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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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Zweihundert und mehr Menschen zu zerstückeln. Einfach so?», entgegnet Carsten matt. Für echte argumentative Leidenschaft fehlt ihm die Kraft, denn Mandy tut ihm so so leid.
    «Ach, Carsten. Du bist ein netter Kerl, aber für die Realitäten unseres Lebens hast du schon lange keinen Blick mehr. Du weißt nicht, was ich weiß. Wenn du es wüsstest, würdest du mir vielleicht nicht verzeihen , was ich tun wollte, vielleicht würdest du aber verstehen , warum ich es tun wollte.»
    «Was sollte das sein? Wovon redest du?»
    Mandy nuckelt ein bisschen an ihrem Tee. Erst sieht es nicht so aus, als wollte sie antworten, aber dann gibt sie sich doch einen Ruck.
    «Carsten, es gibt Dinge, die ich dir in deinem eigenen Interesse nicht sagen kann – und will.» Mandys Gesicht ist zu einer starren Maske der Entschlossenheit geworden. Nach einem Augenblick der Stille wird ihr Ausdruck wieder weicher. «Aber eins kannst du mir glauben: Ich liebe dich und ich bin dir dankbar, dass – ich hier sterben darf.»

xli Erste Spuren
    Im kleinen Besprechungsraum herrscht atemlose Stille, denn Erkenntnisse bahnen sich an. Erkan Ederim öffnet eine Umlaufmappe aus der Blütezeit des bürokratischen Wahnsinns und entnimmt ihr mehrere Stapel zusammengehefteter Kopien.
    Doktor Eberhard Bröskamp, Polizeipräsident und Oberschweinebacke nickt seinem stellvertretenden Leiter «Objektschutz und Gefahrenabwehr» unmerklich zu und dieser beginnt, die Unterlagen unter den Anwesenden zu verteilen, indem er die Papierstapel wie die Karten eines Pokerspiels über den Tisch schnippt.
    Bedingt schlechter Laune mustert Erkan Ederim seine anwesenden Kollegen: Elias Grothues, «Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung», Kevin Poggenpöhler, «Allgemeine Kriminalität», Rolf Schnapper, «Verkehr und Veranstaltungen» und Doktor von Droste, «Steuern und Abgaben». An der Wand hinter Bröskamp lehnt dessen Sekretärin Gundula «Daumenschraube » Wencke an der Wand und verstrahlt den unterkühlten Charme einer Eisernen Jungfrau.
    Der Präsident hat sich derweil in weltmännische Pose gebracht. Wie immer hat er die ineinander gefalteten Hände vor sich auf die Tischplatte gelegt und scannt seine Untergebenen mit seinem gefürchteten Röntgenblick.
    «Meine Herren, ich habe Sie rufen lassen, weil es – endlich, muss ich leider sagen – erste Erkenntnisse über die Sprengmeister gibt. Wir haben eine Spur, eine dünne Spur zwar, aber eine Spur. Diese Spur führt uns zu den Nachtwächtern von Life-Aid , diesen radikalen Gesundheitsaposteln, die uns mit ihrer bemitleidungswerten Gesundbeterei schon seit Jahren gehörig auf die Nerven gehen.» Er klopft mit dem Zeigefinger auf das Handout vor ihm auf dem Tisch. «Aber damit ist jetzt Schluss. Es ist Zeit für eine kleine Chefvisite bei diesen Brüdern.»
    Ein beifälliges Raunen geht durch den Raum. Man wird es den Brüdern schon zeigen, das ist mal sicher.
    Ederim dreht die Augen nach innen, schlägt das Handout auf und die Arbeit beginnt.

xlii Neue Hoffnung
    Carsten hat in den sauren Apfel gebissen und sich zurückgeschleimt ins Herz der Hohe Wardschen Gartenanlage. Leicht ist es ihm nicht gefallen, aber von irgendwas muss der Schornstein schließlich rauchen. Mandy liegt in seiner Hütte und wartet auf den letzten Vorhang, der dank der Aufbaupräparate aus Horsts Pferdeapotheke vielleicht noch ein wenig auf sich warten lassen wird, vielleicht aber auch nicht. Die damit verbundene Unsicherheit, Mandys Gesamtzustand und die Perspektivlosigkeit der ganzen Angelegenheit haben Carstens mentales Fett rapide abschmelzen lassen. Auch äußerlich sieht man ihm die Strapazen der letzten Tage an.
    Freiherr von der Hohen Ward, der sonst durchaus mal Fünfe gerade sein lassen kann, hat sich wie das letzte Arschloch aufgespielt und Carsten richtig strammstehen lassen. Nicht nur, dass Carsten die darbenden Gäste am Partyabend schnöde im Stich gelassen hat, nein, auch der Garten musste ein paar Tage auf seine heilenden Hände verzichten und aus dem gepflegten englischen Rasen ist eine Art schottische Schafswiese geworden.
    Trübsinnig hackt Carsten sich durch die Beete, die Pflanzen sprechen nicht mehr zu ihm, alles ist öde und leer. Die Freude, wieder mit Mandy vereint zu sein, ist durch die zeitliche Begrenztheit ihrer wieder aufgenommenen Zweisamkeit schal geworden, denn der Mensch braucht nichts mehr als eine Perspektive. Carsten hat schon darüber nachgedacht, ob er seinen alten Kumpel nicht um Support für ein

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