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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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Figur. Ja, mitunter überkommt einen das unangenehme Gefühl des Fremdschämens, wenn wir es mit unsouveränen Führungskräften zu tun bekommen. So ist es naheliegend, dass in diesem Kapitel keine „Gegenstrategien“ auftauchen, mit denen Sie sich vor souveränem Führungspersonal schützen können.
    Die vier Bausteine der Souveränität
    Was ist Souveränität überhaupt? Das Wort kommt aus dem Französischen; „souverain“ lässt sich übersetzen mit „unübertroffen“ oder „der Höchste“. Es geht zurück auf das lateinische „superanus“, das so viel bedeutet wie „über jemandem befindlich, überlegen“. Das erinnert doch sehr stark an einen Begriff, der uns bereits begegnet ist: Dominanz. Ist Souveränität also ein anderes Wort für Dominanz? Das nun gerade nicht.
    Wir kommen der Bedeutung ein wenig näher, wenn wir uns anschauen, wie der Begriff im Völkerrecht verwendet wird. Dort bezeichnet die Souveränität eines Staates seine Unabhängigkeit und sein Recht, über alle wesentlichen Angelegenheiten selbst zu entscheiden. In ähnlichem Sinne nennen wir einen Menschen souverän, wenn er selbstsicher auftritt und sich seine Unabhängigkeit bewahrt. Etwas flapsig formuliert charakterisiert einen souveränen Menschen, dass er „sein Ding macht“ und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Hat jemand seine Aufgabe souverän erledigt, so hat er seine Sache nicht nur sehr gut gemacht, sondern vor allem auch ohne sichtbar große Mühe.
    Zielt die Dominanz darauf ab, dass sich andere unterordnen, so strebt die Souveränität nach eigener Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Sie will sich selbst der Unterordnung entziehen und sie nicht auf der Gegenseite herbeiführen. Daraus den Schluss zu ziehen, Souveränität habe mit Macht nicht viel zu tun, wäre allerdings ein wenig vorschnell.
    Ohne Souveränität ist es schwierig, seinen Willen durchzusetzen. Denn wir sind eher bereit, jemandem zu folgen, der souverän auftritt. Ja, wir möchten eine souveräne Persönlichkeit an der Spitze. So gesehen ist Souveränität die Grundierung von Macht oder anders gesagt: das Defensivspiel, während Dominanz und Einfluss die Offensivkräfte bilden.
    Das heißt natürlich auch, dass es mit Souveränität allein nicht getan ist. Wer sich Geltung verschaffen will, muss hin und wieder Dominanz zeigen und die Mittel sprachlicher Einflussnahme nutzen. Auf der andern Seite stehen Dominanz und Einflussnahme auf tönernen Füßen, wenn es an Souveränität fehlt.
    Versuchen wir näher zu fassen, was Souveränität ist, so stoßen wir auf vier grundlegende Fähigkeiten, gewissermaßen die vier Bausteine der Souveränität:
Selbstsicherheit: Wer souverän ist, strahlt Sicherheit und Ruhe aus. Er wirkt entspannt und ist emotional stabil.
Unabhängigkeit: Souverän sein heißt seinem eigenen Urteil zu vertrauen und sich von der Eigendynamik einer Situation nicht gefangen nehmen zu lassen.
Realistisches Selbstbild: Ein souveräner Mensch weiß, was er leisten kann; ihm ist aber auch bewusst, wo seine Grenzen liegen.
Zugewandtheit: Souveränität bleibt nicht auf sich selbst bezogen. Sie zeigt sich erst im Umgang mit anderen.
    Ruhe und Selbstsicherheit
    Aufgeregtheit und Souveränität passen nicht zusammen. Daher mag derjenige, der einen strategischen Wutanfall bekommt (→ S. 74), die dominante Rolle an sich reißen, souverän wirkt er jedoch nicht. Denn es gehört zur Souveränität dazu, einen kühlen Kopf zu bewahren – und zwar gerade in kritischen Situationen. Dabei muss es nicht immer die ranghöhere Person sein, die souverän reagiert.
    Beispiel: Terminüberschreitung
    „Der Prospekt wird nicht fertig! Der Kunde schießt uns ab“, ereifert sich Timo Leutz, Chef der Agentur Brainto. „Moment mal, was ist denn der Stand der Dinge?“, erkundigt sich Creativdirektor Axel Oschner. „Drei Seiten fehlen noch, die Fotos sind nicht gekommen“, erwidert Leutz. „Die Texte sind fertig“, entgegnet Oschner. „Statt der fehlenden Fotos können wir erst mal Symbolbilder einbauen. Dann kann sich der Kunde schon mal einen Eindruck verschaffen.“ – „Ach was, der will den fertigen Prospekt“, jammert Leutz. „Der reißt uns den Kopf ab.“ – „Dann soll er uns den Kopf abreißen“, bemerkt Oschner, „es geht nun mal nicht anders. Ich rede mit ihm.“
    Es ist die Selbstsicherheit und die Gelassenheit, die den Creativdirektor so souverän erscheinen lassen. Ein wichtiger Faktor ist die Bereitschaft, die Dinge selbst

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