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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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schon?«, fragte sie nur.
    »Seit dem Nachmittag«, antwortete Agnes mit schmerzverzerrtem Lächeln.
    »Dann ist noch Zeit. Aber wir sollten schon hinübergehen in euer Haus.«
    Die Männer blickten verständnislos auf die beiden jungen Frauen.
    »Es ist so weit, das Kind kommt«, sagte Marthe lächelnd zu Karl. »Du wirst Vater!«
    Der junge Schmied starrte sie einen Moment an, dann stöhnte er auf. »Allmächtiger, steh uns bei. Doch nicht gerade jetzt … und so plötzlich!«
    Christian strich sich über den kurzen schwarzen Bart, um sein verlegenes Lächeln zu verbergen, denn unwillkürlich fühlte er sich an den Tag erinnert, als Marthe ihr erstes Kind gebar. Agnes musste lachen. »Wann sonst, du Dummkopf?«, meinte sie zärtlich. »Du hattest lange genug Zeit, dich an den Gedanken zu gewöhnen.«
    Karl sprang auf, lief kurz ziellos hin und her, dann stürzte er auf Agnes zu und nahm ihre Hände. »Kann ich dir wirklich nicht helfen? Versprich mir, dass du zurechtkommst.«
    Agnes lachte wieder, diesmal mühsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Bleib hier, trink mit den anderen noch einen Becher oder zwei, und sprecht ein Gebet für mich und das Kind.«
    Auch wenn sie es nicht zeigen wollte, sie fürchtete sich. Zwar vertraute sie Marthes Fähigkeiten und fühlte sich durch ihre Anwesenheit beruhigt. Aber zu viele Frauen starben bei Geburten oder danach, als dass man diese Sache leichtnehmen konnte. Von den unsäglichen Schmerzen ganz abgesehen.
    Sie gab Karl einen Kuss auf die Wange und zerzauste miteiner zärtlichen Geste sein Haar. Dann spürte sie eine neue Wehe kommen und ließ sich mit leichtem Stöhnen auf die Bank sinken.
    Marthe hatte inzwischen alles zusammengesucht, was sie brauchte. Mit dem unausstehlichen Pater Sebastian hatte sie vereinbart, dass er gerufen würde, bevor die Geburt einsetzte, und natürlich sogleich, wenn das Kind da war, um es zu taufen.
    Sie nahm Agnes beim Arm, zog sie hoch und stützte sie, um mit ihr in Karls Haus zu gehen. Jonas und Karl trugen derweil den Gebärstuhl dorthin.
    Schon im Gehen, drehte sich Marthe noch einmal um. »Lukas, vielleicht solltest du den schönen Abend nutzen, um Kathrein einen Besuch abzustatten.«
    Der Blondschopf verstand sofort. Mit breitem Grinsen erhob er sich und klopfte sich ein paar Krümel von seinem Bliaut. »Eine gute Idee …«
    Sein Grinsen schwand auch nicht auf dem Weg ins Hurenhaus. Er hatte wahrlich schon unangenehmere Aufträge auszuführen gehabt.
     
    Zwiespältige Erinnerungen stiegen in Marthe auf, als sie mit Agnes Karls Haus betrat. Hier hatte sie selbst einmal gewohnt, als Ehefrau des alten Wiprecht, dem Vater von Karl, Johanna und Marie. Seine Frau war auf dem Siedlerzug von Franken hierher an Schwindsucht gestorben und hatte Marthe mit ihren letzten Atemzügen das Versprechen abgenommen, sich um ihre Kinder zu kümmern.
    Nach der Ankunft der Siedler am Platz des künftigen Dorfes drängte Griseldis, dass Marthe den alten Witwer heiratete, damit sie seinen Haushalt führte und nicht länger unbeaufsichtigt blieb. Marthe war angesichts dieses Vorschlags entsetzt gewesen.Sie hatte sich zwar auf dem Marsch hierher an den Gedanken gewöhnen müssen, über kurz oder lang heiraten zu müssen, um nicht zu verhungern, hatte aber stets gedacht, man würde sie einem der jungen Burschen zur Frau geben.
    Erst nachdem Randolf und seine Kumpane Marthe überfallen und geschändet hatten und damit drohten, Christian in Schwierigkeiten zu bringen, sollte sie davon erzählen, hatte sie in die Heirat eingewilligt.
    Ihre Ehe mit Wiprecht war vom ersten Tag an eine Katastrophe gewesen. Er beschuldigte sie, ihn mit Hexenkräften seiner Männlichkeit zu berauben. Hier, in dieser Hütte, war er mit einem schweren Holzscheit auf sie losgegangen, als sie Johanna beschützen wollte. Er hätte sie damals wohl erschlagen, wäre Karl nicht dazwischengegangen.
    Durch Agnes’ Hände hatte der Raum einige Veränderungen erfahren – und auch dadurch, dass Karl als Schmied ein gutes Auskommen hatte. In einer Truhe lagen sorgfältig gewebte Leinenbahnen, überm Feuer hing ein eiserner Kessel, die Fensteröffnungen waren mit Schweinsblasen verschlossen. In der Ecke stand eine aus Weidenruten geflochtene Wiege als Zeichen des erhofften Glücks.
    Marthe blieb allerdings nicht viel Zeit für traurige Erinnerungen und Vergleiche. Mit den herbeigeeilten Frauen zog geschäftige Betriebsamkeit in die Hütte ein, die sich im Nu in eine Gebärstube

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