Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
fühlt, wie die Haut an seinen Fingern zu schwelen beginnt, als er die Hände schützend vors Gesicht schlägt.
Über dem Tosen des Feuers und dem Krachen des verbrennenden Holzes kann Malachi die panischen Schreie der Ziegen und Schweine im angrenzenden Pferch hören. Er stolpert hinüber und tritt ein Loch in den Palisadenzaun. Die verschreckten Tiere stieben hinaus und rennen ihn um, als sie auf den angrenzenden Wald zuhalten. Atemlos liegt Malachi im stinkenden Stroh und sieht zu, wie die Funken rundherum niederregnen. Er sieht es nicht, aber als die Stützbalken des Hauses einstürzen, hört er das laute Krachen. Wenig später erstirbt das Feuer, weil es keine Nahrung mehr findet, und übrig bleibt nur ein perfektes Rechteck aus glühender Asche.
Da hört er ein Wimmern.
Zuerst glaubt er, es sei eine Ziege, die es nicht aus dem Pferch geschafft hat. Auch als er den verkohlten, rauchenden Körper im Schmutz neben den Ruinen liegen sieht, meint er noch, es müsse sich um ein Tier handeln, einen Hund vielleicht, der von der Feuersbrunst versengt wurde. Dass dieses Wesen den Flammen entkommen ist und so weit kriechen konnte, ist erstaunlich. Dass es überhaupt noch atmet, grenzt an ein Wunder – obwohl dem Wildhüter klar ist, dass es nicht lange überleben wird.
Er geht zu seinem Jeep und holt sein Jagdgewehr. Als er die Waffe hebt und auf den Kopf der Kreatur zielt, murmelt er: »Baba yetu uliye mbinguni, Jina lako litukuzwe«, das Vaterunser, das einzige Gebet, das er je gelernt hat. Und als er den Finger auf den Abzug legt, hebt die Kreatur plötzlich eine Gliedmaße, und zu seinem großen Erstaunen erkennt Malachi, dass diese Gliedmaße in einer menschliche Hand endet, von deren winzigen Fingern die versengte Haut herabhängt .
»Das war Lols einziger Fehler. Er ist nicht lange genug geblieben, um zu überprüfen, ob seine Aufgabe komplett erledigt war. Er nahm einfach an, dass alle tot waren. Waren sie aber nicht.
Rose war hinter den Ziegenstall gegangen, um auszutreten. Sie sah alles. Sie hörte die Schreie. Sie sah den Dreckskerl , der sich mit seinem Gewehr vors Haus gestellt hatte, für den Fall, dass es jemandem gelingen sollte, doch noch herauszulaufen.
Als Lol fort war, versuchte sie, ihrem Vater und ihrer Schwester zu helfen, aber sie waren schon tot. Dabei ist sie zu nah ans Feuer gekommen, und ihr Nachthemd fing Feuer. Gott allein weiß wie, aber das Kind besaß noch die Geistesgegenwart, sich in den Wassertrog zu werfen. Doch wäre Malachi nicht gekommen, hätte sie nie überlebt.«
Malachi cremt ihren mit Blasen übersäten Körper mit einer Heilsalbe aus Niembaum, Honig und zerdrückten Aloe-Blättern ein, doch im Grunde ist ihm klar, dass das Kind sterben wird. Niemand kann solche schrecklichen Verbrennungen überleben. Vor allem nicht so ein kleines Mädchen. Nicht, dass sie noch wie ein kleines Mädchen aussehen würde – sie ist gerade noch als menschlich zu erkennen. Ihre Gesichtszüge sind wie eingeschmolzen, ihre Glieder geschrumpft. Die Haut, die ihr geblieben ist, hängt ihr von den Knochen wie Streifen aus verkohltem Stoff. Doch solange er ihr Herz unter den Rippen schlagen sieht und solange er ihren keuchenden Atem hört, solange wird Malachi alles für sie tun, was in seiner Macht steht.
Als er mit dem Eincremen fertig ist, legt er sie behutsam auf ein Bett aus linderndem Lavendel, Knoblauch und Eukalyptusblättern und geht hinaus. Alles Weitere liegt in Gottes Hand. Teils hofft er, dass Er sie in der Nacht zu sich holen wird. um ihr weitere Qualen zu ersparen.
Doch als Malachi am nächsten Morgen wieder hineingeht, um ein Gebet für die Tote zu sprechen, entdeckt er zu seinem Erstaunen, dass sie immer noch am Leben ist.
»Später fand man zwei Leichen im Haus, aber man hatte keine Beweise, dass es sich um Brandstiftung handelte. Man ging davon aus, dass ein Funke des Herdfeuers im Dach gelandet war. Das passiert immer wieder. Die Leute in Lukore, die den Mann kannten, schworen, dass er zwei Töchter gehabt hatte, aber von Rose war keine Spur zu finden. Die Polizei kam zu dem Schluss, dass sie davongelaufen war. Manche nahmen sogar an, sie hätte das Feuer selbst gelegt. So oder so verlor sich das Interesse ziemlich bald.«
Der Frühling geht in den Sommer über, der Sommer in den Herbst. Verborgen vor den Augen der Welt klammert sich Rose im abgelegenen Haus des Wildhüters hartnäckig ans Leben. Malachi kümmert sich um sie, so gut er kann. Er bedeckt ihren
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