Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
offenlässt.«
»Tatsächlich? Inwiefern denn das?«
»Diese Leute, die Sie da befragt haben … also, ich bekomme überhaupt kein Gefühl dafür, wer sie sind . Die existieren nur als Wörter auf einer Seite.«
»Verstehe.«
»Und dieser Tatort, an dem das Opfer gefunden wurde – das ist einfach nur ein Pfeil auf einer Karte. Es gibt überhaupt keine Beschreibung . Kein Gefühl für den Ort .«
»Vielleicht hätte ich meinen Bericht noch vertonen sollen«, meinte Jouma.
Mugo grinste. »Freut mich, dass Sie Ihren Humor nicht verloren haben, Daniel. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass Sie meine Anmerkungen als Kritik auffassen könnten. Also – ich gehe davon aus, dass wir fast da sind, oder?«
Nachdem sie sich, vom Jamhuri Park kommend, durch die Altstadt gedrängt hatten, standen sie jetzt im Inneren von Fort Jesus. Unterwegs hatten sie kurz den schmalen Durchgang besichtigt, der die Ndia Kuu und die Mbaraki Road verband. Da Mugo sich nur ungern die Stiefel schmutzig machen wollte, hatte er bloß kurz hineingespäht. Jouma verzichtete darauf, die Krawattennadel zu erwähnen – er hatte keine Lust, so einen wertvollen Hinweis an so einen ausgewachsenen Vollidioten zu verschwenden.
Sie gingen über das Gelände, vorbei an den Reihen der portugiesischen Kanonen und den alten Soldatenbaracken, und hielten auf den baufälligen Turm in der nordwestlichen Ecke zu. Er war unter dem Namen San Felipe Bastion bekannt und hatte früher die Gefängniswärter beherbergt. Mittlerweile bestand er nur noch aus ein paar leeren Räumen, von denen eine alte Steintreppe auf ein Flachdach führte, das von einer niedrigen, mit Zinnen versehenen Mauer umgeben war. Das Absperrungsband der Polizei hing noch immer über den Stufen. Jouma und Mugo schlüpften darunter hindurch und traten auf das Dach des Turms.
»Hier ist er also hinuntergefallen«, stellte Mugo fest, während er in den dreißig Meter tiefen Abgrund starrte.
»Nach den Angaben der Hure scheint Mr.Quarrie ziemlich unsicher auf den Beinen gewesen zu sein, bevor er stürzte. Ich glaube, das ist nicht ganz unwichtig.«
»Ich habe den Bericht gelesen, Daniel«, erwiderte Mugo fröhlich. Er blickte auf die Dächer und Minarette der Altstadt. »Hier hatte er einen schönen Ausblick über die Stadt.«
Jouma machte sich nicht die Mühe, Mugo zu erzählen, dass jegliche Spuren, zum Beispiel Fußabdrücke, von den uniformierten Polizisten zerstört worden waren, die als Erste am Tatort eintrafen. Solche trottelige Ungeschicklichkeit war kaum mehr überraschend. Mugo hatte ja sogar eine ganze Karriere auf solchen Stümpereien aufgebaut.
Oliver Mugo lief ein paar Minuten auf dem Dach umher und strich sich nachdenklich übers Kinn, um den Eindruck zu erwecken, dass er tatsächlich eine Ahnung hatte, wonach er suchte.
»Und, bekommen Sie langsam ein Gefühl für den Ort, Mugo?«, erkundigte sich Jouma.
Doch der hörte ihm gar nicht zu. »Diese Hure. Die interessiert mich.«
»Sie heißt Dutch Alice. Die ist hier in der Gegend recht bekannt.«
»Und wo war sie in der fraglichen Nacht?«
Jouma zeigte quer übers Gelände zu der breiten Liefereinfahrt, die jetzt mit einem Stacheldraht versperrt war.
»Diese Zufahrt führt zu einer stillgelegten Werft, die man über einen Pfad erreicht, der wiederum über den Platz vor dem Fort erreicht werden kann«, erklärte er. »Die Hure hat die Werft als Treffpunkt mit ihren Kunden benutzt, und dann hat sie sie mit hierhergenommen, um …«
»Ich verstehe schon. Und wer war der Mann, mit dem sie in der Nacht zusammen war?«
»Sein Name ist Abdelbassir Hossain«, antwortete Jouma. »Er arbeitet als Schauermann im Hafen.«
»Haben Sie beide Verdächtige befragt?«
»Sie haben den Bericht doch gelesen.«
»Ja. Und nach den Angaben in den Akten ist der Hafenarbeiter davongerannt.«
»Er hat die Aussage der Hure bestätigt, als wir ihn zur Vernehmung bestellt haben.«
Mugos Augen verengten sich. »Aber hat er auch erklärt, warum er davongelaufen ist? Oder warum er nicht von sich aus zur Polizei gegangen ist?«
Jouma zwang sich, ruhig zu bleiben. »Hören Sie, Mugo, vergessen Sie den Hafenarbeiter. Ich habe den Zaun überprüft, der ist absolut dicht. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte nie und nimmer ins Fort eindringen können. Er taugt nicht mal als Zeuge für Mr.Quarries Todeszeitpunkt, weil er in diesem Moment dem Zaun den Rücken zukehrte – er hat also genau in die falsche Richtung gesehen. Die einzige
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