Die Sprache der Macht
ernst. Insoweit wäre es eine riskante Gegenstrategie, die Werte in Frage zu stellen. Schnell sehen Sie sich in eine Außenseiterposition gedrängt. Und doch ist es hilfreich, sich die Wirkungsweise von Werten vor Augen zu halten: Sie dienen der Vereinnahmung. In den Worten des Soziologen Dirk Baecker: Werte sind „Gemeinsamkeitsunterstellungen“. Womöglich sind diese Gemeinsamkeiten aber weniger gegeben als unterstellt wird. Sie sitzen vielleicht im selben Boot, aber nur Sie sollen rudern, während es sich Ihr Gegenüber auf dem Sonnendeck bequem macht. Fragen Sie sich ganz nüchtern: Was möchte der andere von Ihnen? So etwas gilt es zunächst einmal zu durchschauen.
In einem zweiten Schritt ist zu überlegen, wie Sie sich in der betreffenden Situation verhalten. Ist es sinnvoll, den anderen auflaufen zu lassen, wenn er die gemeinsamen Werte beschwört? Das kann durchaus der Fall sein – wenn Sie nämlich gar keine Gemeinsamkeit mit dem anderen herstellen wollen. Das heißt aber, dass Sie eine klare Trennung mit klaren Fronten vornehmen. Womöglich ist es aber auch die bessere Alternative, sich auf die Vereinnahmung einzulassen. Wir haben es ja schon beim „Wir-Prinzip“ angesprochen: Vereinnahmt zu werden ist ja nicht grundsätzlich etwas Schlechtes. Der Vereinnahmte muss nur wissen, worauf er sich einlässt und zu wem er ins Boot der bisweilen recht kurzlebigen „Wertegemeinschaft“ steigt.
Eine andere Strategie besteht darin, sich auf den Wert einzulassen, ihn aber nach den eigenen Interessen zu konkretisieren. Das kann bedeuten, dass Sie Ihr eigenes Handeln auf den betreffenden Wert beziehen und damit rechtfertigen. Es kann aber auch bedeuten, dass Sie das Verhalten der andern an diesem Wert messen und beanstanden. Wir haben erwähnt, dass nicht jeder die Werte konkretisieren darf. Aber eine naive Nachfrage („Wieso ist das eigentlich so?“) vermag zumindest Klarheit zu schaffen.
Was die Abwertung von anderen betrifft, empfiehlt sich eine sehr nüchterne Betrachtung. Häufig steckt hinter dieser Abwertung das Bemühen, von eigenen Fehlern und Schwächen abzulenken, oder derdringende Wunsch, für sich selbst noch mehr Einfluss herauszuholen. Wenn Sie die Möglichkeit haben, sollten Sie beides nicht durchgehen lassen. Auf der anderen Seite ist die milde Abwertung der anderen ein so weit verbreitetes Verfahren, die eigene Gruppe zusammenzuhalten, dass Sie es auch einfach ignorieren können.
Die zehn wichtigsten Aussagen im Überblick
Zum Abschluss des Kapitels fassen wir wieder die zehn wichtigsten Aussagen zusammen, wie durch die Sprache der Macht Einfluss genommen wird.
Wer sprachlich Einfluss nehmen will, sollte seine Worte mit den Ohren seines Publikums hören.
Eine günstige Voraussetzung auf andere einzuwirken: Verbundenheit erzeugen. Sprachlich lässt sie sich durch „Wir-Botschaften“ aufbauen.
Wer eine Machtposition innehat, läuft Gefahr, als distanziert wahrgenommen zu werden. Glaubwürdige „Wir-Botschaften“ helfen diese Distanz zu überwinden.
Kernbotschaften, die das eigene Anliegen auf den Punkt bringen, geben Verständnishilfe und stärken die Überzeugungskraft.
Prägnante Kernbotschaften lassen sich kaum mit rationalen Argumenten widerlegen. Eigene Botschaften oder Parodien des Originals können da mehr ausrichten.
Ein Sachverhalt kann ganz unterschiedlich aufgefasst werden, je nachdem, welcher Begriff dafür verwendet wird.
Ob ein Begriff positiv oder negativ bewertet wird, hängt von den Konnotationen ab, die mit ihm verbunden sind. Aber auch davon, wer ihn sich zu Eigen gemacht hat.
Metaphern machen abstrakte Vorgänge anschaulich. Wir brauchen Metaphern, um die Welt zu begreifen.
Metaphern erfassen nur Teilaspekte. Gleichwohl werden immer wieder Eigenschaften der Metapher auf den gemeinten Sachverhalt übertragen.
Sich auf Werte zu berufen, gibt den eigenen Forderungen besonderen Nachdruck. Werte liefern keine Handlungsanweisungen, sondern müssen von Fall zu Fall konkretisiert werden.
Souveränität
In diesem letzten Kapitel soll es um „die dritte Säule“ gehen, auf der die Sprache der Macht ruht, um die Souveränität. Im Unterschied zu den beiden vorangegangen Themen, Dominanz und Einfluss, ist Souveränität nichts, wovor sich die Gegenseite in Acht nehmen müsste. Im Gegenteil, wir können uns nur wünschen, dass jemand, der eine Führungs- oder Machtfunktion ausübt, souverän ist. Wem es in gehobener Position an Souveränität mangelt, der macht keine gute
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