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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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Wahrscheinlichkeitsanalyse gemacht. Der Vektor schneidet sich an zwei Stellen mit einem anderen Strom. Einem Strom mit äußerst gefährlicher Strömung.»
    «Hat der andere Strom auch einen Namen?»
    «Hat er.»
    «Na, los!»
    «Sprengmeister.»
    « Sprengmeister ? Was soll das denn sein?»
    «Scheiße Mann, ehrlich. Besser, du weißt es nicht.»
    Eine männliche Person älteren Baujahres humpelt die Straße entlang. Zwei der Roller cruisen hinüber und schlagen den Mann ohne weitere Kommentare von den Beinen. Die beiden anderen kommen dazu und treten kraftvoll auf den am Boden Liegenden ein. Der Mann scheint direkt beim ersten Schlag das Bewusstsein verloren zu haben, denn weder bewegt er sich, noch gibt er ein Geräusch von sich. Nach ein paar heftigen Minuten lassen die Roller von der Person ab und nehmen ihre sportlichen Übungen wieder auf. Inmitten der grauen Trostlosigkeit des Platzes leuchtet die Blutlache, die sich um den Mann gebildet hat, wie die berühmte Kirsche auf der Torte.
    Mike-Ass hat das Schauspiel ohne weitere Reaktion verfolgt. Jetzt steht er auf.
    «Wir sehen uns, alter Mann.»
    Carsten weiß, wann es gut ist. Er macht eine fahrige Geste mit der Hand.
    «Ja, alles klar, Mike. – Und denk dran: Das Zeug verändert das Bewusstsein.»
    Mike-Ass mustert seinen Lieblingslieferanten mit einem sardonischen Grinsen.
    «Du weißt überhaupt nicht, wofür wir das Zeug brauchen, oder?»
    Dann ist er weg und auch Carsten sieht zu, dass er wieder nach Hause kommt.

xxvii Erste Spuren
    Die Arbeit macht sich nicht von allein. Da können die Sprengmeister tun und lassen, was sie wollen. Andere Straftäter haben schließlich auch ein Recht auf Bedienung. Seufzend macht sich Erkan über die Aktenberge auf seinem Schreibtisch her. Draußen prasselt die märzliche Vorhut eines aprilmäßigen Hagelschauers gegen die Scheibe, aber Erkan ist in seine Arbeit versunken. Arbeit ist – von ein paar einschlägigen Hochglanzmagazinen russischer Spezialverlage abgesehen – im Augenblick die einzige Ablenkung, die er hat.
    Mehrere Einbrüche, Vermögensdelikte und kleinere Straftaten später klopft es an die Tür und Henning Peters, der Vorzeigebehinderte der Dienststelle, humpelt in den Raum. Aus seinen Lungen kommen zarte Pfeifgeräusche. Erkan Ederim hebt den Blick von der Akte und schenkt dem Neuankömmling einen müden Blick.
    «Du hast mir gerade noch gefehlt. Was willst du?»
    «Ich war gerade in der Gegend und da dachte ich …»
    «Du dachtest? Warst du auf einem Seminar? Denken für Anwärter auf den mittleren Dienst ?»
    Henning Peters hievt seinen olivenbaumartigen Körper vorsichtig in den Besucherstuhl. Er sieht zwar aus wie Frankensteins Rache, ist aber recht helle im Kopf. Kleine verbale Fiesigkeiten nimmt er mit der routinierten Gelassenheit eines Scharfrichters kurz vor der Pensionierung.
    «Ruhig, Ali Baba. Nicht aufregen. Versuch mal einen Moment nicht an die vierzig Räuber auf deinem Schreibtisch zu denken. Ich habe Neuigkeiten von den Sprengmeistern.»
    Ein Ruck geht durch Ederims Körper.
    «Von den Sprengmeistern? Ist ja 'n Ding. Los, machs nicht so spannend. Raus damit!»
    «Wir haben die alte Sprengmeisterin identifiziert.»
    «Ihr habt …?»
    «Ja.»
    Einer von Peters großen Vorzügen, die er trotz seiner körperlichen Beeinträchtigungen auf die Waage bringt, ist seine unprätentiöse Art. Jeder andere hätte aus dieser Information ein sprachliches Menü mit sieben Gängen gemacht. Nicht so Henning Peters.
    «Und – was ist jetzt? Gibt es noch 'ne Zugabe oder muss ich dir erst die Gummihand küssen?»
    Peters grinst. Dann schmeißt er eine Akte auf den Schreibtisch.
    «Steht alles hier drin. Oder willst du 'ne Märchenstunde?»
    «Komm, machs nicht so spannend. Bitte eine kurze Zusammenfassung. Meine Augen tränen schon vom vielen Lesen.»
    «Nur wenn du mir eine Tasse Kaffee besorgst.»
    Ederim schiebt seine beiden dichten schwarzen Augenbrauen in Richtung Nasenwurzel. Eine Geste, die nur selten ihre Wirkung verfehlt, aber Peters bleibt gelassen.
    «H-Milch, zwei Stücke Zucker, umrühren kann ich selber.»
    Ederim würgt etwas Unliebenswürdiges auf Altanatolisch heraus und schiebt aus dem Raum. Als er fünf Minuten später mit zwei Tassen zurückkommt, hat Peters es sich bereits gemütlich gemacht. Lässig blättert er in der Akte.
    «Hier ist dein Kaffee, Quasimodo. Lass die Glocken läuten.»
    Henning Peters nimmt laut schlürfend einen ersten Schluck, dann legt er los.
    «Die Frau

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