich in Berlin umhören.«
    » Ich kann nicht mehr als Pflegerin arbeiten, General. Dazu braucht man zwei Hände. Ich aber benötige meine Krücke.«
    Es klang trotzig, und dennoch sah ich die Betrübnis in ihren Augen.
    » Dann, Fräulein Altea, sollten Sie andere junge Damen ausbilden. Ihr werdet ja immer mutiger und selbstständiger, ihr Frauen.«
    Altea gab ihren Trotz plötzlich auf.
    » Ja, das wäre eine Möglichkeit«, sagte sie gedankenverloren vor sich hin.
    » Dann werde ich mich in diesem Sinn umhören. Und wehe, Sie lehnen das jetzt ab.«
    Der General erhob sich und verabschiedete sich mit der Entschuldigung, dass er noch eine Verabredung einzuhalten habe.
    Altea und Mama saßen schweigend an dem Tisch. Ich sprang von der Mauer und strich um Alteas Beine.
    » Er ist ein guter Mann, Mama. Und einsam. Tröste ihn.«
    Mama

Weitere Kostenlose Bücher