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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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Vergissmich-Paste in die Ritzen zwischen den Server-Racks geschmiert. Das gibt ein paar ordentliche Löcher in den Aufzeichnungsdaten.»
    «Wir sind hier aber eine ganze Ecke von der Sicherheitszentrale entfernt.»
    «Nun ja, damit kämen wir zu Grund zwei meiner Aufenthaltsverlängerung.»
    «Machs nicht so spannend!»
    Erkan Ederim kaut ein wenig an seiner Unterlippe herum.
    «Ich habe mich verlaufen.»
    «Du hast was?»
    «Bist du taub? Ich habe mich verlaufen, die Orientierung verloren, mich verfranzt. Ich weiß nicht, wie ich hier rauskomme.»
    «Und da dachtest du …?»
    «Da dachte ich, ich könnte ja mal meine alten Freunde fragen, wo die Hintertür ist. Der Notausgang. Wie auch immer.»
    «Und dann?»
    «Lass ich euch Turteltäubchen wieder in Ruhe. Mach mein Ding, ab durch die Mitte, ihr wisst schon.»
    «Und was ist mit uns?»
    «Mit euch? Was soll mit euch sein? Macht, was ihr wollt.» Erkan Ederim macht eine Pause, bevor er mit gesenkter Stimme fortfährt. «Aber wartet lieber nicht zu lange damit.»
    Mandy-Ursula und Carsten wechseln einen kurzen Blick spontaner Übereinkunft. Erkan Ederim beginnt nervös zu werden.
    «Was ist los jetzt. Also, wo gehts hier raus.»
    Mandy-Ursula hat ihr schönstes «Das-Leben-ist-ein-Ponyhof»-Lächeln hervor gezaubert.
    «Das ist schwer zu erklären. Am besten gehen wir gemeinsam.»

cxvii Way back home II
    «Wenn ich gewusst hätte, dass du so eine verdammt fette Qualle geworden bist, hätte ich mir den Weg lieber durch die Wand gegraben, Kanalratte», würgt Erkan Ederim zwischen zwei Schnaufern heraus. Auf seinem Rücken hockt Carsten, festgeklammert wie ein krankes Affenbaby am Pelz seiner Mutter und lässt sich von seinem alten Dennoch-Kumpel durch die Gegend schaukeln. Spaß macht es ihm scheinbar nicht, aber das wäre anlässlich des mehr als desolaten Zustands seines Körpers auch ein Wunder gewesen. Mandy-Ursula – nunmehr nur noch für die Beförderung des eigenen Körpers zuständig – trabt vergleichsweise munter neben den beiden her. Vor wenigen Minuten haben Sie die Röhre des Teilchenbeschleunigers verlassen und die Lotsenmütze ist an Carsten gegangen.
    «Weißt du, wo wir sind?»
    «Nein.»
    «Oder wo wir hinmüssen?»
    «Nein.»
    «Sollten wir da nicht besser …»
    «Nein.»
    «Du bist sehr negativ. Weißt du das?»
    «Weiß ich.»
    «So kenne ich dich aber gar nicht.»
    «Ach was …»
    «Helmut hat das auch gestört. Wenn es dich interessiert.»
    «Tut es nicht.»
    «Weißt du, was es für eine Katze bedeutet, wenn …»
    «Helmut ist keine Katze. Helmut ist ein Ghul, der sich nächtens auf die Gesichter seiner unschuldigen Opfer setzt und an ihren Seelen saugt. Meine hat er schon gefressen.»
    «Könntet ihr das bitte lassen?», schaltet sich nun auch Erkan Ederim ins Gespräch ein. In seiner Stimme liegt ein aggressiver Unterton. «Dafür habt ihr später noch jede Menge Zeit.»
    «Möglicherweise nicht.»
    «Ist mir egal. Seid einfach nur ruhig. Ich will es nicht hören. Das Einzige, was ich von euch beiden Turteltäubchen hören will, ist links, rechts oder geradeaus.»
    «Dann geradeaus.»
    Der Hinweis ist so überflüssig wie Radlerhosen, denn seit sie das Schloss einer schimmelüberzogenen Wartungstür mehr oder minder gesprengt haben, führt der davon abmündende Gang nur mehr in eine Richtung, und zwar nach vorn. Ob es die richtige Richtung ist, steht in den Sternen. Immerhin scheinen sie sich vom Zentrum der Labore zu entfernen, immer vorausgesetzt, die Röhre des Teilchenbeschleunigers beschreibt einen Kreis um die Anlage und der Gang, in dem sie sich befinden, führt radial davon weg. Der Zugang in ihrem Rücken ist zu einem blassen Lichtpunkt zusammengeschmolzen, aber Erkan Ederim hat eine kleine Handleuchte in den Taschen seiner Wachmannuniform gefunden, deren bläuliches Licht den Gang vor ihnen notdürftig erhellt. Unter ihren Füßen ist ein schmaler Steg aus gelochten Metallplatten, der großzügig mit Schlamm, organischen Ablagerungen und Schlimmerem bedeckt ist, die Wände schimmern feucht. Es riecht wie in der Abstellkammer einer Wasserrattenbehausung. Ein stetiges Wuseln im Übergang vom Licht der Lampe zum Schatten des Ganges zeigt an, dass sich einige der unterirdischen Bewohner gerade die Füße vertreten.
    «Sind das Ratten?» Mandy-Ursulas Stimme hat einen guten Teil ihrer Festigkeit verloren.
    «Das oder große Kakerlaken.»
    «Das müssten dann aber sehr große Kakerlaken sein.»
    «Riesenkakerlaken wahrscheinlich»,

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