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Die Spur der Füchse

Die Spur der Füchse

Titel: Die Spur der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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besser gepaßt hätten.
    Punkt zehn Uhr erschien Cole im Büro des Chefredakteurs. Seine Krawatte war sorgfältig gebunden, seine Ge danken geordnet, sein Zorn gezügelt und seine Liste getippt. In dem Moment, als er das Büro betrat, wurde Cole bewußt, daß er einen Fehler gemacht hatte. Er hätte mit zwei Minuten Verspätung hemdsärmelig und keuchend ins Büro platzen sollen, um den Eindruck zu vermitteln, er hätte sich widerwillig von seinem heißen Stuhl inmitten des wütenden Chaos’ in der Nachrichtenzentrale losgerissen, nur um einem weniger bedeutsamen Angestellten wie dem Chefredakteur einen im Grunde überflüssigen, kurzen Bericht zu erstatten, was in den wirklich wichtigen Abteilungen des Hauses vor sich ging. Aber so etwas fiel Cole immer erst ein, wenn es zu spät war. Sobald es darum ging, sich selbst zu verkaufen, war er schon immer eine ziemliche Niete gewesen. Aber es würde interessant zu beobachten sein, wie die anderen Abteilungschefs und leitenden Angestellten zu dieser morgendlichen Konferenz erschienen.
    Die Einrichtung des Büros lag voll im neuesten modischen Trend. Der Schreibtisch des Chefredakteurs erstrahlte in leuchtendem Weiß, und die Sessel am Konferenztisch waren nach neuesten ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet. Vor den Fenstern befanden sich vertikale Jalousien, der Boden war mit einem blauen Teppich bedeckt, und die Bücherschränke waren aus Aluminium und Kunststoffharz mit Türen aus Rauchglas. Auf einem Beistelltisch lagen Exemplare sämtlicher englischer Morgenzeitungen sowie ein Stapel von Evening-Post Ausgaben des Vortages.
    Der Chefredakteur saß hinter seinem weißen Schreibtisch, rauchte eine dünne Zigarre und las im Mirror. Beim Anblick der Zigarre stieg in Cole das wilde Verlangen nach einer Zigarette auf. Hastig steckte er sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund, um die schlimmsten Qualen zu mildern.
    Dann kamen die anderen Konferenzteilnehmer gleichzeitig ins Büro: der Chef der Fotoredaktion, in engsitzendem Hemd und mit schulterlangem Haar, um das viele Frauen ihn beneidet hätten; der Chef der Sportredaktion, in Tweedjacke und fliederfarbenem Hemd; der Redakteur für Sonderbeiträge, mit Pfeife und einem permanenten leichten Grinsen, und der Vertriebsleiter, ein junger Mann in makellosem grauen Anzug, der seine Karriere als Außendienstverkäufer von Lexika begonnen hatte und in nur fünf Jahren in die schwindelnden Höhen seiner jetzigen beruflichen Position gelangt war. Für ein dramatisches Erscheinen in allerletzter Minute sorgte der Chef der Druckerei, ein kleiner Kerl mit kurzgeschorenem Haar, Hosenträgern und einem Bleistift hinter dem Ohr.
    Als alle Platz genommen hatten, warf der Chefredakteur den Mirror auf den Beistelltisch und ruckte in seinem Stuhl näher an den Schreibtisch heran. »Die erste Auflage ist noch nicht fertig?« fragte er.
    »Nein.« Der Druckerei-Boß schaute auf die Armbanduhr. »Wegen eines Defekts an einer Rotationsmaschine haben wir acht Minuten verloren.«
    Der Chefredakteur ließ den Blick zum Vertriebsleiter schweifen. »Welche Auswirkungen hat das auf Ihre Abteilung?«
    Auch der Vertriebsleiter schaute auf die Uhr. »Wenn es nur acht Minuten sind und wenn wir die Zeit bis zur nächsten Auflage wieder hereinholen, könnten wir’s verkraften.«
    »Mir scheint, wir haben jeden Tag einen Defekt an einer der verflixten Rotationsmaschinen«, sagte der Chefredakteur.
    »Das liegt an dem Klopapier, auf dem wir drucken müssen«, erwiderte der Druckerei-Boß leicht eingeschnappt.
    »Tja, nun, damit müssen wir so lange leben, bis wir wie
    der schwarze Zahlen schreiben.« Der Chefredakteur nahm eine Kopie der Liste, die Cole ihm auf den Schreibtisch gelegt hatte. Auf dieser Liste waren die neuesten Artikel für die aktuelle Ausgabe verzeichnet. »Hm«, sagte er. »Aber es sieht nicht so aus, als wäre diesmal etwas dabei, das unsere Auflagenzahl in die Höhe treiben könnte, Arthur.«
    »Es ist ein ruhiger Morgen. Aber mit ein bißchen Glück bekommen wir bis Mittag eine Kabinettskrise.«
    »Und die würde bei dieser beschissenen Regierung sowieso keinen Menschen interessieren.« Der Chefredakteur las die Liste weiter. »Die Stradivari-Story gefällt mir.«
    Cole fuhr mit dem Zeigefinger die Liste entlang und sagte zu jeder Story einige erläuternde Worte. Als er fertig war, erklärte der Chefredakteur: »Tja, es ist kein einziger Knüller dabei. Und es gefällt mir nicht, daß wir jeden Tag mit einem politischen Artikel

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