Die Spucke des Teufels
über den Rücken. Sie schlägt die
Augen nieder und schickt dem heiligen Bartholomäus ein Stoßgebet. Sie haben den
Vincent nicht gefunden. Bitte auch das nicht!
»Ist Fleisch, Herr«, sagt sie dann mit fester Stimme, »Rippchen
vom Schwein. Die hab ich für den Herrn Major Kreutzer eingelegt, weil er sie so
gern isst.«
»So? Für den Kreutzer?« Von Diest muss nachdenken. Aber
nicht lange. Rippchen gebe es ja wohl mehrere. Und der Kreutzer ist ihm noch
einen Gefallen schuldig.
»Aaaaaufmachen!«, kommandiert er.
Das Fleisch glitzert golden in einer Soße aus Senf und
Öl, umringt von Lorbeerblatt, Piment und Wacholderbeeren. Die Füsiliere
schielen von oben in die offene Terrine und schlucken hörbar ihren Speichel.
Von Diest lässt den Schrank vorrücken, wirft noch einen
halbherzigen Blick dahinter, übersieht die anderthalb Ellen breite Klappe im
Fußboden, beschließt, dass die Suche nach dem Deserteur nunmehr abzubrechen
sei. Und dass es höchste Zeit sei für eine kleine Brotzeit. Er zieht sein Messer
und spießt drei Rippchen aus der Tonterrine, die noch immer am Boden steht. Die
soll Lisbeth ihnen mal rasch heiß braten. Und dazu Salzgürkchen und
Essigmöhrchen reichen. Und Bier vom Fass. Als Nachspeise dann das Brombeerkompott.
Man wird Lisbeth selbstverständlich auszahlen. Morgen. Sie soll schon einmal
die Rechnung stellen.
Die Soldaten fressen bis zum Abend und saufen bis
Mitternacht, grölen, dass es bis ins Dorf zu hören sein muss. »Bier her, Bier
her, oder ich fall um, juchee …« Ob der Vincent schlafen kann bei dem Lärm?
Lisbeth traut sich nicht nachzusehen.
Erst als die drei endlich auf ihre Gäule klettern und davonschaukeln,
fasst sie sich und steigt zur Kammer hinauf. Der Bub schnarcht. Fast wie ein
Mann. Lisbeth stellt ihm eine Schale mit Rotweinbirnen hin. Wenn er vor Hunger
aufwacht, wird er zulangen. Und gleich weiterschlafen. Besser so.
Lisbeth schließt die Tür von außen ab, sicherheitshalber,
dann sinkt sie auf die Knie, jubelt. Danke, lieber heiliger Bartholomäus, dass
dieser Kelch … Doch dann seufzt sie und beißt sich vor Wut auf die Lippen. Die
ganzen schönen Rippchen! Gurken! Möhren! Die werden keinen Groschen dafür zahlen.
Damit behält sie recht. Leutnant von Diest rückt
am nächsten Morgen erneut an, doch nicht um die Rechnung zu begleichen, sondern
weil ihm eingefallen ist, weshalb er am Vortag überhaupt bei ihr war: Er hat
nämlich Fußspuren gesehen. Fußspuren, die in Lisbeths Garten führen, aber nicht
wieder hinaus. Die will er sich noch mal ganz genau ansehen.
»Das war ich, Herr«, behauptet Lisbeth. »Hab im Wäldchen
Schlehen gesucht und bin beim Heimkommen durch den Garten.«
»So große Füße hat sie?«
»Wenn Schnee liegt, trag ich die alten Galoschen von meinem
verstorbenen Mann«, haspelt Lisbeth. »Um meine Schuh nicht schmutzig zu machen.«
Leutnant von Diest will die Galoschen sehen, will prüfen,
ob sie in die Sohlenabdrücke passen. Will auch die Schlehen sehen. Die zieht
Lisbeth rasch aus dem Abfalleimer, drapiert sie wie zum Trocknen über dem Herd.
Aber die Schuhe vom Ochsenwirt hat Lisbeth schon längst im Moor versenkt. Die
Schuhe von Bösewichten muss man im Moor versenken. Daran weiden sich dann die Moorhexen.
»Müssen hier irgendwo sein«, versichert Lisbeth mit klopfendem
Herzen und tut, als ob sie suche, hinter der Tür, unter dem Schemel, zwischen
den Holzscheiten …
Der Leutnant blickt ungerührt aus seinen schönen blauen
Augen, wechselt ein paarmal das Standbein. Da bricht ein heftiges Niesen in die
Stille. Zweimal, dreimal …
Von Diests starre Miene entgleist für eine Sekunde, eine
zynische Fratze grinst Lisbeth an. Gemessenen Schritts geht er zur Treppe,
schreitet hinauf und folgt dem oberen Flur, durchkämmt alle Schlafstuben, auch
die hintere – Lisbeth schleicht hinterher. Die Gedanken rasen durch ihren Kopf.
Soll sie Vincent als einen Neffen ausgeben? Oder als ständigen Gehilfen? Das
dürfte keinen Zweck haben. Dazu war die Beschreibung allzu deutlich: recht
jung, aber groß und kräftig gewachsen, mit braunen Haaren. Nein, der Bub
war nicht zu retten. Jetzt konnte es nur noch um die eigene Haut gehen. Sie
würde überrascht tun. Dieses Kind, würde sie sagen und sie würde das
Wort Kind betonen, habe sich heimlich hier eingeschlichen. Sie habe es
ja noch gar nicht bemerkt …
»Im Namen den Königs! Aufmachen!«, brüllt der Leutnant.
Er hat die verschlossene kleine Kammer
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