Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
Vom Netzwerk:
Scheißer.«
    »Ich lüge nicht!«
    »Und winsel nicht so, das nervt. Was haben sie zu dir gesagt? Dass du die Klappe halten sollst?«
    »So etwa«, sagt Tony. »Dass ich Onkel Nguyen nichts sagen soll.«
    »Wussten sie, dass ich euren Laden geknackt habe?«
    »Klar«, sagt er wütend, »das wissen doch alle.«
    »Da hast du ja ganz schön Probleme.«
    »Ihre Schuld!«
    »Schon möglich«, sagt sie. »Na, komm schon, bring mir die Kerle.«
    Tony denkt eine Sekunde drüber nach. »Mal sehen, wie’s läuft.«
    »Gut, sehen wir, wie’s läuft.«
    Doch Tony weiß schon, wie es läuft. Wenn es so läuft, wie es immer läuft, ist er ein toter Mann.
    Also sagt er nur: »Geben Sie mir ein bisschen Vorsprung, ich will nicht mit Ihnen gesehen werden.«
    »Hier draußen?« Letty muss lachen.
    Hier gibt’s nichts als Berge, trockenes Gras und Felsen.
    »Egal wo«, sagt Tony und läuft los, den Weg runter.
    Bei Letty überschlagen sich die Gedanken. Das Verschwinden von Tranh und Do hat mit Pamelas Tod und dem Brand zu tun. Sie hat irgendeine Verbindung zwischen Nicky Vale und der Russenmafia aufgedeckt. Ein Laster hat in der Brandnacht »Zeug« aus dem Haus abtransportiert.
    All das geht ihr im Kopf herum, als sie bergab läuft.
    Mit gesenktem Kopf.
    Und so gut wie tot ist.
    Denn der Schütze wartet schon.
    Sie läuft mit gesenktem Kopf, sie denkt über alles nach, und sie blickt nur auf, weil sie etwas Metallisches glänzen sah, obwohl es hier nichts Metallisches gibt.
    Sie sieht genauer hin und entdeckt den Gewehrlauf und hinter dem Gewehrlauf ein Gesicht.
    Sofort wirft sie sich hin, auf den harten roten Felsgrund, landet unglücklich und spürt, wie ihre Schulter aus den Fugen gerät. Aber sie hat die Waffe schon gegriffen und sieht, wie sich der Arm des Schützen senkt, sich auf sie ausrichtet, also zielt sie auf die Stelle rechts neben dem Arm und drückt zweimal ab, WHAM WHAM , dann noch zweimal, WHAM WHAM , die ersten zwei Schüsse in Brusthöhe, die nächsten zwei auf den Kopf, und damit wäre dieser Kerl erledigt.
    Denn schon kommt ein zweiter aus dem Gebüsch.
    Sie brüllt: »Vergiss ihn, der ist tot!« und umklammert ihre Pistole, versucht sie ruhig zu halten, falls sie ihre letzten Schüsse abgeben muss, aber da fängt der Horizont an zu wanken und zu kippen, sie sieht den blauen Himmel und dankt Madre María , dass sie noch am Leben ist, dann wird es schwarz um sie.
    Das Letzte, was sie hört, ist dieser Kerl, wie er flucht: »Fick dich! Geiles Ding.« Und sich entfernt.
    Letty liegt am Boden, und ihre Schulter tut höllisch weh. Aber Schmerz ist gut – besser als das Andere.

100
    Jack sieht fern.
    Vor ihm stehen zwei Monitore, angeschlossen an zwei Videorekorder.
    Auf dem einen das Heimvideo mit Pamela beim Vorführen der Antikmöbel, auf dem anderen die Aufnahmen, die Jack vom verbrannten Schlafzimmer der Vales gemacht hat.
    Ziemlich verrückt, das miteinander zu kombinieren.
    Die lebendige, aufreizend schöne Pamela als Gespenst auf der einen Seite zu sehen, die verkohlten Reste ihres Schlafzimmers auf der anderen. Zu sehen, wie sie auf die Sessel zeigt, den Kartentisch, den Schreibtisch ... das Bett. Zu sehen, wo die Sachen einmal standen, wo sie einmal stand.
    Denn er hat alles verbrannt und sie mit.
    Nein, hat er nicht, denkt Jack.
    Sie hat er verbrannt, daran ist nicht zu rütteln.
    Aber die Möbel hätte er niemals verbrannt.
    So wie Olivia Hathaway niemals ihre Löffel wegwerfen würde.
    Keiner verbrennt Dinge, die ihm wertvoll sind, denkt Jack.
    Nicht, wenn es die Chance gibt, sie zu behalten.
    Nur ich.
    Ich verbrenne, was ich liebe, und verstreue die Asche.
    Was habe ich damals zu Letty gesagt? Pintale .
    Verschwinde.
    Und wie hieß dieser Vogel, der aus der Asche aufstieg?
    Phönix.
    Wie Letty und ich.
    Wie Pamela auf dem Video.
    Wie Nickys kostbare Antikmöbel.
    Zeig sie mir, Pam.
    Zeig mir, wie sie aus der Asche aufsteigen. Zeig mir, was ich suche.
    Pam will dir was sagen.
    Das Feuer will dir was sagen.
    Stell dich nicht so blöd an. Ich verrate dir alles. Du sprichst doch meine Sprache, oder? Wenn einer die versteht, dann bist du’s .
    Beim dritten Durchlauf sieht er es.
    Die Hitzeschatten.
    Pam zeigt auf den Schrank: »Ein seltener, rot und schwarz lackierter Büroschrank mit gerundeten Ecken, etwa 1720 – ein sehr kostbares Stück.«
    Jack schaltet beide Videos auf Einzelbild.
    Da ist es.
    Vergleicht den Standort des Schranks mit der Leerstelle auf dem Brandvideo.
    Die Form des Hitzeschattens

Weitere Kostenlose Bücher