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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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Tochter und ich waren gestern auf Little Horse Key und …« Sie schilderte eine verkürzte Fassung der Ereignisse.
    »Es tut mir leid, Ma’am, aber wir haben keine Meldung dieser Art. Wir …«
    Mira knallte den Hörer wieder auf. Der hatte ja keine Ahnung. Das Tango PD war nicht groß, und eine Entführung und Vermisstenmeldung wäre auf der Insel eine Sensation, auf jeden Fall wüssten alle Polizisten davon.
    Irgendetwas stimmt an diesem Bild ganz und gar nicht. Sie drückte seitlich gegen ihren Nasenrücken. Sie kam sich vor wie die Heldin in Nowhere Man – Ohne Identität, einer kurzlebigen TV-Serie, deren Prämisse sie fasziniert hatte. Ein Mann isst Abendbrot mit seiner Frau. Er steht auf und geht aufs Klo. Als er zurückkommt, ist seine Frau verschwunden und andere Leute sitzen an seinem Tisch. Keiner erkennt ihn. Andere Menschen leben in seinem Haus.
    Sie würde in die Stadt gehen, zum Buchladen, dann würde alles wieder in Ordnung sein. Mira griff nach ihrer Geldbörse und steckte sie in ihre Tasche. Sie öffnete die Tür zur Telefonzelle und ging auf die Toilette, um sich zu waschen und umzuziehen. Es würde alles schon nicht mehr so schlimm sein, wenn sie ihren Badeanzug ausgezogen und sich das Gesicht gewaschen hatte. Aber je länger sie auf der Toilette blieb, desto weniger Sinn ergab das alles.
    Zehn Minuten später hastete Mira aus der Toilette. Sie fühlte sich unsicher, merkwürdig, haltlos, und die Musik, die aus dem Wurlitzer drang – Jimi Hendrix’ »Purple Haze« – half nicht. Sie schaffte es an die Bar, umklammerte den Tresen, hievte ihren schmerzenden Körper auf einen Hocker. Ihre Hand zitterte. Ihr Blick verschwamm, Schweiß bedeckte ihr Gesicht. Herzinfarkt, ich habe einen Herzinfarkt.
    »Alles okay?«
    Okayokayokay: Die Stimme des Mannes hallte in ihrem Kopf wider, jedes Echo lauter als das davor, bis ihr Kopf sich anfühlte, als würde er gleich explodieren, als würde ihre Schädeldecke wegfliegen wie der Deckel von einem Topf. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. »Trinken Sie«, sagte die Stimme, und sie spürte etwas Kaltes an den Lippen.
    Sie nippte. Die Flüssigkeit schmeckte süß und war kalt und belebte sie augenblicklich. Sie öffnete die Augen und sah das Gesicht des Barkeepers. Züge, die ihr eben noch retro vorgekommen waren, wirkten jetzt freundlich, bemüht, hilfreich.
    »Danke«, murmelte sie.
    »Frischer Kräutertee mit einem Klecks Honig«, sagte er. »Ich habe ihn für Gäste, die betrunken oder verkatert sind. Hilft aber eigentlich gegen fast alles. Ich würde aber schätzen, sie brauchen etwas zu essen.«
    Ich brauche Antworten.
    »Wir haben Rührei, Bacon, Vollkorntoast.«
    »Das wäre toll, danke. Wie weit ist es von hier in die Stadt Tango?«
    »Fünf Kilometer ungefähr.«
    »Fünf Kilometer«, wiederholte sie und wusste, dass sie nicht so weit laufen konnte. »Könnten Sie mir ein Taxi rufen?«
    »Im Sommer fahren die Taxen nicht hier raus. Haben Sie keinen Wagen?«
    »Ich war in einem Boot. Hatte aber Probleme.« War in erstickender Luft, Mann. Bin ohnmächtig geworden. Am Strand zu mir gekommen. Und das alles, während ich das Arschloch jage, das meine Tochter entführt hat. »Ich muss in die Stadt.«
    »Ich kann Sie in ein paar Minuten fahren, sobald mein Partner da ist.«
    »Das wäre toll. Ich bezahle Sie auch gern.«
    »Seien Sie nicht albern. Es sind nur fünf Kilometer.«
    Er streckte ihr die Hand hin. »Ich bin Jake.«
    »Mira.«
    »Was ist mit Ihrem Boot?«
    »Der Motor hat schlappgemacht. Haben Sie den Miami Herold von heute?«
    »Nein, nur das Key-West-Käseblatt.«
    »Auch in Ordnung.«
    Er griff unter den Tresen, zog eine Zeitung hervor, legte sie vor Mira und ging dann, um ihr Frühstück zu machen. Mira schlug die Titelseite auf in der Erwartung, ein Foto von ihr und Annie zu sehen. Stattdessen fanden sich dort drei Fotos: von Robert Kennedy, der blutend auf dem Küchenfußboden des Ambassador Hotels in San Francisco lag; von Martin Luther King jr. im Lorraine Hotel in Memphis, direkt nachdem er erschossen worden war, und ein letztes Foto von JFK, direkt nachdem er in Dallas ermordet worden war. Unter diesen drei Fotos standen die Worte, die Robert Kennedy spontan ausgesprochen hatte, nachdem er von dem Attentat auf King erfahren hatte: … beende die Zivilisationslosigkeit und lass unsere Leben menschlicher werden …
    Mira starrte die Fotos und Worte an, sie war jetzt sicher, dass all dies Teil einer neuen Realityshow war. Selbst das

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