Die Spur der Füchse
Kreischen von Reifen, als der Wagen um die Kurve unter der Eisenbahnbrücke jagte; dann vernahm er das Aufheulen des Motors, als der Fahrer hinunterschaltete und aus der Kurve heraus beschleunigte. Plötzlich wurde das Sirenengeheul tiefer und verebbte allmählich in der Ferne. Der Wagen war am Tor des Schrottplatzes vorbeigerast. Jacko stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und rief: »Alles in Ord…«, als er plötzlich eine zweite Sirene hörte. »Alles in Deckung bleiben!« brüllte er.
Auch der zweite Wagen raste am Schrottplatz vorbei, und dann hörte Jacko einen dritten. Wieder erklang das Kreischen von Reifen unter der Eisenbahnbrücke; wieder heulte der Motor auf, als der Fahrer aus der Kurve heraus beschleunigte – aber diesmal verlangsamte der Wagen die Geschwindigkeit, als er sich dem Tor des Schrottplatzes näherte.
Alles schien plötzlich totenstill zu sein. Jackos Gesicht unter der Maske aus Nylon war unerträglich heiß. Er glaubte, ersticken zu müssen. Er vernahm das Geräusch von Schritten. Es hörte sich an, als würde jemand in Polizeistiefeln sich dem Tor nähern. Dann erklang ein Scharren draußen am Tor, und ab und an waren dumpfe Schläge zu hören, als würden Stiefel gegen das Metall prallen. Offenbar versuchte einer der Polypen, das Tor hinaufzuklettern, um einen Blick auf den Schrottplatz zu werfen. Plötzlich erinnerte sich Jacko, daß ja noch zwei weitere Wachtmänner in der Fahrerkabine des Transporters saßen. Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß die Kerle nicht gerade jetzt aus der Ohnmacht erwachten.
Was hatte der Bulle da draußen eigentlich vor? Er war das Tor nicht hinaufgeklettert. Vielleicht hatten die Polypen beschlossen, das Tor aufzubrechen und auf den Schrottplatz zu kommen, um sich genauer umzuschauen. Dann sah es duster aus.
Ach was – kein Grund zur Panik, beruhigte sich Jacko. Wir sind zehn Mann und können mit der Besatzung eines einzigen Streifenwagens leicht fertigwerden. Das aber würde Zeit in Anspruch nehmen, und vielleicht war einer der Polypen im Wagen sitzen geblieben, so daß der Kerl über Funk Verstärkung anfordern konnte …
Jacko glaubte beinahe zu spüren, wie ihm all das viele schöne Geld aus den Fingern glitt. Am liebsten hätte er um die Ecke des Containers gespäht. Doch es war riskant und zudem überflüssig: Falls die Bullen verschwanden, konnte man es ja am Geräusch des Wagens erkennen.
Was taten die Kerle hier?
Wieder blickte Jacko zum Geldtransporter hinüber. Du lieber Himmel – einer von den beiden Typen in der Fahrerkabine bewegte sich! Jacko hob die Schrotflinte. Es kam zum Kampf, kein Zweifel. Er flüsterte: »Oh, Scheiße.«
Aus dem Fahrerhaus des Geldtransporters drang ein Geräusch – ein heiserer Schrei. Jacko kämpfte sich auf die Beine und verließ seinen Platz hinter dem Container, die Schrotflinte im Anschlag.
Es war niemand zu sehen.
Dann hörte er, wie der Streifenwagen draußen vor dem Tor mit kreischenden Reifen davonjagte. Die Sirene heulte wieder los und wurde leiser, als der Wagen in der Ferne verschwand.
Einohr-Willie kam hinter der rostigen Karosserie eines Mercedes-Taxis zum Vorschein. Gemeinsam mit Jacko ging er zum Geldtransporter hinüber. Willie sagte: »Ein toller Spaß, nicht wahr?«
»Umwerfend«, erwiderte Jacko säuerlich. »Jedenfalls besser, als sich das Scheißfernsehprogramm anzugucken.«
Beide Männer schauten in die Kabine des Transporters. Der Fahrer stöhnte, sah aber nicht schwer verletzt aus. »Komm raus, Opa«, sagte Jacko durch die zerborstene Windschutzscheibe. »Die Teepause ist zu Ende.«
Die Stimme hatte eine beruhigende Wirkung auf Ron Biggins. Bis zu diesem Zeitpunkt war er benommen und gleichzeitig von dumpfer Angst erfüllt gewesen. Er schien nicht mehr richtig hören zu können. In seinem Kopf wüte te ein rasender Schmerz, und als er die Hand zum Gesicht führte, ertastete er etwas Warmes, Klebriges.
Der Anblick des Mannes mit der Strumpfmaske hatte eine seltsam belebende Wirkung auf Ron. Plötzlich war alles ganz klar: Sie waren Opfer eines sehr gut geplanten, schnell und präzise verübten Überfalls geworden. Ron kam nicht umhin, den Ganoven eine gewisse Bewunderung zu zollen, so reibungslos war die ganze Sache über die Bühne gegangen. Die Kerle hatten die Fahrtroute und den Zeitplan des Obadja-Geldtransports gekannt. Bei diesem Gedanken stieg Wut in Ron auf. Ein bestimmter Prozentsatz der Beute würde mit Sicherheit auf das geheime Bankkonto eines
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