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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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Geldbörse, sah nach, wie viel Bargeld sie dabeihatte. 227 Dollar und ein paar Münzen. Falls sie sich verschätzt hatte und nun doch auf Big Pine Key wäre und weder Sheppard noch Nadine erreichen könnte, hatte sie definitiv auch genug Geld für ein Taxi, einen Bus oder notfalls sogar einen Mietwagen.
    Geh endlich los, Baby.
    Sie erhob sich, sie fühlte sich unsicher wie ein Kleinkind, das seine ersten Schritte in die Freiheit tat, und der Vogel krähte: »Dusty, hallo, Dusty, hübscher Vogel, hallo« und watschelte hinter ihr her durch den Sand.
    »Ich kann dich nicht mitnehmen«, sagte sie ungeduldig. »Das geht nicht. Ich weiß nicht einmal, was ich tue, okay?«
    Der Sittich blieb stehen, legte den Kopf zur Seite und stieß einen stechenden Schrei aus, der so traurig klang, so elend und einsam, dass Mira einfach nicht weitergehen konnte. »Ich muss verrückt sein«, murmelte sie, kniete sich hin und streckte ihren Finger aus.
    Dusty eilte auf sie zu, stolperte in seiner Freude über die Gesellschaft beinahe über die eigenen Füße, dann kletterte er auf Miras Finger. »Wenn du mich beißt oder wenn du dich schlecht benimmst, dann bist du wieder auf dich allein gestellt. Sind wir uns einig?«
    Der Vogel berührte mit seinem Schnabel Miras Wange und streichelte sie, er gab ein leises, tiefes Trillern von sich, das Vogel-Äquivalent eines Schnurrens, und Mira fing beinahe an zu weinen. Sie setzte den Vogel auf ihre Schulter. »Das ist mein Problem. Also wirklich. Ich falle auf jede traurige Geschichte rein.«
    Der Mann, Peter, hatte eine traurige Geschichte vorgespielt … Er trug einen Gips am Arm …
    Weitersuchen.
    Das Boot sah mitgenommen aus. Ihre Werkzeugtasche war auf den Boden gefallen und lag in vielleicht zehn Zentimeter Wasser, das im Rumpf stand, ein Blatt der Schiffsschraube war abgebrochen, Miras Flipflops schwammen ebenfalls im Wasser. Eine Flasche trieb vorn im Boot. Sie wusste nicht, ob es dieselbe Flasche war, aus der der Mann getrunken hatte, und zögerte. Dann nahm sie sie hoch, hielt sie kurz in den Händen. Nichts.
    Es war nicht dieselbe Flasche.
    Sie ließ die Flasche in ihren Rucksack fallen und steckte dann einen Zwanzigdollarschein weg, der es irgendwie geschafft hatte, aus ihrer Geldbörse tief im Inneren ihres Rucksacks auf den Sitz des Bootes zu gelangen. Dann griff sie nach ihren Flipflops, legte die Paddel auf den Boden und drehte das Boot um, sodass der Großteil des Wassers ablief. Sie drehte es zurück und zog es den Strand hoch, weg vom Meer, und ließ es unter einem niedrigen Meertraubenbaum zurück.
    Mira zog ihre Flipflops an, steckte die Werkzeugtasche in ihren Rucksack, und öffnete die schwere Leinentasche, in der sich ihr Pocket-PC befand. Erleichtert stellte sie fest, dass er weder nass geworden war, noch war der Akku leer. Sie verpackte ihn wieder und ging in Richtung der Dünen.
    Eine leichte Brise ließ den Strandhafer rascheln, der auf der Düne wuchs. Es war eindeutig Morgen, dachte sie, als sie den Schatten des Strandhafers betrachtete. Und sie befand sich eindeutig am Westende der Insel. Einer Insel. Sie war noch nicht überzeugt, dass sie auf Tango Key war. Obwohl ihr der Strand irgendwie bekannt vorkam, hatte sie noch nichts gesehen, was eindeutig schrie: Ja, das ist Tango!
    An den westlichen Stränden von Tango Key befanden sich zum Beispiel von morgens bis abends knallharte Sonnenanbeter, die meisten von ihnen junge Dinger, deren Hintern und Brüste aus ihren Mini-Bikinis quollen. Sie hatten Radiogeräte dabei und Kühlboxen mit Evian-Wasser und teuren Import-Bieren. Aber dieser Strand war verlassen. Und an den Stränden im Westen, die sie kannte, gab es weder Strandhafer noch Dünen, und die Meertraubenbäume waren Riesendinger mit gebogenen, verzweigten Ästen; die Bäume hier waren kaum mehr als niedrige Hecken.
    »Hallo«, sagte Dusty.
    »Ich bin Mira. Kannst du das sagen? Kannst du Mira sagen?«
    Der Vogel gab wieder das tiefe Trillern von sich und rieb seinen Schnabel ein weiteres Mal an Miras Wange.
    Begrenztes Vokabular, aber besser, als mit sich selbst zu reden.
    Sie folgte einem ausgetretenen Pfad über die Düne und durch die Bäume. Im Schatten einer Palme blieb sie stehen und zog die Flasche heraus. Sie hielt sie mit beiden Händen, schloss die Augen, und streckte ihre innere Wahrnehmung, sie suchte den Mann und durch ihn auch Annie.
    Aber nichts geschah.
    Vergiss das fürs Erste, dachte sie. Sie musste Hilfe holen.
    Mira ging weiter und erreichte

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