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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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Inhaltsstoffe.
    »Harzsalbe, Schaffett, Bienenwachs, Alaunextrakt …«, las er von dem Etikett des Glases ab.
    »Schmier’s einfach drauf.«
    Stilton saß halbnackt auf der Pritsche, um den oberen Teil seines Kopfes war ein blutiges Handtuch geschlungen. Bei seinem Sturz gegen die Felswand hatte er sich am Hinterkopf eine größere Wunde aufgeschlagen. Er zeigte auf seine anderen offenen Wunden, die nicht mehr bluteten. Der Nerz betrachtete die seltsame Schmiere in dem Glas.
    »Du vertraust diesem Zeug?«
    »Vera hat der Salbe vertraut. Das Rezept hatte sie von ihrer Großmutter bekommen, bevor die sich erhängt hat.«
    »Oh verdammt, da sieht man’s mal wieder.«
    Was sieht man mal wieder?, dachte Stilton. Der Nerz begann, die Salbe aufzutragen.
    Als Olivia sich dem Wohnwagen näherte und vorsichtig zum Fenster hineinschaute, sah sie sich im schwachen Licht der Kupferlampe mit einem seltsamen Anblick konfrontiert. Eine kleine, dünne, spitznasige Gestalt mit Pferdeschwanz hockte vor einem entkleideten Stilton. Der Kleine war dabei, einen Teil von Stiltons verletzter Brust mit einer gelbbraunen Schmiere aus einem alten Einmachglas einzusalben. Für einen Moment überlegte sie, ob sie einen Rückzieher machen, zurückfahren und sich ein neues Eis kaufen sollte.
    Klopf, klopf!
    Der Nerz öffnete die Tür.
    »Olivia?«
    »Ja.«
    Der Nerz wich mit dem Glas in der Hand in den Wohnwagen zurück und fuhr fort, Stiltons Brust einzuschmieren. Olivia stieg zwei Stufen hoch und trat ein. Sie stellte den Verbandskasten ab. Stilton sah sie an.
    »Hallo, Tom.«
    Stilton antwortete nicht.
    Auf dem Weg zum Wald war Olivia klar geworden, welcher Impuls sie geleitet hatte. Warum wollte sie zu dem Wohnwagen? Und vor allem, was würde Stilton wohl davon halten? Wusste er, dass sie auftauchen würde? Musste ihm das nicht klar geworden sein, als der Nerz ihr erklärt hatte, wo der Wohnwagen stand? Oder war er zu benebelt gewesen, um es mitzubekommen? Drang sie nicht in seine Privatsphäre ein, wenn sie einfach bei ihm auftauchte? Sie hatten sich bisher doch nur einmal in diesem Müllkeller getroffen. Sie sah Stilton an, der weiter den Blick gesenkt hielt. War er wütend?
    »Was ist passiert?«, fragte sie. »Sind Sie …«
    »Vergessen Sie es.«
    Stilton schnitt ihr, ohne aufzublicken, das Wort ab. Olivia wusste nicht, ob sie wieder gehen oder sich setzen sollte. Sie setzte sich. Stilton warf ihr einen kurzen Blick zu und ließ sich auf die Pritsche zurücksinken. Er hatte viel größere Schmerzen, als er nach außen zeigte. Er musste sich hinlegen. Der Nerz deckte ihn zu.
    »Gibt es hier irgendwo Schmerztabletten?«, erkundigte er sich.
    »Nein, doch, da drüben.«
    Stilton zeigte auf seinen Rucksack. Der Nerz öffnete ihn und zog eine kleine Dose heraus.
    »Was ist das?«
    »Stesolid.«
    »Das sind doch keine Schmerztabletten, das sind …«
    »Zwei Tabletten und Wasser.«
    »Okay.«
    Olivia schaute sich rasch um, sah eine Plastikflasche mit Wasser und goss es in ein ungespültes Glas. Saubere gab es offenbar nicht. Der Nerz nahm das Glas und half Stilton, die Tabletten zu schlucken. Gleichzeitig flüsterte er Olivia etwas zu.
    »Stesolid ist ein Beruhigungsmittel, nichts gegen Schmerzen.«
    Olivia nickte. Beide betrachteten Stilton, der die Augen geschlossen hatte. Olivia sackte auf der anderen Pritsche ein wenig zusammen. Der Nerz setzte sich an die Tür gelehnt auf den Boden. Olivia musterte den Raum.
    »Wohnt er hier?«
    »Anscheinend.«
    »Das wissen Sie nicht? Sie kennen ihn nicht?«
    »Ich kenne ihn, er wohnt mal hier, mal da, im Moment wohnt er anscheinend hier.«
    »Haben Sie ihn gefunden?«
    »Ja.«
    »Sind Sie auch obdachlos?«
    »Nein, wo denken Sie hin. Ich wohne in Kärrtorp, in einer Dachgeschosswohnung mit Panoramafenstern, eine Eigentumswohnung, die heute sicher ihre fünf Millionen wert ist.«
    »So, so, sind Sie Künstler?«
    »Jongleur.«
    »Was heißt das?«
    »Dass ich mich auf ziemlich vielen Geschäftsfeldern bewege. Kapital, Wertpapiere, Import-Export, zwischendurch geht es häufig um Kunst, Picasso, Chagall, Dickens.«
    »War Dickens nicht Schriftsteller?«
    »In erster Linie, sicher, aber in jungen Jahren hat er eine Reihe von Radierungen angefertigt, tolle Arbeiten, ziemlich unbekannt, aber gut!«
    Stilton blinzelte den Nerz an.
    »Aber jetzt muss ich mal für kleine Jungs.«
    Der Nerz verließ den Wohnwagen. Als er die Tür zugedrückt hatte, öffnete Stilton die Augen ganz. Olivia sah ihn an.
    »Ist

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