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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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auf bestehende, ja sogar auf bestehende defekte Zellverbände anwendbar ist. Damit haben wir, hat unsere Bruderschaft das Ziel erreicht. Respondeo dicendum quod veritas consistit in adaequatione intellectus et rei – Wahrheit besteht in der Übereinstimmung von Verstand und Sache. Nun sind wir es wirklich und unwiederbringlich: Die Hüter des heiligen Grals .»
    «In nomine patris et filii et spiritus sancti – bis in alle Ewigkeit, Amen.»
    Vorsichtig zieht Carsten sich in die Büsche zurück und atmet aus. Er hat gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hat. In seinem Kopf dreht sich ein Karussell der Begrifflichkeiten: DNA, Zellreparatur, Unsterblichkeit. Das Adrenalin rauscht durch seine Adern wie ein Sturzbach und reißt die Mikroverkalkungen mit sich in Richtung Herz. Vielleicht besteht für Mandy doch noch ein bisschen Hoffnung.

xliii Carstens Plan
    Carsten hat sich mit seinem Kumpel Horst zu einer subversiven Besprechung im Gemeinschaftsraum ihrer Altensammelstelle getroffen. Helmut ist bei Mandy geblieben und versucht sie gesund zu schnurren. Carsten hält den Henkel seines Bierkrugs mit fester Hand, seine gesamte Körpersprache besteht zurzeit nur aus einem Wort: Entschlossenheit. Entschlossenheit allein ist in dieser Sache allerdings nur eine Eingangsvoraussetzung, was fehlt, ist der ganze Rest: Information und Strategie, das Erste zu bekommen, das Zweite zu entwickeln. Immerhin hat er das Ziel vor Augen: Mandy soll wieder gesund werden. Koste es, was es wolle. Er fixiert Horst mit eisernem Blick.
    «Ich will, dass Mandy wieder gesund wird und ich glaube, ich weiß, wie das funktionieren könnte.»
    Horst guckt wie der Feuermelder, der weiß, dass er gleich eingeschlagen wird.
    «Äh, du weißt, wie das funktionieren könnte? Also, Carsten, bei aller Freundschaft – ich glaube, du bist dir nicht im Klaren darüber, was es heißt, an einer akuten myeloischen Leukämie erkrankt zu sein. Das ist kein Kindergeburtstag, das ist eine Einbahnstraße, die ein einer Sackgasse mündet. – Ehrlich Carsten, ich finde Mandy auch nett, aber du solltest dir keine falschen Hoffnungen machen.»
    «Behandele mich nicht wie einen Idioten, sondern hör lieber zu. Ich habe ein Gespräch belauscht. Ein höchst interessantes Gespräch zwischen meinem Arbeitgeber und so einem komischen Heiligen, Genetiker oder so. Die fummeln an irgendeiner Sache herum. Wenn ich das richtig verstehe, haben die ein Verfahren zur Zellreparatur entwickelt, heimlich, ich weiß nicht genau wo, aber das wird sich sicherlich herausfinden lassen.»
    «Dein Optimismus in allen Ehren, aber …»
    «Ich finde es heraus, klemme mir Mandy unter den Arm und repariere sie. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.»
    «Und was habe ich damit zu tun, mit deiner …»
    «Du wirst mir dabei helfen.»
    Horst wibbelt auf seinem Stuhl hin und her, er fühlt sich augenscheinlich unwohl.
    «Hör mal, Carsten, ich …»
    Aber Carsten hört nicht. Ganz im Gegenteil: Sein Gesicht nimmt eine rötliche Farbe an, dann – unvermittelt – schlägt er mit einer geballten Faust auf den Tisch. Sein Bierkrug macht einen Hüpfer, Horsts Glas fällt um und verwandelt die gehäkelte Tischdecke in einen nassen Aufnehmer.
    «Nein, jetzt hörst du mir zu. Ich bin dieses Spielchen leid. Ich will von dir zwei Dinge hören: 1. Ja, Carsten, natürlich helfe ich dir Mandy zu retten und 2. Ja, Carsten, es gibt da noch ein paar Informationen, die an dich weiterzugeben ich leider vergessen habe. Ich will etwas hören – jetzt und sofort!»
    Horst blickt traurig auf sein umgefallenes Glas. Die Sachlage ist nicht nur heikel, sondern auch gefährlich. Andererseits ist Carsten zwar nicht der einzige Kumpel , wohl aber der einzige Freund , den er hat, und neue Freunde findet man nicht mehr so schnell, wenn man zweiundachtzig ist. Zeit, eine Entscheidung zu treffen und zu hoffen, dass es die richtige ist.
    «Reg dich wieder ab. Natürlich helfe ich dir.»
    «Ach ja? Dann leg mal los. Ich bin ganz Ohr.»
    Horst holt tief Luft und atmet wieder aus. Er würde gern das umgefallene Bier durch ein neues ersetzen, traut sich aber nicht aufzustehen.
    «Du kennst doch Jochen?»
    «Jochen? Welchen Jochen?»
    «Egal. Jochen arbeitet bei Life-Aid .»
    «Schön für ihn. Dann bekommt er die Medikamente sicher zum Einkaufspreis.»
    Horst lässt sich nicht beirren. Eatur quo deorum ostenta et inimicorum iniquitas vocat. Iacta alea est. Dorthin gehe es, wohin der Götter Zeichen und der Feinde Unrecht

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