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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Nacht nicht überlebt.
    Und damit hat er recht. Valeshin liegt bewusstlos auf dem Betonboden, und drei von Tillinans Muschiks warten nur darauf, ihm im Schutz der Dunkelheit den Garaus zu machen – möglichst noch bevor er wieder zu sich kommt und den Fingertrick auch an ihnen ausprobiert.
    Doch das wird kaum passieren. Selbst wenn Valeshin bei Bewusstsein wäre, könnte er wegen seiner zerschlagenen Rippen den Arm nicht heben, und selbst wenn er’s könnte, wäre sein Arm schlaff wie eine Nudel. Es sieht also ganz so aus, als hätte sein letztes Stündlein geschlagen. Wenn er nicht an den Prügeln stirbt – was durchaus naheliegt –, bringen ihn Tillinans Muschiks um. Wenn die es nicht schaffen, dann schafft es das Lebenim Knast, weil er viel zu schwach ist, seinen Fressnapf zu verteidigen oder seine Decke – die inzwischen schon geklaut ist – oder sein nacktes Leben.
    Man wird ihn erfrieren lassen, verhungern lassen, man wird ihn zu Tode vergewaltigen, doch das nur, wenn er die Nacht überlebt.
    Als er zu sich kommt, ist er in zwei Decken gehüllt, seine geschundenen Rippen sind fest bandagiert, und ein paar Minuten später flößt ihm Dani, sanft wie ein Engel, ein paar Schluck Tee ein. Wo Dani das Verbandzeug, den Tee und das heiße Wasser herhat, wird Valeshin nie erfahren. Aber er weiß genau, dass er den beiden sein Leben verdankt, denn in den drei Wochen danach tun sie alles, um für sein leibliches Wohl zu sorgen.
    Und ihn rund um die Uhr zu bewachen.
    Valeshin merkt nichts davon, aber Tillinans Muschiks machen drei Versuche, ihn zu ermorden. Den ersten, als ihn Dani und Lev in ihre Zellenecke schleifen und in Danis Decke wickeln.
    »Wenn ihr ihn haben wollt«, sagt einer von Tillinans Muschiks, »müsst ihr auch für ihn bluten.«
    »Kein Problem«, sagt Lev, zerschmettert ihm mit einem Kopfstoß die Nase und rammt ihm, als er sich vor Schmerzen krümmt, auch noch das Knie ins Gesicht. So endet die erste Attacke.
    Die zweite folgt in der Nacht, als Dani und Lev scheinbar schlafen. Aber nur scheinbar. Denn Dani fügt dem ersten Angreifer mit dem Messer eine tiefe Bauchwunde zu, die sich entzündet und nach qualvollen sechs Wochen zum Tode führt, weil ihm keiner die Antibiotika bezahlen will, die es auf der Krankenstation zu kaufen gibt.
    Der dritte Angriff kommt Wochen später, kurz vorm Morgengrauen, und diesmal sind es vier von Tillinans Muschiks. Lev und Dani halten sich den Rücken frei, indem sie Valeshin in die hinterste Ecke schieben und sich vor ihm aufbauen.
    Der Erste, ein Messerstecher, ist nicht schnell genug. Dani verpasst ihm einen Abwehrschlag, und der erhobene Arm knacktweg wie ein trockener Ast im Winter. Lev nimmt sich den Zweiten vor, der sich auf ihn stürzen will, packt ihn mit seiner gewaltigen Pranke, lässt ihn gegen die Wand krachen und schiebt mehrmals kräftig nach, während er bereits, einen angespitzten Löffel in der Linken, die Attacke pariert. Dani lässt sich fallen und stößt dem vierten Angreifer das Messer in den Bauch, aber Lev wird nun vom Dritten bedrängt, der ebenfalls eine provisorische Stichwaffe aus dem Schuh zieht und ihm in die Rippen bohren will, als Valeshin ihn bei der Hand packt und festhält, als ginge es um sein Leben.
    Oder Levs Leben, das ist schon einerlei. Valeshin ist unter Levs Beinen durchgekrochen und hat sich in die Hand des Angreifers verbissen, und er lässt nicht locker, obwohl seine Rippen höllisch wehtun und er innerlich fast verblutet.
    Endlich lässt Lev den zweiten Angreifer los, hebt beide Hände wie eine Keule über den Kopf und verpasst dem Dritten einen vernichtenden Nackenhieb. Valeshin spürt, wie die Hand erschlafft, in die er sich verbissen hat.
    Am Morgen wird der Mann von den Wachen rausgetragen – mit gebrochenem Genick.
    Seine Decke gehört jetzt Valeshin, und als Tillanin aus der Krankenstation in die Zelle zurückverlegt wird, haben sich die Zeiten geändert. Er merkt das in der Nacht, als er plötzlich aus seinen Träumen gerissen wird, von einem stechenden Schmerz in der Brust, den er für eine Herzattacke hält, und das ist nicht ganz falsch, denn tatsächlich steckt ihm ein angespitzter Löffel zwischen den Rippen.
    Von seinen eigenen Leuten appliziert – denn Tillanin hat seine Herrschaft eingebüßt.
    Jetzt müsste eigentlich Dasjatnik Valeshin sein Erbe antreten, aber er kommt nicht dazu, weil die Wachen, als sie den sterbenden Tillanin vorfinden, kurzweg vermuten, dass Valeshin ihn nun endgültig erledigt

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