Die Spur der verlorenen Kinder
des Sofas und erbrach sich. Sie sank zurück, ihr Kopf landete auf dem Daunenkissen, landete wieder in der Vergangenheit, wo sie mit der Katze und den Staubmäusen und ihrem Daddy auf dem Boden herumkrabbelte.
Als sie wieder zu sich kam, tat ihr alles weh, und sie war immer noch brennend heiß. Ihr Mund schmeckte nach Wüste, Sand, einer so entsetzlichen Trockenheit, dass die Haut ihrer Lippen aufgeplatzt war. Sie hörte ein Stöhnen und begriff, dass sie es von sich gegeben hatte.
»Hey, beweg dich nicht zu viel«, sagte eine Stimme neben ihr, und jemand drückte ihr ein kaltes, feuchtes Handtuch auf die Stirn. »Kannst du ein bisschen Wasser trinken?«
Annie wollte die Augen öffnen, sie wollte das Gesicht ansehen, das zu der Stimme gehörte, aber ihre Augenlider machten nicht mit. Sie fühlten sich an wie festgeklebt, wie mit heißem Wachs versiegelt. Sie hob den rechten Arm, aber mehr schaffte sie nicht. Ihre Hand berührte den nassen Lappen, und sie schob ihn auf ihren Mund, ihre Wangen, ihre Augen. Ihre Zunge fuhr über ihre Lippen, benetzte sie. »Advil.« Ihre Stimme klang wie das Quaken von hundert Fröschen. »Ich brauche Advil gegen das Fieber.«
»Kannst du schlucken?«, fragte die Stimme.
»Ich glaube schon.«
Ihre Lider öffneten sich, und sie drehte den Kopf nach rechts, dann sah sie Brad Pitt mit langen Haaren. »Du bist Brad Pitt«, sagte sie. »Du hattest lange Haare in 12 Monkeys. «
»Ich bin Rusty«, sagte er lachend und schob eine Hand unter ihren Kopf, um ihn anzuheben, damit sie durch einen Strohhalm trinken konnte, einen dieser Krankenhaus-Strohhalme, die man sogar umknicken konnte. Er hielt ihr zwei Pillen vor die Lippen, und sie rollte sie in den Mund und schluckte noch einmal.
Sie nahm die Pillen. Obwohl ihr Körper immer noch zu brennen schien, wusste sie, dass sie sich in einer Stunde wesentlich besser fühlen würde. Advil half ihr immer gut. Der Junge zog seine Hand unter ihrem Kopf heraus, und sie sank wieder auf das Daunenkissen. Ihre Lider waren so schwer, so entsetzlich schwer, dass sie die Augen wieder schloss. Er zog die Decke hoch bis zu ihrem Hals, kümmerte sich um sie. Hatte Brad Pitt das für Julia Roberts in Mexican – Eine heiße Liebe gemacht? Nein, nein, falscher Film.
Ich bin Rusty.
Aber wer war Rusty?
Er drückte noch einmal das feuchte Tuch auf ihre Stirn. Sie glaubte nicht, etwas gesagt oder um etwas gebeten zu haben, sie war nicht stark genug dafür. Aber er sprach mit ihr, er sprach mit einer leisen, tiefen Stimme, den Mund dicht an ihrem Kopf.
»Hör mal, du musst noch ein bisschen wach bleiben. Du musst ein paar Sachen wissen. Er wird bald herkommen, um nach dir zu sehen. Er wird selbst gemachte Suppe dabeihaben. Das macht er immer, wenn er jemanden durch den Korridor holt. Du wirst noch eine Weile nichts essen wollen, aber du musst essen. Die Suppe wird dir helfen. Hey, hörst du überhaupt zu?«
Wenn er jemanden durch den Korridor holt: Daran hing sie fest. Was war der Korridor? Wer war »jemand«?
»Du wirst denken, er sei ein schrecklicher Mann, aber das ist er nicht. Er meint es gut. Wirklich. In seinem Kopf ist bloß etwas nicht ganz richtig. Halt dich an seine Regeln, das ist wichtig. Wenn nicht, dann musst du etwas opfern. So läuft es hier. Einmal, als ich eine Regel gebrochen habe, hat er meine Büchersammlung verbrannt. Und es waren tolle Bücher, okay? Die Schatzinsel. Der Graf von Monte Christo. Shining. Ein anderes Mal hat er alle meine Jimi-Hendrix-CDs genommen, CDs, die er für mich durch den Korridor geholt hat, er hat sie zerbrochen und vergraben. Ich habe einen Hund, Sunny, und tief drinnen, als ich jünger war, hatte ich immer Panik, dass er Sunny etwas antun würde, wenn ich eine Regel verletzte. Aber ich glaube nicht, dass er einem Tier wehtun würde.« Sein Lachen war scharf wie Glas. »Na ja, vielleicht schon. Einmal hatten wir einen Frosch im Haus, so einen kleinen, weißt du? Ich habe gesehen, wie er ihn mit einem Glas fing, und dann hat er … er hat ihm die Beine ausgerissen und ihn nach draußen geworfen. Er hat gesagt, er sei mit Keimen infiziert. Ja, das ist noch etwas bei ihm. Er ist besessen von Keimen. Weißt du, was er macht, bevor er isst? Er reinigt sein Besteck mit Alkohol.«
Annie dämmerte immer wieder mal weg, bekam aber die Höhepunkte mit. Und diese Höhepunkte taten nicht viel, um ihre ursprüngliche Meinung über Peter zu ändern. »Ich fühl mich scheiße«, murmelte sie.
»Sag das nie vor ihm. Sag
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