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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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verbracht als ich selbst.«
    »Aber nicht in letzter Zeit.«
    »Nein. Seit längerem herrscht allgemeine Flaute.«
    »Hat er Ihnen Sachen zum Kauf angeboten?«
    »Ein paar«, sagt Vince. »Nicht die besseren Stücke. An denen hing er zu sehr. Aber stimmt. Er wollte mir ein paar mittelprächtige Sachen verkaufen.«
    »Und? Haben Sie gekauft?«
    »Nein.«
    »In Zahlung genommen?«
    Vince schüttelt den Kopf. »Platz ist kostbar. Ich hab schließlich ein Geschäft . In den schlechten Zeiten wollen die Leute verkaufen und nicht kaufen. Es kommen entweder nur Käufer oder nur Verkäufer. Je nach Konjunktur.«
    »Wie läuft es jetzt?«
    »Besser. Danke der Nachfrage.«
    »Jetzt könnten Sie also die Sachen verkaufen?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Zu diesen Preisen?«, fragt Jack und zeigt auf das Verzeichnis.
    »Kunden und Freunden will ich nicht schaden«, erwidert Vince.
    »Meinen Sie mich oder Nicky?«
    »Beide.«
    »Keine Sorge«, sagt Jack. »Wenn diese Preise hier in etwa den Kaufpreisen entsprechen, dann werden sie ausgezahlt. Am Erbsenzählen bin ich nicht interessiert.«
    »Gesetzt den Fall, ich könnte die Sachen verkaufen, wären die Preise jetzt etwas niedriger«, sagt Vince. »Nennen wir es Marktkorrektur.«
    »Wollte er auch das Bett verkaufen?«
    »Niemals«, sagt Vince. »Das hätte ich gern für mich gehabt. Das Bett ist ...«
    »Asche.«
    »Wirklich? Ein Jammer!«
    »Wollen Sie das Verzeichnis durchsehen, Vince?«
    »Natürlich. Wie schnell muss es gehen?«
    »So schnell, wie Sie es schaffen.«
    »Kann ich Ihnen einen Cappuccino spendieren?«
    Gibt es denn keinen normalen Kaffee mehr?, fragt sich Jack. »Ich muss los«, sagt er. »Nächstes Mal.«
    »Sie haben einen gut bei mir.«
    Jack steht auf und schüttelt ihm die Hand. »Hey, Vince«, fragt er schon im Gehen, »denken Sie noch an das große Feuer?«
    »Wer könnte das vergessen«, sagt Vince schaudernd.
    »Dachten Sie auch, das wäre das Ende der Welt?«
    »Das Ende der Welt vielleicht nicht«, sagt Vince, »aber das Ende unserer Welt.«
    »So ist es.«
    Das Ende unserer Welt.

65
    Letty del Rio hat Kopfschmerzen.
    Ihr brummt der Schädel, und dass es so kommen würde, hat sie vorher gewusst – sie sitzt im Kabuff von Onkel Nguyen und redet mit Onkel Nguyen.
    »Von Polizist zu Polizist«, sagt Nguyen, »ich kenne mich da aus.«
    Eigentlich ein ansehnlicher alter Herr, denkt sie, dichtes silberweißes Haar, leuchtende Augen, gesunde Farbe. Vielleicht fünfzehn Kilo Übergewicht, aber es steht ihm gut. Auch ganz adrett gekleidet – pflaumenfarbenes Polohemd von Calvin Klein und eine weiße Leinenhose.
    »Dann können Sie mir vielleicht helfen«, sagt sie.
    »Schwierig«, sagt er. »Diese Sachen sind schwierig.«
    »Sehr schwierig.«
    Es stört sie, dass Nguyen ihr während des Gesprächs über die Schulter sieht, zum Fernseher hinüber. Die Angels stehen in der entscheidenden Phase, und Edmonds holt gerade zum Schlag aus.
    Ich würde das auch gern sehen, denkt sie.
    »Tranh und Do?«, fragt Nguyen.
    »Tranh und Do.«
    Nun schon zum siebenten Mal.
    »Vermisst?«, fragt er.
    Ihr Kopf fühlt sich an wie mit Nadeln durchbohrt.
    »Vermisst.«
    »Wer hat sie denn als vermisst gemeldet?«, fragt Nguyen.
    »Tommy Dos Mutter.«
    Nguyen verfolgt, wie Edmonds eine Ermahnung kassiert, er brütet eine Weile drüber, dann sagt er: »Tommy Dos Mutter.«
    Die Nadeln in Lettys Kopf bohren sich tiefer. Sie dreht sich um, macht den Fernseher leiser und sagt: »Onkel Nguyen, können wir mal den Unsinn lassen?«
    Nguyen lächelt. »Von Polizist zu Polizist. Das sollte doch möglich sein.«
    »Sehr gut«, sagt Letty. »Dann hören Sie auf, mir auf die Nerven zu gehen und alles zu wiederholen, was ich sage. Ich weiß, dass Sie hier der Boss sind, dass hier keiner wagt, auch nur pinkeln zu gehen, ohne Sie vorher um Erlaubnis zu fragen. Ich weiß es, also müssen Sie mir nichts beweisen, okay?«
    Nguyen nickt einverständig.
    »Daher weiß ich auch, dass Sie über die zwei Jungs Bescheid wissen.«
    »Das sind Jungs aus der Nachbarschaft.«
    »Die gehörten zu einer illegalen Autowerkstatt –«
    »Illegale Autowerkstatt?«
    Kommen Sie«, sagt Letty. »Ich habe dort heute fünf Jungs verhaftet, die so taten, als hätten sie nie von Tranh und Do gehört, obwohl ich genau weiß, dass die beiden da gearbeitet haben.«
    Das ist keine Neuigkeit für Onkel Nguyen. Er war fast schneller über die Razzia informiert als die Polizei selbst, und jetzt ist er hochgradig verstimmt, weil

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